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Energiekrise und Insolvenzen

Insolvenzen: Massive Pleitewelle – und düstere Aussichten

Insolvenz.
am Freitag, 11.11.2022 - 05:00 (1 Kommentar)

Im Oktober hat die Zahl der Insolvenzen um 18,4 Prozent zugenommen. Ursache ist die Kostenexplosion bei Energie und die erwartete Rezession – mit fatalen Folgen für Absatz und Beschäftigung.

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Oktober 2022 um 18,4 % gegenüber September 2022 gestiegen. Im September 2022 war sie noch um 20,6 % gegenüber August 2022 gesunken.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen, sagen die Statistiker. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.  

Im August 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1.147 Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 11,5 % mehr als im August 2021. Im Juli war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahresmonat noch um 3,8 % gesunken.  

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im August 2022 im Baugewerbe mit 198 Fällen (August 2021: 190; +4,2 %). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 167 Verfahren (August 2021: 141; +18,4 %).

Beim zeitlichen Vergleich der Insolvenzzahlen für Unternehmen ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Ende 2020 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ausgesetzt.

Rezession und Pleitewelle – über 2023 hinaus

„Die steigenden Insolvenzzahlen zeigen, dass viele Unternehmen mit dauerhaften Kostensteigerungen rechnen, die ihr Geschäftsmodell unrentabel werden lassen“, sagte Steffen Müller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) bereits im September.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagte gegenüber der Augsburger Allgemeinen: "Die deutsche Wirtschaft befindet sich in der Rezession, die sich in den kommenden Monaten noch deutlich vertiefen könnte. Die wirtschaftliche Erholung wird wohl schwach und langwierig ausfallen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass über die nächsten zwei Jahre deutlich mehr Unternehmen in die Insolvenz gehen oder ihr Geschäft einstellen müssen."

Die Zahlen aus der Wirtschaft bestätigen das. Eine Befragung der Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände hatte ergeben, dass von den aktuellen Kostensteigerungen insbesondere bei Energie und Vorleistungen nahezu jedes Unternehmen der Branche betroffen sei. Gegenüber 2020 hätten die Einkaufskosten der Unternehmen im Schnitt um rund 40 Prozent zugelegt, darunter die Energiekosten um mehr als das Doppelte.

Für jedes achte Unternehmen sei das ein Anstieg in "existenzbedrohendem Ausmaß". Verbandshauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagte: „Die Preisexplosion bringt die Betriebe in eine kritische Lage. Neun von zehn Unternehmen rechnen demnach mit einem Gewinnrückgang. Das sind dramatische Entwicklungen, die unseren Standort auch über das Jahr 2023 hinaus schwer belasten werden“.

Elf Prozent der Unternehmen könnten die Kostensteigerungen gar nicht weitergeben, weitere 60 Prozent können dies nicht kostendeckend tun. Brossardt Einschätzung: „Vier von zehn Betrieben sehen sich in wirtschaftlicher Gefahr."

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