Ackerbauer Meier ist optimistisch, dass die Weizenpreise bis zum Winter wieder steigen und will dabei sein, wenn der Preis-Zug nach oben abfährt. Er geht deshalb folgendermaßen vor: Er verkauft seinen kompletten Weizen (B-Qualität) am 15. Juli an seinen Händler vor Ort und erhält dafür netto 179 Euro/t. Am gleichen Tag kauft Maier an der Terminbörse für 180 Euro/t insgesamt 20 Weizenkontrakte, die jeweils 50 t umfassen und eine Laufzeit bis Januar 2015 (Januar-Kontrakt) haben, insgesamt also ebenfalls 1.000 t.
Statt mit seinem physischen Weizen kann er so in den nächsten Monaten mit "virtuellem" Weizen auf einen Preisanstieg wetten.
Vorteile dieser Strategie sind:
- Maier hat keinerlei Kosten für die physische Getreidelagerung
- Kein Schwund, kein Qualitätrisiko wie bei der physischen Lagerung
- Maier vereinnahmt für den physischen Weizen 179.000 Euro und kann damit den Pachtzins pünktlich auskehren
- An der Börse muss für den Kauf der 1.000 t an "virtuellem" Börsen-Weizen nur rund ein Zehntel des tatsächlichen Kaufpreises als Sicherheit hinterlegt werden
- Börsen-Weizen kann ohne Verhandlungen innerhalb von Sekunden verkauft werden. Dadurch ist Maier bei der Vermarktung flexibler, als wenn er seinen physischen Lagerweizen vermarkten müsste
Achtung: Kommt es beim Börsenweizen zum Preisverfall, muss Maier Geld auf sein Börsenkonto nachschießen, Börsianer sprechen vom sogenannten Margin-Call. Fällt der Weizenpreis von 180Euro/t auf zum Beispiel 160 Euro/t, werden 20.000 Euro Nachschuss fällig (20 Euro/t × 1.000 t). Diesen Verlust hätte Maier aber auch, wenn er seinen Weizen ins Lager gepackt hätte, denn dann wäre dieser Weizen ebenfalls 20.000 Euro weniger Wert - auch wenn nicht tatsächlich Geld von seinem Konto abfließt.
Ist es eigentlich legitim, als Ackerbauer an der Börse auf steigende Weizenpreise zu wetten? Letztlich besteht kein Unterschied zu Landwirten, die ihren Weizen nach der Ernte ins Lager packen und auf später steigende Preise "spekulieren". Nur, dass diese bis zum tatsächlichen Verkauf kein Geldin die Kasse bekommen und das Lagerrisiko bleibt.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.