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Finanzierung

Darum drosseln Landwirte die Investitionen in ihre Betriebe drastisch

Eine Schweinehalter blickt auf seine Tiere
Norbert Lehmann, agrarheute Redakteur
Norbert Lehmann, agrarheute
am Mittwoch, 09.08.2023 - 14:18 (Jetzt kommentieren)

Die Landwirtschaftliche Rentenbank meldet einen dramatischen Einbruch der Kreditnachfrage von Landwirten. Das hat mehrere Gründe.

Die deutschen Landwirte investieren deutlicher weniger in ihre Betriebe. Das zeigen Zahlen der Landwirtschaftlichen Rentenbank für das erste Halbjahr 2023. 

Danach ging die Nachfrage nach Förderkrediten der Bank in der Sparte „Landwirtschaft“ gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als ein Viertel auf nur noch 801 Millionen Euro zurück. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 sank die Kreditnachfrage sogar um fast 40 Prozent oder rund 500 Millionen Euro. Ein dramatischer Einbruch.

Höhere Zinsen und politische Unsicherheit dämpfen die Investitionsbereitschaft

Nikola Steinbock

Nikola Steinbock, die Vorstandschefin der Rentenbank, hat eine Erklärung für die Misere:„Unsicherheiten über die künftigen politischen Rahmenbedingungen, deutlich gestiegene Zinsen und volatile Märkte wirken sich offenbar zunehmend auf die Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft aus.“ Das sei insbesondere in der Tierhaltung zu spüren, sagt Steinbock. 

Die amtliche Viehzählung bestätigt diese Einschätzung. Mit nur noch 20,7 Millionen Schweinen wurde in Deutschland im Mai dieses Jahres der kleinste Schweinebestand seit der Wiedervereinigung 1990 ermittelt. Bei der Rentenbank fragten die Bauern in den ersten sechs Monaten dieses Jahres vor allem weniger Fremdkapital für den Kauf von landwirtschaftlichen Flächen oder den Bau von Wirtschaftsgebäuden wie Ställen und Maschinenhallen nach.

Steinbock: Wirtschaft ist mitten in der Transformation

„Wir befinden uns mitten in der Transformation zu einer klimaneutralen und nachhaltigeren Wirtschaft. Vieles ist unsicher und wird noch diskutiert“, beschreibt Steinbock die Lage der Landwirte. 

Die Vorstandschefin der zentralen Förderbank der Branche ist sich jedoch sicher, dass die Landwirtschaft Lösungen für die Transformation anbieten könne. Und die Rentenbank werde die Landwirte dabei unterstützen, sagte Steinbock. Dazu passe das Kreditinstitut seine Förderangebote immer wieder an. 

So haben die Frankfurter Banker Ende Juli ihr Programm „Zukunftsfelder im Fokus“ um Förderungen für effiziente Bewässerungen und Speicherbecken sowie für Hofnachfolgerinnen beziehungsweise Existenzgründerinnen erweitert.

Finanzierung von Windkraftanlagen bricht auf ein Drittel ein

Insgesamt vergab die Landwirtschaftliche Rentenbank im ersten Halbjahr 2023 rund 3,18 Milliarden Euro an Programmkrediten; das waren 15,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 2022 war für die Rentenbank allerdings ein Rekordjahr mit einer außergewöhnlichen Steigerung der Finanzierung von Windkraftanlagen und Infrastrukturmaßnahmen im ländlichen Raum. 

In der Fördersparte „Erneuerbare Energien“ fiel das Neugeschäft jetzt zurück von 1 Milliarde Euro auf nur noch 339 Millionen Euro. Vor allem in Windkraftanlagen wurde weniger investiert. Die Rentenbank erklärt dies mit Vorzieheffekten aufgrund von sich abzeichnenden Zinserhöhungen. 

In der Sparte „Ländliche Entwicklung“ stieg die Kreditvergabe dagegen weiter kräftig an, und zwar um 74,9 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Ursache war eine stärkere Nachfrage der Landesförderinstitute nach Globaldarlehen der Rentenbank, die sie zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im ländlichen Raum nutzen.

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