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Inflation und Betriebsmittelpreise

Industriepreise steigen um 33,5 %: Inflations-Schock für Bauern

Industriepreise steigen.
am Freitag, 20.05.2022 - 10:52 (2 Kommentare)

Die Abgabepreise der Industrie sind 33,5 % höher als im vorigen Jahr. Das sind die Einkaufspreise für Bauern und Landhändler. Vor allem Energie, Treibstoff und Strom verteuern sich drastisch. Auch für Dünger, Futter und andere wichtige Betriebsmittel gehen die Preise durch die Decke. Die industriellen Abgabepreise für Lebensmittel steigen zudem doppelt so stark wie im Einzelhandel. Das zeigt, wo die Reise noch hingeht.

Industriepreise steigen steil an.

Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte waren im April 2022 um 33,5 % höher als im April 2021. Das Statistische Bundesamt (Destatis) sagt, dies war der höchste Anstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Im März 2022 hatte die Veränderungsrate bereits bei +30,9 % gelegen und im Februar bei +25,9 %.

Im Vormonatsvergleich stiegen die gewerblichen Erzeugerpreise im April 2022 ebenfalls deutlich um 2,8 %. Die aktuellen Daten spiegeln jetzt auch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine wider, sagen die Statistiker in ihrer Analyse.

Die Entwicklung deutet außerdem darauf hin, dass sich Landwirte, Handel und Verbraucher in den kommenden Monaten auf anhaltend hohe Preissteigerungen einstellen müssen. Die gewerblichen Produzentenpreise gelten nämlich als wichtiger Frühindikator für die Entwicklung der Inflation und der Preise auf den nachgelagerten Handelsstufen.

In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt – das heißt, noch bevor die Produkte von anderen Unternehmen weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Für die meisten aufgeführten Betriebsmittel sind das für die Bauern dann die Kosten im Einkauf vom Landhändler oder direkt am Fabriktor.

Erdgas viermal so teuer wie Vorjahr – Strom plus 88 %

Preise für Energie gegeh dursch die Decke.

Hauptverantwortlich für den Anstieg der gewerblichen Erzeugerpreise im Vorjahresvergleich ist weiterhin die Preisentwicklung bei Energie. Danach waren die Energiepreise im April 2022 im Durchschnitt 87,3 % höher als im Vorjahresmonat. Gegenüber März 2022 stiegen diese Preise um 2,5 %, nachdem sie im März 2022 gegenüber Februar 2022 um 10,5 % gestiegen waren.

Den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate gegenüber dem Vorjahr bei Energie hatte Erdgas mit einem Plus gegenüber April 2021 von 154,8 %. Kraftwerke zahlten im Einkauf für Erdgas gut viermal so viel wie ein Jahr zuvor (+307,0 %). Für Industrieabnehmer war Erdgas 259,9 % teurer und für Wiederverkäufer 170,0 %.

Die Preise für elektrischen Strom waren im April 2022 um 87,7 % höher als im April 2021. Für Weiterverteiler kostete Strom 157,3 % mehr als ein Jahr zuvor, für Sondervertragskunden 85,6 %. Gewerbliche Anlagen zahlten 15,8 % mehr.

Preistreiber: Dünger und Futter, Diesel und Metalle, Holz

Mineralölerzeugnisse waren 53,9 % teurer als im April 2021, jedoch gingen hier die Preise gegenüber dem Vormonat März 2022 um 4,6 % moderat zurück. Leichtes Heizöl war mehr als doppelt so teuer wie ein Jahr zuvor (+102,1 %). Kraftstoffe wie Diesel und Benzin kosteten 46,6 % mehr. Für beide Mineralölprodukte sanken die Preise gegenüber dem März 2022 ebenfalls (leichtes Heizöl: -14,9 %, Kraftstoffe: -6,8 %).

Ohne Berücksichtigung der Energiepreise wären die Erzeugerpreise immer noch 16,3 % höher als im April 2021 (+3,0 % gegenüber März 2022). Hohe Preissteigerungen melden die Statistiker auch bei den Vorleistungsgütern, unter anderem bei Metallen, Düngemitteln und Futtermitteln sowie Verpackungsmitteln aus Holz. Insgesamt waren Vorleistungsgüter im April 2022 um 26,0 % teurer als ein Jahr zuvor. Gegenüber März 2022 stiegen diese Preise um 4,1 %.

Den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate für Vorleistungsgüter gegenüber dem Vorjahr hatte die Veränderungsrate für Metalle insgesamt mit einem Plus von 43,3 %. Hier stiegen die Preise für Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen um 59,8 %, Nichteisenmetalle und deren Halbzeug kosteten 32,8 % mehr. Betonstahl verteuerte sich im Vorjahresvergleich um 79,0 % und allein gegenüber März 2022 um 16,6 %. Die Preise für Aluminium in Rohform waren 58,5 % höher als im Vorjahr. Hier dürften auch die Sanktionen gegen Russland als wichetigem Lieferant eine sehr große Rolle spolen.

Besonders hoch waren die Preisanstiege gegenüber dem Vorjahr bei Düngemitteln und Stickstoffverbindungen, die sich mehr als verdoppelten (+111,7 %). Allein gegenüber März 2022 stiegen diese Preise um 14,5 %. Die Preise für Futtermittel für Nutztiere stiegen um 52,8 %. Auch Holz und Holzerzeugnissen waren deutlich teurer. So kostete Nadelschnittholz war 52,3 % mehr. Papier und Pappe verteuerte sich um 52,7 %. Hier stiegen insbesondere die Preise für Zeitungsdruckpapier (+111,9 %). Wellpapier und Wellpappe, die für die Verpackungsindustrie eine wichtige Rolle spielen, kosteten 41,0 % mehr. Verpackungsmittel aus Holz kosteten binnen Jahresfrist 75,0 % mehr, Industriegase 66,4 %.

Lebensmittelpreise steigen doppelt so stark wie im LEH

Nahrungsmittelpreise immer teurer.

Sehr stark gestiegen sind auch die industriellen Abgabenpreise für Lebensmittel. Also noch bevor sie im Handel weiterverkauft werden. Die Preise für Getreidemehl waren 39,1 % höher als im April 2021, melden die Statiker. Gegenüber März 2022 stiegen diese Preise um 5,0 %.

Sehr kräftig gestiegen sind zuletzt die Preise für Fleisch und Fleischerzeugnisse. Hier verlangten die industriellen Verarbeiter im April 2022 13,2 % mehr als im April 2021 und 3,9 % mehr als im März 2022. Insgesamt verteuerten sich Nahrungsmittel um 17,3 % gegenüber dem Vorjahr (+5,5 % gegenüber März 2022) – und damit deutlich stärker als im Einzelhandel mit nur 8,6 % wo die Preise (noch) erheblich langsamer steigen.

Besonders stark verteuerten sich die Preise für Butter (+70,9 % gegenüber April 2021 und +11,4 % gegenüber März 2022). Milch und Milcherzeugnisse waren insgesamt 20,6 % teurer. Allein die Käsepreise waren im 33 % höher als vor einem Jahr. Auch nicht behandelte pflanzliche Öle kosteten 70,0 % mehr als im Vorjahr. Rindfleisch war 41,6 % teurer, was auch den Rückgang der Nachfrage auf Verbraucherseite erklärt, und bei Kaffee lag der Preisaufschlag bei 30,8 % teurer.

Die Preise für Schweinefleisch stiegen gegenüber März 2022 um 14,7 % und lagen damit 22,1 % über den Preisen von April 2021. Auch hier blieb der kräftige Preisanstieg offenbar nicht ohne Folgen für Konsum und Nachfrage.

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