
Der Euro rutschte am Dienstag auf ein neues 20-Jahres-Tief und näherte sich gegenüber dem Dollar weiter der Parität. Darunter versteht man ein Tauschverhältnis Euro/Dollar von eins zu eins. Ein Grund für die Euro-Schwäche ist die Energiekrise in Europa.
Es wird befürchtet, dass die Energiekrise Europa in eine schwere Rezession stürzen könnte, während die US-Währung durch Erwartungen gestützt wird, dass die US-Zentralbank Federal Reserve (FED) die Zinsen schneller und aggressiver anheben wird als die europäische Zentralbank (EZB) und andere Zentralbanken.
Die Aussicht auf eine deutliche konjunkturelle Abschwächung lässt die Märkte auch daran zweifeln, ob die Europäische Zentralbank überhaupt noch in der Lage sein wird, die Geldpolitik ausreichend zu straffen, um die rekordhohe Inflation einzudämmen. Die Deutsche Bank deutete in der vorigen Woche an, dass der Euro in den Bereich von 0,95 bis 0,97 USD fallen könnte, wenn „Europa und die USA im dritten Quartal in eine Rezession schlittern, während die Fed die Zinsen noch weiter anhebt".
Der Kurs des Euro war am Montag auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gefallen und gibt im laufenden Handel am Dienstag weiter nach. Die Gemeinschaftswährung notiert am Dienstagmorgen bei 1,00085 US-Dollar. Damit steht der Kurs aktuell nur noch knapp ganz über der "Parität". Darunter versteht man ein Tauschverhältnis Euro/Dollar von eins zu eins.
Das Dilemma: Energiekrise und hohe Inflation
Die Währung der Eurozone befindet sich bereits seit Wochen in einem stetigen Abwärtstrend. Ein Grund sind die wachsenden Befürchtungen einer Rezession aufgrund der zunehmenden Unsicherheit über die Energieversorgung durch Russland. Die Aussicht auf eine konjunkturelle Abschwächung wirft auch Zweifel auf, ob die Europäische Zentralbank in der Lage sein wird, die Geldpolitik ausreichend zu straffen, um die rekordhohe Inflation einzudämmen.
Die Deutsche Bank wies am vorigen Mittwoch in einer Mitteilung darauf hin, dass die Stresspunkte über die Erdgasknappheit nicht nur Deutschland betreffen sondern sich auf einen größeren Teil des europäischen Energiemarktes erstrecken, wie Meldungen aus Frankreich belegen, wo vorige Woche ebenfalls weitere Stromkürzungen ankündigt wurden.
Bank-Analysten erwarten deshalb, dass noch mehr Anleger in „den sicheren Hafen“ US-Dollar flüchten werden. Die US-Währung hat auch aufgrund der Erwartungen an Wert zugelegt, dass die Fed die Zinsen weiterhin aggressiv anheben wird, um die steigende Inflation zu bekämpfen. Es wird damit gerechnet, dass die Fed die Zinsen auf ihrer Sitzung vom 26. bis 27. Juli um weitere 75 Basispunkte anheben wird. Finanzanalysten preisen einen Anstieg der US-Leitzinsen von derzeit 1,58 % auf 3,50 % bis März ein.
Ein wichtiger Katalysator, der die Abwertung des Euros umkehren könnte, wäre ein Signal, dass die Fed in ihren geldpolitischen Straffungszyklus in eine längere Pause eintritt. Außerdem könnte ein Ende der Kriegshandlungen in der Ukraine einen weiteren Weg nach oben für den Euro eröffnen.
Handelsdefizit bleibt – Das Ende des Exportweltmeisters
Eine fortgesetzte (teilweise) Versorgung mit russischem Gas während des Sommers ist nach Ansicht von Analysten nicht ausreichend, um die Krise beizulegen, da die Risiken einer Abschaltung bis zum Winter andauern würden. Die düsteren Aussichten für die europäische Wirtschaft kommen auch, weil die EZB ihre Absicht angekündigt hat, die Zinssätze zum ersten Mal seit 2011 zu erhöhen, weil die Inflation in der Eurozone mit 8,6 % ein Rekordhoch erreicht.
Die Zentralbanken auf der ganzen Welt stehen vor dem Dilemma, weil sie versuchen, die Inflation einzudämmen, ohne die wirtschaftliche Dynamik zu verlangsamen, die sich offenbar immer weiter abschwächt und in eine globale Rezession münde könnte. Die meisten Analysten erwarten indessen, dass die Gasversorgung in der Eurozone knapp und die Gaspreise entsprechend hoch bleiben werden. Dies ist einer der Gründe, warum wir davon ausgehen, dass die Wirtschaft der Eurozone in diesem Jahr in eine Rezession rutschen könnte.
Deutschland verzeichnete zudem sein erstes Außenhandels-Defizit seit 1991, weil der Anstieg der Energiepreise die Importkosten für Europas größte Volkswirtschaft in die Höhe trieb, während die globale Handelsprobleme die Exporte störten (unter anderem nach China).
„Angesichts der Natur der deutschen Exporte, die rohstoffpreisempfindlich sind, ist es schwer vorstellbar, dass sich die Handelsbilanz von hier aus in den nächsten Monaten angesichts der erwarteten Verlangsamung der Wirtschaft in der Eurozone erheblich verbessern könnte“, sagten Devisenstrategen der Saxo Bank .
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.