
Zum einen werden alle Importe, die in Dollar abgerechnet werden, teurer – dazu gehören unter anderem: Energie, Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel, Chemikalien und alle möglichen Vorprodukte, die aus China oder anderen Ländern zur Weiterverarbeitung gekauft werden.
Auf der anderen Seite werden alle Exportgüter, die ebenfalls in USD abgerechnet werden, billiger – und damit auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger. Dazu gehören viele landwirtschaftliche Produkte: wie Getreide, Milch und Fleisch, aber auch Autos, Maschinen und hochverarbeitete Industriegüter.
Außerdem bekommen Deutsche und andere Europäer im Ausland und auch im Urlaub weniger zu kaufen – reisen und einkaufen wird also auch teurer. Die Folgen für die Wirtschaft sind eher langfristig, denn der schwache Euro zeigt auch ein psychologisches Problem: Die globale Wirtschaft traut dem Euroraum oder der EU offenbar nicht wirklich zu, dass man die gegenwärtige Energie- und Inflationskrise meistert. Und das kommt eben auch in dem abstürzenden Euro zum Ausdruck.
Auf der anderen Seite trauen die Märkte das den Amerikanern in Kriegs- und Krisenzeiten offenbar zu. Denn der Dollar ist zum Wochenbeginn fast auf ein 20-Jahreshoch gegenüber einem Währungskorb gestiegen, berichten Analysten. Der Euro notierte zum Wochenbeginn hingegen bei 1,0493 USD, nachdem er am vorigen Donnerstag zeitweise auf 1,0470 USD gefallen war, den niedrigsten Stand seit Januar 2017. Am Mittwochmorgen stand der Euro bei 1,0512 USD.
Energiekrise, Inflation, Russland-Sanktionen....
Analysten nennen verschiedene Ursachen, warum die europäische Einheitswährung so massiv unter Druck steht. Zum einen, zeigen die laufenden Daten, dass das Produktionswachstum und die Erholung nach der Coronakrise in der Eurozone im letzten Monat immer mehr ins Stocken gerät. Viele Unternehmen haben erhebliche Schwierigkeiten, Rohstoffe und Vorprodukte zu beschaffen, während die Nachfrage und das Konsumklima durch die rekordhohe Inflation empfindlich abgebremst wird.
Hinzu kommt, dass viele Beobachter infolge der Sanktionen gegen Russland auch die Energiesicherheit der europäischen Wirtschaft gefährdet sehen. Ein weitere entscheidender Aspekt ist die Gefahr einer kaum noch zu kontrollierenden Inflation. Neben dem Problem der Rohstoff- und Energieimporte aus Russland, drückt aber auch die Entwicklung in China massiv auf die europäischen Wachstumsaussichten.
Chinas Wirtschaft und Außenhandel schrumpften im April offenbar deutlich, als die massiven Corona-Lockdowns und die Sperrungen der Häfen die Industrieproduktion stoppten und Lieferketten störten. Die Behörden in Shanghai meldeten diese Woche zahlreiche neue Corona-Fälle außerhalb von Gebieten, die bisher streng gesperrt waren, während in Peking weiterhin Millionen von Menschen getestet werden.
Von dieser Entwicklung ist auch Europa massiv betroffen und Finanzanalysten befürchten deshalb eine starke wirtschaftlichen Abschwächung im zweiten Quartal in China. Das dürfte auch das globale Wachstum und auch die Wirtschaftsentwicklung in Europa belasten.
Kräftige Zinserhöhung in den USA – in Europa (noch) nicht
Der Dollar bewegte sich weiterhin nur knapp unter einem 20-Jahreshoch gegenüber einem Währungskorb verschiedener internationaler Währungen. Am heutigen Mittwoch rechnen Finanzexperten indessen mit einer einer deutlichen Zinserhöhung der Federal Reserve (FED) in den USA. Die Fed hat anders als die Europäische Zentralbank (EZB) einen deutlich aggressiveren geldpolitischen Ansatz gewählt, um die Inflation zu bekämpfen, die auch in Amerika so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr ist.
Es wird erwartet, dass die Fed die US-Zinsen heute um 50 Basispunkte erhöht. „Viele Händler gehen davon aus, dass die Fed nicht von dieser restriktiven Haltung ablassen wird, und deshalb wird der Dollar wahrscheinlich seine Gewinne halten“, sagte Edward Moya , Senior Analyst in New York gegenüber Reuters.
Die Äußerungen des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell werden zudem Hinweise geben, ob die Fed die Zinsen weiter anheben wird, um dem steigenden Preisdruck entgegenzuwirken, selbst wenn sich die Wirtschaft weiter abschwächt. Die US-Wirtschaft wuchs im April mit dem langsamsten Tempo seit mehr als anderthalb Jahren.
Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten, die durch den Krieg in der Ukraine und den Unterbrechungen der Lieferkette im Zusammenhang mit den COVID-19-Sperren in China geschürt wurden, erwarten auch in Europa immer mehr Analysten, dass die EZB ihre Geldpolitik schneller straffen könnte und die Zinsen spätestens im Juli erhöht. Allerdings wächst dann auch das Risiko, dass es zu einer massiven Rezession oder zu einem Crash an den Märkten kommt.
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