
In Österreich hat die Veröffentlichung bäuerlichen Einkommen für 2022 eine heftige Diskussion ausgelöst. Statistik Austria hatte ausgerechnet, dass sich das landwirtschaftliche Einkommen 2022 im Vergleich zum Vorjahr real um fast 30 % und der Nettounternehmensgewinn um 36,5 % erhöht haben.
Die österreichische Arbeiterkammer (AK) kommentierte diese Entwicklung mit Hinweis, „dass die Teuerung der Landwirtschaft eine hohe Gewinnsteigerung gebracht habe“. Sie forderte den Rechnungshof sowie die Wettbewerbsbehörde auf, die Einkommen der Bauern zu prüfen.
In Deutschland stieg das Einkommen je Arbeitskraft nach den Berechnunegn des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Vergleich zum vorangegangenen Wirtschaftsjahr um 32 Prozent auf rund 43.500 Euro. Das ist das mit Abstand stärkste durchschnittliche Ergebnis innerhalb der letzten zehn Wirtschaftsjahre.
Ein wichtiger Grund für die positive Einkommensentwicklung: ein kräftiger Preisanstieg für viele Agrarerzeugnisse seit dem zweiten Halbjahr 2021, der auch die deutlich höheren Betriebsmittelpreise kompensierte, sagt das Ministerium.
Bauernbund: Miese Neiddebatte

In Österreich warnte die Arbeiterkammer, dass „mit pauschalen Förderungen Übergewinne drohen“. Branchen, die in der Zeit der extremen Teuerung sehr gut verdient hätten, sollten nicht auch noch mit zusätzlichen Zahlungen aus dem Steuertopf überfördert werden.
Nicht gelten lässt die Kammer die Begründung, dass die Landwirtschaft auch deutlich höhere Kosten für Dünger, Energie und Futtermittel aufbringen musste. Hier sollte differenziert werden, denn von den hohen Futtermittelkosten „profitieren ja ebenfalls Agrarproduzenten“, heißt es in Österreich.
In Deutschland sagte Dr. Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL: Das gute Ergebnis lässt viele Betriebe durchatmen. Es gibt ihnen Spielraum, um Rücklagen zu bilden oder in die Zukunft ihrer Höfe zu investieren. Klar ist aber: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, was die wirtschaftliche Lage der Höfe angeht.
Auch in Österreich stieß die Aussage der Arbeiterkammer auf Kritik. Bauernbund-Präsident Georg Strasser und der Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Josef Moosbrugger, sprachen von einer „miesen Neiddebatte“. Viele bäuerliche Familienbetriebe bangten um ihre Existenz - Ergebnis 2022 hin oder her, so Moosbrugger.
Strasser verwies darauf, dass die bäuerlichen Einkommen mit dem Plus von 2022 erst auf dem Niveau von 2011 gelegen hätten, obwohl die Kaufkraft im Land kontinuierlich gestiegen sei.
2023 komplett andere Situation
Moosbrugger stellte außerdem fest, dass sich für 2023 bereits wieder eine völlig andere Situation abzeichne. Die Preis-Kosten-Schere klaffe massiv auseinander. Die meisten Erzeugerpreise - etwa für Getreide, Mais, Milch oder Jungstiere - seien wieder deutlich gesunken, die Kosten für wichtige Betriebsmittel wie Dünger, Maschinen- oder Baukosten seien aber weiterhin hoch. Zusätzlich stiegen die Lohnkosten stetig, gab der Kammerpräsident zu bedenken.
Die landwirtschaftliche Einkommensentwicklung entspreche einer extrem gefährlichen Achterbahnfahrt, „und wir müssen dringend dafür sorgen, dass nicht weitere Betriebe aus der Bahn geschleudert werden“, so Moosbrugger weiter. Für 2023 sei wieder ein spürbares Minus zu erwarten. „Daher hat das Ergebnis 2022 für uns auch einen höchst bitteren Beigeschmack“, sagte der Kammerpräsident.
Ihm zufolge leben viele landwirtschaftlichen Betriebe von der Substanz, die sich ohne Zukunftsinvestitionen langsam abbaue. Das gefährde auf Dauer nicht nur die Betriebe selbst, sondern auch die Versorgungssicherheit. Schon jetzt bestehe in vielen Bereichen ein zu geringer Selbstversorgungsgrad, warnte Moosbrugger. Dieser dürfe keinesfalls weiter sinken, „wenn wir uns nicht noch stärker der unsicheren Auslandproduktion ausliefern und abhängig machen wollen.“
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