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Kostenexplosion und Einkommen

Grundsteuern steigen 2022 kräftig: Für Landwirte und Hausbesitzer

Felder.
am Montag, 03.01.2022 - 12:44 (2 Kommentare)

Landwirte und Hausbesitzer müssen 2022 höhere Grundsteuern zahlen. Teilweise sind die Steuererhöhungen zweistellig.

Grundsteuer

Der Grund: Viele Gemeinden erhöhen 2022 die so genannten Hebesätze für die Grundsteuer A (Landwirte) und die Grundsteuer B (Hausbesitzer). In vielen Kommunen steigt die Grundsteuer sogar zweistellig. Das gilt im Übrigen oft auch für die Gewerbesteuer.

Eigentlich hatte die Politik versprochen, die Grundsteuer im Rahmen der bis 2025 geplanten Reform neutral zu halten. Doch davon ist nun keine Rede mehr. In vielen Gemeinden und Kommunen haben Corona und die massiven Folgen für Wirtschaft, Sozialsysteme und Verwaltung, riesige Löcher in die öffentlichen Kassen gerissen.

Hinzu kommt: Die Grund- und Gewerbesteuern sind die wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen, an denen sich zudem auch schnell mal drehen lässt. Doch die Erhöhungen haben es in sich: So berichtet etwa der Rhein-Sieg-Anzeiger, dass der Hebesatz für die Gemeinde Lohmar bei Köln von 620 auf 790 v.H. steigt. Auch die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen steigt dort von 315 auf 400 v.H. Die Gewerbesteuer wird von 485 auf 500 v.H. erhöht.

„Es gibt angesichts der Corona-Folgen und der Einbrüche in der Wirtschaft keinen anderen Weg, um die Finanzen im Griff zu halten", sagte der dortige Kämmerer Marc Beer: „Damit werden aber keine Überschüsse erwirtschaften.“

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hatte das Dilema in einer Umfrage unter den deutschen Kommunen bereits 2021 kommen sehen. Doch nun verteuern sich die Grundsteuern für Landwirte und Hausbesitzer – und wohl auch für Gewerbetreibende – in vielen Kommunen noch weitaus schneller und kräftiger als zuächst erwartet. Denn überall ist das Geld knapp. Allerdings bei Landwirten und Hausbesitzern ebenfalls.

Leere Kassen und stark steigende Grundsteuern

Hebesätze zur Grundsteuer

Zwischen 2014 und 2019 hatten sich die Grundsteuern in vielen deutschen Städten und Gemeinden nur wenig verändert. Erst mit Corona kam die Trendwende: Jede zehnte Kommune erhöhte den Hebesatz für Grundsteuer A und B - und das zum Teil sehr kräftig. Doch 2022 soll es vielerorts noch einmal deutlich teurer werden, hat die EY-Umfrage gezeigt und das bestätigen auch die aktuellen Meldungen und Berichte aus den Kommunen.

Der Anteil der deutschen Kommunen mit einem niedrigen Hebesatz zur Grundsteuer B (von unter 300) ist gegenüber 2005 zuletzt von 22 auf aktuell nur noch 4 Prozent gesunken. Gleichzeitig ist der Anteil der Kommunen mit einem hohen oder sehr hohen Hebesatz zur Grundsteuer B (von über 350 Prozent) von 20 auf 75 Prozent sprunghaft angestiegen.

Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der deutschen Städte und Gemeinden. Die Grundsteuer A erheben die Kommunen auf land- und forstwirtschaftliche Flächen, die Grundsteuer B auf bebaute bzw. bebaubare Grundstücke. Berechnet wird die Grundsteuer - vereinfacht ausgedrückt - aus der Kombination des Einheitswertes und dem sogenannten Hebesatz.

Der Einheitswert wird vom Finanzamt festgelegt und bezieht sich unter anderem darauf, ob das Grundstück bebaut ist oder nicht. Damit verrechnet wird dann ein sogenannter Hebesatz, den die Kommunen selbst festlegen und bei dem es regional (sehr) große Unterschiede gibt. Die Kommunen sind dann die Empfänger der Steuereinnahmen.

Viele Kommunen werden Grundeigentümer abkassieren

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„Wer nicht wolle, dass wichtige Gewerbesteuer-Zahler abwandern, werde zunächst vor allem die Grundsteuer heraufsetzen“, sagt Mattias Schneider, Leiter des Bereichs Gouvernement & Public Services bei der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY), im Sommer 2021 gegenüber dem Medienportal Heise.

Während in den Jahren zwischen 2014 und 2019 der Anteil der Kommunen, die ihren Hebesatz regelmäßig angehoben hatten, sogar rückläufig war, kam mit der Coronakrise 2020 dann die große Trendwende: Bundesweit drehte jede zehnte Kommune an der Grundsteuer-Schraube – und laut Schneider dürften die Auswirkungen der Pandemie mit weiteren Verschlechterungen der Finanzlage auch in den kommenden Jahren kräftige Grundsteuererhöhungen auslösen.

Im neuen Jahr 2022 wird es vielerorts jedenfalls deutlich teurer. So kommen nach einer Umfrage in mehreren baden-württembergischen Kommunen auf die Haus- und Grundstückseigentümer deutlich höhere Abgaben zu. Nach Angaben des Steuerzahlerbunds plant ein Fünftel von mehr als 100 Städten mit mindestens 20.000 Einwohnern eine Steuererhöhung.

So berichtet der SWR dieser Tage, dass die Stadt Worms die Grundsteuer B im Schnitt um 17 Prozent erhöhen will. Demnach steigt der Hebesatz der Grundsteuer B dort um 80 Punkte auf 550 Prozent. Ähnliches berichtet die Badische Zeitung aus einer kleinen Gemeinde im Landkreis Lörrach: Dort steigt der Hebesatz der Grundsteuer A um 30 Punkte auf 370 Prozentpunkte. Der Hebesatz der Grundsteuer B wird ebenfalls um 30 auf 350 Prozentpunkte angehoben. Der Hebesatz der Gewerbesteuer wird immerhin um zehn auf 360 Prozentpunkte nach oben gesetzt.

Und so geht es landauf und landab. Der Chef des Bundes der Steuerzahler, Zenon Bilaniuk, sagte dazu: "In schwierigen und herausfordernden Zeiten wie diesen, sind höhere Steuern definitiv der falsche Ansatz." Angesichts der Kostenexplosion in der Landwirtschaft und der geradezu galoppierenden Inflation auf allen Handelsstufen kann man dem nur zustimmen. Landwirten und Verbrauchern bleibt 2022 jedenfalls definitiv viel weniger Geld im Portmonnaie.

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