
Der Boden ist für die Bauern der wichtigste Produktionsfaktor. Doch er lässt sich nicht vermehren. Im Gegenteil: Die Verfügbarkeit der Flächen nimmt immer weiter ab. Deshalb steigen die Preise für Pacht und Kauf von Boden seit Jahren und damit die Kosten der Produktion. Das zeigen eindrucksvoll die aktuellen Ergebnisse der Landwirtschaftszählung des Statistischen Bundesamtes.
Damit wird den Bauern aber nicht nur allmählich ihre wichtigste Produktionsgrundlage entzogen, sondern sie werden auf diese Weise auch aus der Produktion gedrängt. Gleichzeitig ändern sich die Eigentümerstrukturen der Flächen. Beim Kampf um die Flächen stehen die Bauern jedoch nicht nur mit anderen Landwirten im Wettbewerb.
Vielmehr drängen auch zahlreiche andere Wettbewerber auf den Bodenmarkt: Das fängt bei Kommunen an, die Wohnungen oder Infrastrukturprojekte bauen. Es geht weiter mit Energieunternehmen, die große Wind- oder Solarparks auf Ackerland errichten. Dazu kommen die großen außerlandwirtschaftlichen Investoren, die im Rahmen von sogenannten Sharedeals vor allem im Osten große Betriebe und Flächen kaufen – als Geldanlage oder auch um auf diese Weise riesige Agrar-Holdings zu errichten.
Rund 11 Prozent aller Flächen gehören Investoren bzw. Holdings
Im Rahmen der Landwirtschaftszählung 2020 hat Destatis erstmals Daten zur Zugehörigkeit landwirtschaftlicher Betriebe zu solchen Unternehmensgruppen bzw. zu außerlandwirtschaftlichen Investoren und Agrarholdings ermittelt.
Von den insgesamt 262.800 landwirtschaftlichen Betrieben in der Landwirtschaftszählung 2020 waren knapp 4 Prozent oder 10.200 Betriebe juristische Person oder Personenhandelsgesellschaften. Diese bewirtschafteten zusammen eine Fläche von rund 3,63 Millionen Hektar. Das sind immerhin 22 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland.
Von den Betrieben der Rechtsform juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft gehörten wiederum 3.700 Betriebe (36 Prozent) einer Unternehmensgruppe an. Diese bewirtschafteten insgesamt eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 1,84 Millionen Hektar.
Die Betriebe von solchen Unternehmensgruppen haben also etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen der juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften in ihrer Verfügung – das sind mehr als 11 Prozent der gesamtdeutschen landwirtschaftlichen Flächen.
Kontrollieren die Agrarholdings den Osten?

Das Problem mit den Agrarholdings lässt sich jedoch nicht auf die gesamte Bundesrepublik verallgemeinern. Destatis hat große Unterschiede zwischen den westdeutschen und ostdeutschen Bundesländern festgesellt. Dennoch ist das Phänomen keineswegs ausschließlich auf die großen Betriebe im Osten beschränkt. Allerdings existieren in den alten Bundesländern im Vergleich auch erheblich weniger Juristische Personen - die Betriebe werden vielmehr von Natürlichen Personen - bzw. Bauern bewirtschaftet.
Von den Westen überhaupt vorhandenen Juristischen Personen gehören jedoch etwa 26 Prozent ebenfalls einer Unternehmensgruppe an. Im Osten sind es mittlerweile aber 48 Prozent. Der Anteil der durch Unternehmensgruppen kontrollierten Flächen lag bei 31 Prozent im Westen und 53 Prozent im Osten. Absolut betrachtet war diese Fläche mit 426 000 Hektar (52 Prozent) in Brandenburg am größten, der größte prozentuale Anteil war mit knapp 58 Prozent (323 600 Hektar) in Thüringen zu verzeichnen.
Mit 1,73 Millionen Hektar (94 Prozent) liegt zudem fast die gesamte durch Unternehmensgruppen kontrollierte landwirtschaftliche Fläche in den ostdeutschen Bundesländern. In diesen Zahlen spiegeln sich auch die unterschiedlichen Strukturen und Größenverhältnisse der landwirtschaftlichen Betriebe in Ost und West wider. Während ein Betrieb im Westen durchschnittlich 47 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche bewirtschaftete, waren es im Osten durchschnittlich 221 Hektar.
Bei den juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften sind die Größenunterschiede mit 68 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche im Westen und 669 Hektar im Osten noch größer.
Trend: Mehr Pacht im Westen – mehr Eigentum im Osten
Die 262.800 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland bewirtschafteten im Jahr 2020 eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 16,60 Millionen Hektar. Hiervon entfielen 9,97 Millionen Hektar (60 Prozent) auf Pachtflächen und 6,34 Millionen Hektar (38 Prozent) auf selbstbewirtschaftete Eigenflächen sowie 271.500 Hektar (2 Prozent) auf Flächen, die den Betrieben unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden.
In den tendenziell größeren Betrieben Ostdeutschlands war der Pachtflächenanteil in 2020 mit 68 Prozent zwar noch deutlich größer als in Westdeutschland (56 Prozent). Doch er hat kräftig abgenommen.
Bei der Landwirtschaftszählung 2010 war dieser Unterschied mit 74 Prozent Pachtanteil im Osten und 53 Prozent im Westen noch stärker ausgeprägt. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der eigenen selbstbewirtschafteten Fläche in Ostdeutschland von 25 Prozent auf 31 Prozent gestiegen, während in Westdeutschland diese Quote um 4 Prozentpunkte auf 42 Prozent gesunken ist.
Pachtpreise in 10 Jahren um 62 Prozent gestiegen

Im Jahr 2020 betrug das jährliche Pachtentgelt je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche bundesweit durchschnittlich 329 Euro. Das entspricht einem Anstieg um 62 Prozent. gegenüber 2010 (203 Euro). Je Hektar Ackerland mussten 2020 durchschnittlich 375 Euro gezahlt werden (2010: 228 Euro, +64 Prozent), für Dauergrünland lagen die Pachtpreise bei 198 Euro (2010: 129 Euro, +53 Prozent).
Eine noch stärkere Steigerung war bei Neupachtungen oder Pachtpreisänderungen in den letzten zehn Jahren zu beobachten. Hier wurde gegenüber 2010 ein Anstieg der Pachtentgelte um 79 Prozent auf 425 Euro je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche festgestellt.
Betrachtet man den Pachtpreis bezogen auf die Größe der Betriebe, stechen die Betriebe mit weniger als 5 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche besonders heraus: In dieser Gruppe befinden sich überwiegend spezialisierte Gartenbau-, Obstbau- und Weinbaubetriebe, die meist nur kleine Flächen mit Sonderkulturen bewirtschaften, welche sich durch eine hohe Wertschöpfung auszeichnen. Werden deren gezahlte Pachtentgelte auf einen Hektar umgerechnet, ergibt sich ein überdurchschnittlich hoher Wert von 963 Euro je Hektar.
Insgesamt zeigen die stark gestiegen Pachtpreise – insbesondere auch für Neupachten – die immense Verknappung des Bodens und den großen Wettbewerb um die noch verfügbaren Flächen.
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