
Für 2022 meldete die evangelische Kirche deutschlandweit einen neuen Rekord an Austritten. Diese waren im Jahr 2022 mit 380.000 Menschen um ein Drittel höher als im Jahr 2021.
Bei der katholischen Kirche waren die Zahlen für 2022 sogar noch dramatischer: 522.821 Menschen kehrten der Kirche den Rücken, im bisherigen Rekordjahr 2021 waren es 359.338. Darunter waren offenbar auch viele Landwirte. Gründe gibt es offenbar viele.
Warum so viele Menschen aus der Kirche austreten, hat der NDR versucht in einer Umfrage herauszufinden. Das Ergebnis: Vor allem andere Wertvorstellungen und die Kirchensteuer treiben die Befragten aus der Kirche, sagt Carsten Frerk von der Forschungsgruppe Weltanschauungen (fowid), gegenüber dem NDR.
Kipppunkt bei Mitgliederzahlen ist erreicht

Die sogenannte Freiburger Studie war vor vier Jahren noch zu dem Schluss gekommen, dass sowohl evangelische als auch katholische Kirchen bis 2060 jeweils die Hälfte ihrer Mitglieder verlieren könnten. Schaut man auf die aktuellen Austrittszahlen dürfte das jedoch viel schneller gehen. Der Münsteraner Soziologe Detlef Pollack sagt, dass bereits ein Kipppunkt erreicht sei.
Die Soziologin Petra-Angela Ahrens vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sieht zudem die Skandale in der katholischen Kirche nicht als wesentlichen Grund für die erhöhte Austrittsrate unter Protestanten. „Viele haben sich schon seit längerem für einen Austritt entschieden.
Sie warten im Prinzip nur noch auf eine passende Gelegenheit,“ sagt Ahrens dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Jährlich 600 Millionen vom Staat
Doch arm wird die Kirche trotz der hohen Austrittszahlen trotzdem nicht. Knapp 600 Millionen Euro zahlt der deutsche Staat – genau gesagt die Bundesländer - jährlich an die beiden großen Kirchen, berichtet der WDR. Das Geld fließt ohne Zweckbindung, zusätzlich zur Kirchensteuer, zu Subventionen und Spenden.
Das gezahlte Geld ist eine Entschädigung für die Enteignung von Kirchenbesitz zu Zeiten Napoleons, Anfang des 19. Jahrhunderts. Damals mussten die Kirchen Geld und Ländereien an die Landesfürsten abgeben. Die haben zugesagt, dafür die Gehälter von Priestern und andere Kosten der Kirchen zu übernehmen.
Rund 100 Jahre später wurde die Kirchensteuer als Finanzierungsmodell eingeführt und zur Haupteinnahmequelle. Bereits in der der Weimarer Reichsverfassung steht jedoch, dass die Dauerzahlungen durch eine Einmalzahlung beendet werden soll. Das wurde später ins Grundgesetz übernommen.
Die Berliner Ampel-Regierung will die Dauerzahlungen jetzt beenden und verhandelt mit den Kirchen darüber, berichtet der WDR. Zehn bis 11 Milliarden Euro sind derzeit als Ablösesumme im Gespräch.
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