Dabei bekommen auch die Biobauern dieses Jahr mehr Geld für ihr Getreide, obwohl der Biomarkt ein sehr regionaler Markt ist und zumindest was die Erlöse betrifft nicht vom Weltmarkt und den dortigen Entwicklungen abhängt. Die Preise stehen oft schon lange vor der Ernte fest und werden in der Regel innerhalb eines bestimmten Korridors vereinbart.
Der Weltmarkt hat im Vergleich zum sehr volatilen konventionellen Markt eigentlich keinen Einfluss auf die Biogetreidepreise. Bei den Kosten ist das hingegen anders. Denn: Maschinen, Treibstoff, Energie und sämtliche Betriebsmittel werden eben nicht regional erzeugt. Und dort sind die Preise für die Biobauern ebenso stark gestiegen, wie bei den konventionellen Kollegen. Auch wenn sie keinen teureren Mineraldünger kaufen müssen (dürfen).
Aber noch mal zu den Preisen. In den letzten 8 Wochen schwankten die konventionellen Weizenpreise am Terminmarkt in Paris zwischen 380 und 420 Euro je Tonne. Im vorigen Jahr lag das Preisniveau im gleichen Zeitraum zwischen 250 Euro und 200 Euro zum Erntebeginn deutlich niedriger. Das heißt: Die konventionellen Weizenpreise haben sich binnen Jahresfrist fast verdoppelt.
Verantwortlich ist ein ganzer Komplex von Ursachen. Dazu gehören neben erheblichen wetterbedingten Produktionsausfällen, die Preisexplosion bei Energie, Transport und Betriebsmitteln sowie zunehmende Handelsrestriktionen und natürlich der Krieg am Schwarzen Meer. Das Resultat der Krise: die Welt hat nicht genug (konventionelles) Getreide. Massive Hungerkrisen drohen. Nichts anderes zeigen die hohe Getreidepreise.
Biobauern wollen höhere Getreidepreise
Doch auch die Preise für Biogetreide sind gestiegen. Bleiben wir beim Weizen: Wie die AMI berichtet, erhielten die Erzeuger im Mai für Brotweizen 518 Euro je Tonne. Das 90 Euro oder 20 Prozent mehr als am vorigen Jahr. Damals bekamen die Biobauern etwa 430 Euro je Tonne und damit etwa doppelt so viel wie ihre konventionellen Kollegen. Jetzt ist der Preisvorsprung deutlich kleiner und liegt nur bei reichlich 20 bis 30 Prozent.
Viele Biobauern sind angesichts der hohen konventionellen Preise und die gestiegenen Kosten offenbar nicht bereit, ihre Getreide zu den vertraglich vereinbarten Konditionen zu verkaufen, berichtet die AMI in ihrem Biomarktbericht. „Dabei sind manche Abnehmer bereit, quasi jeden Preis zu zahlen, zumindest für Anschlussware“, heißt es dort. Auch die Erzeugergemeinschaften bekommen offenbar nicht genug Ware zusammen. Diese „Verkaufszurückhaltung“ der Biobauern dürfte auch der Hauptgrund für den oben bereits gennannten Preisanstieg in einem eigentlich preislich streng regulierten Markt sein.
So ist auch zu verstehen, warum der Fachausschuss Ökolandbau des DBV im Mai an seine Mitglieder appellierte, „die Preiskorridore der traditionell langfristigen Kontraktpolitik in den Ökowertschöpfungsketten nicht aufzugeben.“ Diese hätten den Landwirten viele Jahr stabile Ökoerzeugerpreise abgesichert, heißt es weiter. Das hätte die Ökobauern eben auch vor den am konventionellen Markt typischen starken Preisschwankungen geschützt. Dabei verweist auch der DBV auf die gestiegenen Kosten und die Notwendigkeit diese bei den Getreidepreisen zu berücksichtigen.
Doch gleichzeitig warnt der DBV die Ökogetreidebauern vor „spekulativ übertriebenen Steigerungen der Rohstoffpreise“. Diese würden nach Einschätzung des DBV-Fachausschuss die Verbrauchernachfrage und die Rentabilität der Ökotierhaltung gefährden und könnten zudem schnell zu einem Absatzrückgang führen. Die ersten Anzeichen dafür lassen sich im Lebensmittelhandel schon beobachten. Dort leiden vor allem teure Premiumprodukte (und dazu gehören Ökoprodukte) unter der hohen Nahrungsmittelinflation und den dem deutlich sparsameren Einkaufsverhalten der Verbraucher.
Die höchsten Preise gibt’s diesmal zur Ernte? Schauen wir mal
Unklar ist indessen noch wie groß die neue Biogetreideernte 2022 wird und wie sich die Anschlussversorgung nach der Ernte gestaltet. Fakt ist jedenfalls, dass die Erträge bei Biogetreide weniger unter der Trockenheit leiden, als die Erträge bei konventionellem Getreide. Allerdings sind die konventionellen Getreideerträge auch doppelt so hoch wie die für Biogetreide.
Die Preisangebote für die neue Biogetreideernte sind nach Aussagen der AMI derzeit jedenfalls sehr gut. „Anders als in den Jahren zuvor, könnten zur Ernte sogar die höchsten Preise gezahlt werden“, heißt es seitens der Marktbeobachter. Wie groß die neue Ernte wird und wie sich die Preise danach weiterentwickeln, ist aber noch völlig unklar. Ein Blick auf den konventionellen Markt zeigt jedoch, dass sich die Preiseerwartungen am Terminmarkt für die nächsten Monate kaum verändern – oder anders gesagt die Weizenpreise bleiben in etwa auf dem aktuellen Niveau.
Erst die nächste Ernte 2023 wird mit 335 Euro je Tonne rund 50 bis 60 Euro niedriger bewertet als die Ernte 2022 – aber im langfristigen Vergleich sind auch diese Preise noch sehr hoch. Das dürfte auch viele Biobauern dazu bewegen, auf hohe und vielleicht sogar weiter steigende Preise zu setzen. Das Problem dabei könnte nur sein, dass der Biomarkt ebenso nicht wie der konventionelle Markt funktioniert. Eben weil er viel kleiner ist und eigentlich ziemlich reguliert.
Und auch weil er auf der Verbraucherseite mit den stark steigenden Nahrungsmittelpreisen und explodierenden Lebenshaltungskosten erstmals seit langem Kunden verlieren könnte. Doch auch die AMI sagt: „Das Preisniveau dürfte hoch bleiben, wie hoch ist aber noch unklar.“
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