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Bauzinsen und Inflation

Bauzinsen steigen über 3 Prozent: Stallbau wird zum Luxus

stallbau.
am Freitag, 17.06.2022 - 06:00 (1 Kommentar)

Wer einen Stall oder ein Haus bauen will, zahlt erstmals seit 10 Jahren mehr als 3 Prozent Zinsen. Und das ist nicht das Ende der Fahnenstange. Dazu kommen die explodierenden Baukosten.

Die Bauzinsen gehen durch die Decke. Erstmals seit zehn Jahren müssen Kreditnehmer wieder über drei Prozent zahlen. Das dürfte aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein, sagen die meisten Finanz- und Immobilienexperten.

Die Zinsen für zehnjährige Finanzierungen sind diese Woche erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder über die Marke von drei Prozent gestiegen, wie die Frankfurter FMH-Finanzberatung ermittelt hat. Zinsen von über drei Prozent bei zehnjährigen Baukrediten hat es zuletzt im April 2012 gegeben. Der jüngste Anstieg der Bauzinsen sei "besonders extrem" gewesen, mit einem Sprung von 2,79 auf 3,02 Prozent in nur einer Woche, sagen die Finanzberater.

Damit vollzieht sich der Anstieg so schnell, wie seit dem Jahr 1980 nicht mehr – und ein Ende des Aufwärtstrend ist nicht in Sicht. Zinssätze von vier Prozent in diesem Jahr sind damit keine Schwarzmalerei mehr, sondern sehr realistisch, heißt es weiter. Für den steile Anstieg der Bauzinsen ist die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB) verantwortlich, die Leitzinsen zunächst im Juli und dann im September nochmals zu erhöhen, angetrieben durch die galoppierende Inflation in Europäischen Union.

Explodierende Baukosten und Zinswende

Zu dem steilen Anstieg der Zinsen, kommen auch noch die explodierenden Baukosten hinzu. Für Landwirte die einen Stall, ein Wirtschaftsgebäude oder auch ein Haus bauen wollen, wird es immer schwieriger. Nach Angaben der FMH-Experten steigen die Zinsen in einem Tempo, wie man es in Deutschland schon sehr lange nicht mehr gesehen hat.

Zuletzt gab es einen derart extremen Aufwärtstrend im Jahr 1981. Damals stiegen die Zinsen von 10,08 auf 12,47 Prozent. Davon sind wir Gott sei Dank aber noch weit entfernt. Allerdings waren damals auch die Immobilienpreise und die Baukosten deutlich niedriger. Die Experten der FMH-Finanzberatung, gehen aber davon aus, dass Zinsdynamik noch eine Weile anhalten wird.

Der Anstieg dürfte sich nach der heutigen Einschätzung der FMH-Experten aber verlangsamen. Sicher ist das jedoch nicht. Vor allem wenn man auf das internationale Umfeld und die Entwicklung der Inflation und der Kreditmarktzinsen in Europa und en USA schaut.

Auch eine schwere Wirtschaftskrise wird von Ökonomen und Bankexperten mittlerweile nicht mehr ausgeschlossen. Das hätte natürlich enormen Folgen auf die Inflation und die Zinsen. Diese lagen während der Wirtschaftskrise in den 70er Jahren zweitweise über 20 Prozent!

Zentralbanken bekommen Inflation nicht ihn den Griff

Der Grund für die rasch steigenden Bauzinsen ist das steigende Zinsniveau an den Kapitalmärkten. Wegen der hohen Inflation stehen Notenbanken massiv unter Druck, ihre lockere Geldpolitik zu straffen. Die US-Notenbank FED hat am Mittwoch über ihre Leitzinsen um weitere 0,75 Prozentpunkte. Das ist die stärkste Anhebung seit 1994. Eine alternativlose Entscheidung, sagt Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg, gegenüber ntv.

Der Bankexperte rechnet auch in Europa mit einem ähnlichen Schritt. Die Inflation werde sich ungeachtet dessen vorerst auf hohem Niveau einpendeln, sagt Lude. Spätestens bei der nächsten regulären Sitzung des EZB-Rates am 21. Juli wird die Notenbank die Leitzinsen erstmals seit elf Jahren wieder erhöhen, geplant sind zunächst 0,25 Prozentpunkte. Doch es könnte auch deutlich mehr werden.

Die Bauzinsen steigen indessen schneller und früher als die Kapitalmarktzinsen. Der Grund: Hypothekendarlehen sind von der Zinsentscheidung der EZB "unabhängig". Sie werden langfristig über Pfandbriefe refinanziert. Deren Zinsen orientieren sich an der Renditeentwicklung der zehnjährigen Bundesanleihe.

Und die Bundesanleihen ziehen in Zeiten hoher Inflationsraten deutlich an: Kein Investor ist schließlich bereit, bei einer Teuerungsrate von mehr als sieben Prozent sein Geld für weniger als ein Prozent Zinsen zu verleihen, sagen die Experten von FMH. Der Staat muss also mehr bezahlen. Damit steigen die Renditen der Bundesanleihen – und mit ihnen am Ende natürlich auch die Bauzinsen.

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