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Biogasanlagen

Biogas-Wärme: Steuerforderungen vom Finanzamt lieber überprüfen

Luftaufnahme einer Biogasanlage mit Generatoren und Gärbehälter
am Donnerstag, 11.02.2021 - 08:00 (Jetzt kommentieren)

Wenn das Finanzamt hohe Steuerbeträge für die Wärme aus Biogasanlagen von Ihnen fordert, lohnt sich ein genaues Hinsehen. Oftmals entscheidet die Rechtsprechung im Sinne der Betreiber von Biogasanlagen.

Umstritten ist die Ermittlung der Selbstkosten, aus der wiederum die Wärmeentnahme abgeleitet wird. Unklarheiten bestehen außerdem bei der Vorsteuer für die kostenlose Wärmeabgabe.

Private Nutzung von Energie wirft viele Fragen auf

Wie das Beratungsunternehmen Ecovis erklärt, lassen sich Biogasanlagenbetreiber die Umsatzsteuer auf die Investitionskosten als Vorsteuerabzug zurückerstatten. Häufig fällt die Rückzahlung sehr hoch aus. Das Finanzamt rechnet dann hohe Mehrwertsteuern auf die private Nutzung der Wärme gegen. Dies führte zu vielen Streitfällen zwischen Anlagenbetreibern und der Finanzverwaltung.

Neben der Besteuerung auf die private Energienutzung mussten die Gerichte darüber entscheiden, wie unentgeltliche und verbilligte Abgaben an Dritte zu behandeln sind.

Selbstkosten schwanken je nach Berechnungsmethode stark

Laut Ecovis sind die obersten Finanzrichter in München 2012 zu dem Entschluss gekommen, dass die Selbstkosten die entscheidende Größe bei der Ermittlung der Wärmeentnahme sind. Doch die Berechnung der Selbstkosten erfolgte nicht einheitlich, was zu Streitigkeiten und zu erheblichen Unterschieden bei den Entnahmewerten führte.

So haben die Finanzämter die Selbstkosten teilweise nach der sogenannten energetischen Methode berechnet. Inzwischen habe der Bundesfinanzhof diese Methode aber abgelehnt, teilt Ecovis mit. Die Finanzämter gingen von hohen Werten von bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde aus und bezogen die gesamten Investitionskosten der Biogasanlage mit ein. Nach der energetischen Methode seien die Kosten dann anhand der erzeugten Mengen von Strom und Wärme aufgeteilt worden.

Jedoch kritisierte der Bundesfinanzhof, dass Strom und Wärme nicht miteinander vergleichbar seien und neben den produzierten Mengen auch die Preise einbezogen werden müssten: Es solle die Marktwertmethode angewandt werden, die berücksichtige, dass der Strompreis viel höher als der Wärmepreis ist. Entsprechend fallen die Entnahmewerte für die Wärme dann viel niedriger aus – sie liegen dann bei etwa drei Cent pro Kilowattstunde.

Wie Ecovis berichtet, habe auch der Fachverband Biogas e. V. einen durchschnittlichen Wärmepreis von 2,7 Cent pro Kilowattstunde ermittelt.

Vorsicht bei Einkommensteuer und Vorsteuer

Die nach der energetischen Methode errechneten hohen Selbstkosten führten außerdem dazu, dass das Finanzamt hohe Einkommensteuern von den Anlagenbetreibern forderte. Hier habe der Bundesfinanzhof in seinem Urteil aber klargestellt, dass für die Wärmeentnahme als Nebenprodukt der Stromerzeugung nur zwei bis drei Cent pro Kilowattstunde angesetzt werden dürfen.

Weiterhin erläutert Ecovis, dass bei einer komplett kostenlosen Wärmeabgabe die Finanzverwaltung keine gewinnerhöhende steuerpflichtige Entnahme mehr unterstellt. Dies sei zum Beispiel Kraft-Wärme-Kopplung-Bonus der Fall.

Wenn die kostenlose Wärmeabgabe von Anfang an – also mit dem Bau der Biogasanlage – geplant war, kann die Vorsteuer dafür auch nicht anteilig in Anspruch genommen werden. Nach einem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts muss die unentgeltliche Wertabgabe daher nicht versteuert werden.

Regeln zur Vorsteuerkorrektur umstritten

Ecovis weist auf die Möglichkeit der umsatzsteuerlichen Überwachung bei der Vorsteuer hin (§ 15a UstG): Wenn sich die „maßgebenden Verhältnisse“, unter denen der Vorsteuerabzug ursprünglich erfolgte, innerhalb von zehn Jahren ändern, muss die Vorsteuer anteilig zurückgezahlt werden. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs greifen die Regeln der Vorsteuerkorrektur außerdem auch dann, wenn der Vorsteuerabzug anfänglich falsch berechnet wurde.

Diese Situation haben sowohl das Niedersächsische Finanzgericht als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) anders beurteilt. Sie sind der Auffassung, dass das deutsche Umsatzsteuerrecht keine Regelung enthalte, nach der ein fehlerhafter Vorsteuerabzug vom Finanzamt korrigiert werden dürfe. Demnach könne sich das Finanzamt die Vorsteuer nicht nachträglich zurückholen.

Jakob Dick, Steuerberater bei Ecovis, empfiehlt, die Umsatzsteuerbescheide offenzuhalten. „Denn es kann sein, dass der Bundesfinanzhof in den kommenden Jahren seine Meinung ändern und sich dem EuGH-Urteil anschließen muss“, so Dick.

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