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Bodenmarkt in Deutschland

Bodenpreise weiter auf Rekordjagd – Bauern verlieren Ackerland

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am Dienstag, 29.08.2023 - 13:13 (6 Kommentare)

Die Kaufpreise für Agrarflächen sind 2021 um 10,3 % gestiegen. In nur 10 Jahren haben sich die Bodenpreise damit mehr als verdreifacht. Zuletzt hat sich der Preisanstieg noch einmal beschleunigt. Den Bauern werden immer mehr Fläche entzogen.

Kaufwerte.

Die Preise für Ackerland steigen weiter. Noch gibt es keine offizielle Auswertung für 2022. Doch einzelne Bundesländer haben ihre Kaufpreise bereits veröffentlicht. Und da steigen die Preise für Ackerland weiter. 

Bereits 2021 machten die landwirtschaftlichen Bodenpreise einen Riesensprung nach oben: Um 10,3 % auf 29.545 Euro je Hektar verteuerten sich die landwirtschaftlichen Flächen binnen Jahresfrist. In Nordrhein-Westfalen mussten die Käufer sogar 18,5 % mehr bzw. im Durchschnitt 70.470 Euro zahlen. 

Ob die Bodenpreise 2022 in gleichem Tempo gestiegen sind, ist noch nicht sicher – doch die bisherigen Daten aus den Bundesländern zeigen: 2022 dürften die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen einen neuen Rekordwert erreicht haben. 

Das stimmt im Übrigen auch mit der Entwicklung in den meisten anderen europäischen Ländern (wie etwa den Niederlanden) sowie in den USA überein. Dort sind die Kaufpreise zuletzt in schwindelerregende Höhen gestiegen. 

Dabei gibt es für den Preisanstieg sowohl gleiche Ursachen als auch spezifisch deutsche Preistreiber. Fakt ist jedenfalls, zwischen 2010 und 2021 haben sich landwirtschaftliche Nutzflächen um mehr als das Dreifache verteuert.

Hohe Agrarpreise, Solarboom, Investoren

kaufwerte Länder.

Für alle Länder dürfte gelten, dass der enorme Anstieg der Agrarpreise im vorigen Jahr in Verbindung mit der hohen Inflation die Bodenpreise auf neue Rekordstände getrieben hat. Ökonomen haben in den USA in der Vergangenheit vor allem in den Zeiten hoher Agrarpreise einen steilen Anstieg der Bodenpreise beobachten können. 

Hinzu kommt die anhaltend hohe Attraktivität (großer) landwirtschaftlicher Flächen für außerlandwirtschaftliche Investoren. Auch diesen Preistreiber gibt es sowohl für Deutschland (vier allem im Osten) aber auch für die USA

Spezifisch deutsch dürfte zudem der massive Zugriff von einer wachsenden Zahl von Solar- und Energieunternehmen auf die knappen landwirtschaftlichen Flächen sein. Mit zum Teil exorbitanten weit über dem normalen landwirtschaftlichen Niveau liegenden Pachtpreisen, treiben diese Unternehmen dabei indirekt auch die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke nach oben.

Solarausbau ein Preistreiber

Veräußerte Flächen.

Und der Preisaufrieb durch den Solarausbau passiert nicht nur in Ostdeutschland, sondern in allen Regionen - auch in kleinstrukturierten südwestdeutschen Betrieben. So befürchten etwa Landwirte in Rheinland-Pfalz durch den Solarboom einen erheblichen Landentzug, steigende Bodenpreise. Nicht wenige Betriebe sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. 

Pachtpreis-Angebote von 3000 Euro je Hektar und mehr sind kein Einzelfall, berichtet die Zeitung Rhein-Pfalz. Zum Vergleich: Für gepachtetes Ackerland wird in der Region bislang ein Zehntel dieser Summe oder deutlich weniger bezahlt. „Bei uns werden weit über 50 Prozent der Flächen als Pachtland bewirtschaftet“, sagt Jürgen Vogelgesang aus Martinshöhe, Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbands der Regionalzeitung. 

Die aus dem Energiesektor erwachsene Konkurrenz ums Ackerland bedeute einen gewaltigen Eingriff in den Bodenmarkt, der laut Vogelgesang zwangsläufig dazu führt, dass immer mehr Ackerfläche für Photovoltaik (PV) zur Verfügung gestellt werde. „Die Flächen sind auf lange Sicht raus aus der Produktion, fehlen den örtlichen bäuerlichen Betrieben.“

Landwirte verlieren Ackerflächen

Doch der Staat treibet die Energiewende weiter voran und mit dieser auch die Boden- und Pachtpreise nach oben. Die Bundesregierung will bis 2030 auf einer Fläche fast so groß wie Berlin Freiflächenanlagen installieren. So sucht beispielsweise der Energieversorger EnBW für Flächen in Ostdeutschland, um dort Tausende Solarpanele zu errichten. 

Thorsten Jörs ist Projektleiter bei EnBW und leitet dort die Photovoltaik-Sparte des Unternehmens. Er ist dafür zuständig, den Bedarf an weiteren Solarflächen zu decken: „Aus meiner Sicht stehen wir tatsächlich an einem Beginn eines neuen Solarbooms. In den nächsten Jahren wollen wir den Solarzubau verdreifachen,“ sagt er auf tageschau.de. Das heißt konkret: Zehn bis 15 Solarparks will das Unternehmen pro Jahr bauen. 

Damit das gelingt, braucht es erhebliche Flächen - weshalb auch andere Energieunternehmen Ackerland pachten oder sogar kaufen. Den Landbesitzern kann man das gar nicht krummnehmen“, kommentiert Uwe Bißbort, Vorsitzender im Kreisbauernverband Pirmasens-Zweibrücken die Entwicklung gegenüber der Zeitung Rheinland-Pfalz. 

Gespräche mit allen Beteiligten, seien notwendig, um das derzeit ungesteuerte Vorgehen in vernünftige Bahnen zu lenken. Es gehe hier nicht um minderwertige Flächen, sondern um Ackerland, um Land, das dann nicht mehr für die Nahrungsproduktion zur Verfügung stehe, sagt der Bauer.

Investoren kaufen und verdienen

Ostdeutsche Agrarflächen sind längst ins Visier großer Investoren geraten. Vor kurzem ist ein Immobilienkonzern neu in das Geschäft eingestiegen. Die Quarterback Immobilien AG aus Leipzig hat einen Agrarbetrieb in Brandenburg im Rahmen eines Anteilskaufs zu übernommen. Die Deutsche Wohnen AG ist mit 40 Prozent an Quarterback beteiligt. Zum gekauften Agrarbetrieb Röderland GmbH gehören 2500 Hektar Land, wovon rund 600 ha Eigentum sind, sowie etwa 900 Rinder, darunter Mutterkühe und Milchvieh. 

Zuvor hatte ein Brandenburger Landwirt 8 Millionen Euro für den Betrieb geboten, konnte aber nicht mit dem 2 Millionen Euro höheren Gebot der Quarterback AG mithalten. Für den Milchviehbetrieb in Brandenburg zahlte die Quarterback Immobilien-AG zehn Millionen Euro. Sie will den Landwirtschaftsbetrieb zwar weiter betreiben jedoch vor allem auch (ohne aufwendige Genehmigungsverfahren) einen Solarpark bauen. 

„Die Gesellschafter haben sich entschieden, die Stabilität des Landwirtschaftsbetriebs weiter zu erhalten und sicherlich war ein weiterer ausschlaggebender Punkt der Kaufpreis“, sagte Steffen Höppner, der bisherige Geschäftsführer der Röderland GmbH gegenüber der tageschau.

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