
Den Einfluss überregionaler Investoren auf die Agrarstrukturen und die ländlichen Räume in Ostdeutschland hat eine Studie des Thünen-Instituts untersucht. Erste Ergebnisse haben Andreas Tietz und Lutz Laschewski vom Thünen-Institut für Ländliche Räume heute (28.1.) in einem Pressegespräch vorgestellt.
Neben den erheblichen Veränderungen, die die Autoren in der Anbindung der landwirtschaftlichen Produktion an die ländlichen Räume feststellen, wird auch eine gesamtgesellschaftliche Krise der ländlichen Räume beobachtet.
Konkret heißt es: „Insgesamt gesehen ist eine Antwort auf die Frage, ob sich das Aufkommen überregional aktiver Investoren negativ auf die ländlichen Gemeinden auswirkt, eng verknüpft mit den Phänomenen der gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Krise der ländlichen Räume, in denen landwirtschaftliche Produktion zunehmend losgelöst von der lokalen Ebene stattfindet. In den ostdeutschen Bundesländern hat sich dieser Prozess im Zeitraffer vollzogen und fällt den Menschen auch deshalb besonders ins Auge. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen kommunalem und landwirtschaftlichem Feld löst sich in finanzieller und sozialer Hinsicht zunehmend auf“.
Zwei Fallstudien aus Mecklenburg und Brandenburg

Der von den Thünen-Wissenschaftlern Tietz und Laschewski vorgestellte Bericht fasst die Ergebnisse des Projekts „Auswirkungen überregional aktiver Investoren in der Landwirtschaft auf ländliche Räume“ zusammen. Dieses Projekt wird im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom Thünen-Institut für Ländliche Räume mit einer Laufzeit bis Mitte 2022 durchgeführt.
Ziel dieses Projekts ist es, in Fallstudien die Auswirkungen von Investoren auf die landwirtschaftlichen Betriebe, auf Wertschöpfung und Beschäftigung in den betroffenen Gemeinden sowie auf Umwelt- und Lebensqualität in den betreffenden ländlichen Räumen zu untersuchen.
Insgesamt sind fünf Fallstudien in verschiedenen ostdeutschen Regionen geplant. Davon wurden bisher zwei untersucht. Die Untersuchungsregionen befinden sich in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg und umfassen sieben bzw. acht unterschiedlich große ländliche Gemeinden in einem zusammenhängenden Gebiet.
Umwandlung und Anpassung der Betriebsstrukturen

Die Zahl der überregionalen Holdings ist in den beiden Regionen relativ gering. Doch weisen diese erhebliche Unterschiede in ihrer Größe und organisatorischen Gestaltung auf, berichten die Wissenschaftler. Dabei lassen sich jedoch gemeinsame organisatorische Muster erkennen, heißt es weiter. Diese sind unter anderem: Die Managementstruktur zentralisiert, d. h., sie läuft bei einem zentralen Eigentümer zusammen, der meist einen oder mehrere Geschäftsführer für alle Tochterunternehmen angestellt hat.
Bei größeren Holdings wird auch der Unternehmenssitz zentralisiert, d. h., einzelne Betriebssitze werden aufgegeben und auf einen oder wenige zentrale Unternehmensstandorte verlagert, haben Tietz und Laschewski herausgefunden. Festgesellt wurde außerdem: Rechtliche Umwandlungen erfolgen im Zuge des Unternehmenskaufs häufig. Dabei läuft die Zielstruktur auf GmbHs oder auf eine Kombinationen aus GmbH und GmbH & Co. KG hinaus.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Wahl der Rechtsform von den strategischen Zielen des Investors abhängt. In Hinblick auf die Ausrichtung der landwirtschaftlichen Produktion unterscheiden sich die Holdings wenig. Im Mittelpunkt steht die Marktfruchtproduktion, die oft mit der Erzeugung erneuerbarer Energien kombiniert wird. Die maschinelle Arbeit wird in der Regel betriebsübergreifend organisiert.
Verbindung zwischen Kommunen und Landwirtschaft lösen sich
Am Ende kommen Tietz und Laschewski zu dem Schluss, dass sich die gegenseitige Abhängigkeit zwischen kommunalem und landwirtschaftlichem Feld in finanzieller und sozialer Hinsicht zunehmend auflöst.
Weiter sagen die Wissenschaftler: „Die physische Kopplung der landwirtschaftlichen Produktion an den jeweiligen Raum besteht jedoch nach wie vor und zwingt die Landwirte aller Betriebsformen zunehmend in einen Diskurs in einer lokalen Öffentlichkeit, in der sie aber eine Minderheit darstellen. Dabei ist ungeklärt, welche Folgen die immens zunehmende Ungleichheit in der Verteilung des lokalen Bodeneigentums für die weitere Entwicklung der ländlichen Gesellschaft hat“.
Aus den Ergebnissen dieses ersten Untersuchungsabschnitts leiten die Autoren weitere Fragen und den Bedarf an weiteren Untersuchungen ab. Unter anderem geht es um die möglichen Verflechtungen der landwirtschaftlichen Bodenbewirtschaftung mit dem Erneuerbare-Energien-Sektor und der gewerblichen Tierhaltung.
Offen ist nach Meinung der Wissenschaftler auch die Frage, ob die Investoren ein Hemmfaktor oder sogar ein Impulsgeber für Ansätze einer stärker regional und ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft sein Können.
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