
Die Folgen von Corona, Kostenexplosion und Afrikanischer Schweinepest (ASP) für die Bauern sind dramatisch. Zu befürchten war das schon. Nun kann man es schwarz auf weiss nachlesen.
Der Verband der Landwirtschaftskammern hat nämlich die ersten Buchführungsergebnisse für die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2020/21 ausgewertet – und kommt zu katastrophalen Ergebnissen.
Im großen Agrarland Niedersachsen brachen die Unternehmensergebnisse im Durchschnitt um rund 33 Prozent ein. Und es gibt leider keine Entwarnung. „Eine Besserung der Lage ist vorerst nicht in Sicht“, heißt es von der Kammer Niedersachsen.
„Erwirtschafteten die untersuchten niedersächsischen Landwirtschaftsbetriebe im Vorjahr noch 71.400 Euro, so sind es in der diesjährigen Abrechnung nur noch 48.300 Euro – in allen Betriebsformen sind Eigenkapitalverluste zu verzeichnen“, sagte der niedersächsische Kammerpräsident Gerhard Schwetje bei der Vorstellung der Zahlen in Oldenburg.
„Die solide wirtschaftliche Basis ist in vielen Betrieben in größter Gefahr.“ Das gelte ganz besonders für die Schweinehalter: „Die Veredelungsbetriebe stecken mittlerweile in einer ruinösen Preis-Kosten-Falle“, betonte Schwetje.
Verluste auch im Ackerbau – weiterer Rückgang bei Milch
Doch auch die Ackerbaubetriebe – die sich eigentlich über hohe Getreide- und Rapspreise freuen konnten, stehen nicht besonders gut da. Offenbar haben die hohen Kosten einen großen Teil der Erlöse gefressen. Außerdem konnte die Ackerbauern einen großen Teil ihres Getreides gar nicht zu den hohen Preisen verkaufen, weil es über Vorkontrake gebunden war.
In der Folge zeigen die Daten aus Niedersachsen, dass die Ergebnisse der Ackerbaubetriebe auf 62.400 Euro von zuvor 73.600 Euro im Wirtschaftsjahr 2019/20 um immerhin15 Prozent geschrumpft sind - auf einen eher mäßigen Durchschnittswert, beschreibt die Kammer Niedersachsen die Entwicklung im zurückliegenden Wirtschaftsjahr.
Die Futterbaubetriebe, oder besser gesagt die Milchbauern, mussten bei einem Milchpreis von etwa 33 Cent mit einem durschnittlichen Ergebnis von 53.000 Euro zurecht kommen. Ds ist ein Minus von reichlich 6 Prozent. Im Wirtschaftsjahr 2019/20 erwirtschafteten die Milchviehbetriebe noch 56.500 Euro. Damit mussten die Milchbauern den dritten Rückgang ihres Unternehmens-Ergebnisses in Folge verkraften.Das ist alles andere als eine gute Nachricht für eien ohnehin schon arg gebeutelte Branche.
Schweinehalter in besonders großer Not

Besonders dramatisch ist die Lage jedoch bei den Veredelungsbetrieben: Deren durchschnittliches Jahresergebnis stürzte nach einem zugegebenermaßen ungewöhnlich guten Vorjahr mit einem Unternehmensergebnis von 129.600 um gut 100.000 Euro auf nur noch 27.900 Euro ab. Ein Einbruch von fast 80 Prozent!
Ursachen sind natürlich die Folgen der Corona-Pandemie mit geschlossenen Gaststätten und Kantinen und abgesagten Großveranstaltungen. Hinzu kam das viele Schlachtbetriebe wegen infizierten Personals lange Zeit gesperrt waren: Dies führte zu einemgroßen Rückstau bei den Schlachtungen und zu einem zeitweisen Überangebot am Schweinemarkt.
Ebenso schwer wiegt sicherlich das Export-Verbot, das China und andere asiatische Staaten nach Ausbruch der ASP gegen Deutschland verhängt haben. „Wir sind auf einem Niedrigpreisniveau für Schlachtschweine angelangt, das es seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gab“, beschreibt der niedersächsische Kammerpräsident Schwetje die dramatische Lage.
Eigenkapital schrumpft deutlich – mehr Schulden
Als Folge dieser Entwicklung ist bei vielen bäuerliche Betrieben das Eigenkapital dramatisch zusammengeschmolzen, und die Aufnahme von Fremdkapital hat zugenommen – auf durchschnittlich 366.000 Euro.
„Der finanzielle Druck ist in vielen Betrieben entsprechend hoch“, sagte der Schwetje. „Zugleich werden aus Politik und Gesellschaft heraus stetig wachsende Anforderungen in Bezug auf Klima-, Umwelt-, Arten-, Gewässer- und Tierschutz formuliert.“ Die zusätzlichen Kosten für diese neuen Aufgaben zu erwirtschaften, sei momentan kaum möglich.
Die derzeitige Lage hat laut Schwetje zur Folge, dass Familien teilweise oder ganz aus der Landwirtschaft aussteigen – „ja, aussteigen müssen, um alternative Einkommensquellen zu erschließen und weitere Vermögensverluste zu verhindern“.
Anders als bei einem Angestellten-Gehalt ist es in der Landwirtschaft so, dass der Unternehmensgewinn nicht der Betrag ist, der einer Bauernfamilie zur freien Verfügung steht. Denn vom Gewinn müssen noch Steuern, Versicherungen, Leistungen für die Altenteiler und Investitionen bezahlt werden.
Mehr Geld ausgeben – aber weniger verdienen?

Das laufende Wirtschaftsjahr 2021/22 lässt nach Einschätzung der Kammern noch keine grundsätzliche Trendwende erkennen: Wegen der drastisch gestiegenen Preise für Betriebsmittel, Maschinen, Geräte und Bauten müssen die Betriebsleiter für notwenige Dinge immer mehr Geld ausgeben.
Fakt ist also: Die Produktions-Kosten steigen weiter – dafür muss man nur einmal auf die aktuelle Preisentwicklung bei Mineraldünger, Diesel, Energie oder auch Pflanzschutz zu schauen.
Gleichzeitig haben Corona und ASP den Schweinemarkt weiter fest im Griff. Kammerpräsident Schwetje sage: „Die Veredler machen nach wie vor mit jedem verkauften Mastschwein oder Ferkel hohe Verluste – die Kosten für die Produktion übersteigen die Erlöse deutlich.“
Die Ackerbauern profitieren derzeit hingegen von der starken Nachfrage und den hohen Preisen bei Getreide und Raps. Doch auch hier schlagen die hohen Kosten zu Buche. Der Kartoffelmarkt ist indessen noch immer nicht im Gleichgewicht.
Angesichts steigender Spotmarktpreise für Rohmilch von bis zu 55 Cent und steigender Preise für Milchpulver, Butter udn Käse, hoffen die Milchbauern jedenfalls auf ein besseres Jahr 2022, in dem es nach einer sehr langen Durststrecke wieder einmal möglich sein sollte einigermaßen rentabel zu wirtschaften.
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