
Viele Kommunen erhöhen schon 2022 ihre Hebesätze für die Grundsteuer deutlich. Der Grund: Eine Krise jagt die nächste und die kommunalen Kassen sind leer. Grundsteuer und Gewerbesteuer sind jedoch die einzigen Steuerarten, die die Kommunen selbst erheben dürfen – und das tun sie auch fleißig. Das bestätigen nicht nur die zahlreichen Berichte über höhere Hebesätze aus den regionalen Medien, sondern auch eine aktuelle Untersuchung des Steuerzahlerbundes Rheinland-Pfalz (BdSt).
Fakt ist auch: Die Erhöhung der Hebesätze hat nichts mit der aktuellen Grundsteuerreform zu tun, sondern die Akteure brauchen einfach mehr Geld, um die Löcher in ihren Kassen zu stopfen. Deshalb bitten sie Landwirte (Grundsteuer A), Hausbesitzer (Grundsteuer B) und Gewerbetreibende kräftig zur Kasse. Dabei befinden sich sowohl die Steuereinahmen des Staates als auch der Länder und Kommunen im Jahr 2021 und im ersten Quartal 2022 auf einem Rekordstand.
Eine aktuelle Umfrage des Bundes der Steuerzahler unter den 50 größten Städten und Gemeinden in Rheinland-Pfalz zu ihren Realsteuer-Hebesätzen lässt jedoch überraschend viele Erhöhungen für das Jahr 2022 erkennen. Während sechs Kommunen bei der Gewerbesteuer am Hebesatz drehten, waren es bei der Grundsteuer A sieben und bei der Grundsteuer B sogar 14 Kommunen, heißt es in der Untersuchung.
„Es ist zu befürchten, dass aufgrund der Grundsteuerreform die Hebesätze noch weiter steigen werden“, sagt der Bund der Steuerzahler.
Kommunen erhöhen Hebesätze kräftig

Die Kommunen drehen nicht nur in Rheinland-Pfalz an der Hebesatz-Schraube, sondern auch in den anderen Bundesländern. Doch für das Bundesland im Südwesten liefert der Bund der Steuerzahler eindeutige Ergebnisse: „Gerade vor der angeblich aufkommensneutralen Grundsteuerreform ist das ein schlechtes Zeichen. Denn wer den Bürgern schon vor dem Jahr 2025 tiefer in die Tasche greift, kann später augenzwinkernd das Einhalten des Versprechens verkünden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Land Rheinland-Pfalz die Städte und Gemeinden über die Kommunalaufsicht ADD dazu antreibt, die Hebesätze zu erhöhen,“ sagt René Quante, Geschäftsführer des BdSt Rheinland-Pfalz.
„Auffällig bei den Erhöhungen ist, dass diese bei der Grundsteuer B regelmäßig heftiger ausfallen als bei der Gewerbesteuer“, heißt es weiter. Ein Ende der Erhöhungen ist selbst für das Jahr 2022 nicht in Sicht, da in verschiedenen Kommunen noch diskutiert wird. Dabei haben die meisten Bürger in der heutigen Zeit mehr als genug finanzielle Sorgen, als dass die Kommunen noch etwas drauflegen müssten. „Wir appellieren daher an die Städte und Gemeinden, auf Hebesatz-Steigerungen zu verzichten.“
Doch die Kommunen denken oft anders darüber: So berichtet der Kölner Stadtanzeiger Anfang dieses Jahrs über drastische Grundsteuererhöhungen in Bergisch Gladbach. Dort wurde die Grundsteuer B zum Jahreswechsel von 570 auf 731 Prozentpunkte angehoben. Ein Aufschlag von 28,5 Prozent.
Die Neue Gelnhäuser Zeitung aus dem Main-Kinzing-Kreis berichtet ähnliches: Der Entwurf des Haushaltsplans 2022, den Bürgermeister Daniel Glöckner in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht hat, sieht Erhöhungen sowohl bei der Grundsteuer B als auch bei der Gewerbesteuer vor. Der Hebesatz für Grundstücksbesitzer soll demnach von 450 auf 630 Prozentpunkte steigen, die Steuer für Geschäfte, Firmen und Betriebe soll von 380 auf 532 Prozentpunkte angehoben werden. Damit will die Stadt ihr „strukturelles Problem mit der Mittelherkunft“, wie Glöckner es nannte, beheben. Und dieses Vorgehen findet man in vielen anderen Kommunen und Gemeinden.
Grundsteuer A: Hebesätze in Hessen am höchsten
Ein Vergleich der letzten vom Statistischen Bundesamt (Destatis) ermittelten Grundsteuereinahmen und Hebesätze zeigt, wo die Grundsteuer A und B derzeit in Deutschland am teuersten sind. Bei der Grundsteuer A (Landwirtschaft) lagen die Hebesätze im Durchschnitt bei 345. Von den Flächenländern lagen immerhin 4 Länder über diesem Wert – nämlich Hessen mit 420 – wo die Grundsteuer A an höchsten ist – aber auch Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern.
Deutlich unter dem Durchschnitt liegen hingegen solche Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen mit 292 und dem niedrigsten Hebesatz aller Bundesländer überhaupt und auch die meisten ostdeutschen Länder und Schleswig-Holstein.
Bei der Grundsteuer B (Hauseigentümer, bebaute Grundstücke) liegt der Hebesatz im Bundesmittel schon deutlich höher als bei Landwirten – nämlich bei 478. Und es liegen immerhin 3 Flächenländer und alle drei deutschen Stadtstaaten deutlich über diesem Wert. Von den Flächenländern müssen die Hausbesitzer – komplett anders als bei der Grundsteuer A - in Nordrhein-Westfalen das meisten Geld zahlen. Dort liegt der Hebesatz bei 577.
Deutlich dahinter kommen dann Hessen und Sachsen. Und die Stadtstaaten liegen mit 540 in Hamburg und 810 in Berlin noch deutlich darüber. Am billigsten ist die Grundsteuer B in Bayern und Schleswig-Holstein – jedenfalls im Durchschnitt dieser Bundesländer.
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