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Grundsteuer und Steuerlast

Klage gegen Grundsteuer-Erhöhung von 45 % - abgeschmettert

grundsteuer.
am Donnerstag, 28.07.2022 - 12:33 (1 Kommentar)

Eine Kommune erhöht den Hebesatz für die Grundsteuer um 45 %. Hausbesitzer klagten dagegen. Das Gericht entscheidet – für die Kommune.

Grundsteuer B.

In Zeiten immer leerer Kassen versuchen viele Kommunen Geld durch die Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer zu machen. So auch die Stadt Neuwied im Norden des Landes Rheinland-Pfalz. Dort hat die Stadtregierung den Hebesatz für die Grundsteuer B  kurzerhand von 420 auf 610 Prozent erhöht. Dies ist ein Anstieg um satte 45 Prozent.

Nachdem die Stadt Neuwied die Erhöhung des beschlossen hatte, änderte sie die ursprünglichen Grundsteuerbescheide gegenüber den Klägern und setzte die für das Kalenderjahr 2021 jeweils zu entrichtende Grundsteuer B unter Berücksichtigung eines Hebesatzes von 610 v. H. neu fest.

Dagegen hatten die belasteten Hauseigentümer geklagt, mit der Begründung, die Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B sei rechtswidrig. Sie verstoße außerdem gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018, weil sie mit der dort ausgesprochenen Fortgeltungsanordnung nicht zu vereinbaren und damit treuwidrig sei. Die Erhöhung des Hebesatzes sei zudem unverhältnismäßig und widerspreche überdies dem Gleichheitsgrundsatz. Sie sei außerdem willkürlich erfolgt und verletze obendrein das Äquivalenzprinzip.

Ferner stehe das Vorgehen der Stadt nicht im Einklang mit den in der Gemeindeordnung niedergelegten Haushaltsgrundsätzen, heißt es in der Klageschrift. Im Übrigen dürften Gemeindesteuern nur subsidiär erhoben werden. Die Kläger sind Eigentümer von zum Wohnen genutzten Grundstücken im Gebiet der beklagten Stadt Neuwied.

Verwaltungs-Gericht gibt der Stadt Recht

Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klagen im Mai dieses Jahres jedoch ab. Die Grundsteueränderungsbescheide, so die Koblenzer Richter, seien rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten. Denn die Anhebung des Hebesatzes auf 610 v. H. sei ermessensfehlerfrei erfolgt.

Die Anhebung hielte sich in den Grenzen des der Beklagten im Rahmen ihrer Finanzhoheit zustehenden weiten Satzungsermessens, heiß es im Urteil. Sie stünde deshalb auch nicht im Widerspruch zu dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer aus dem Jahr 2018, hieß es weiter.

Das gemeindliche Hebesatzrecht bleibe für die Dauer der vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Fortgeltungsanordnung unberührt, betonen die Richter. Immerhin hatte es in der Vergangenheit schon mehrere Klagefälle wegen der exorbitanten Erhöhung der Hebesätze gegeben (wie etwa in Siegburg – Erhöhung von 460 auf 790!!) die sämtlich auch abgelehnt wurden - zum Nachteil der Hausbesitzer.

Das Bundesverfassungsgericht hatte gesagt: „Die Grundsteuer ist auch deshalb von herausragender Bedeutung für die Kommunen, weil ihr Aufkommen konjunkturabhängig ist und zudem durch das Hebesatzrecht der Gemeinden von ihnen in der Höhe gesteuert werden kann“.

Kommune stopft Haushaltslöcher

Nach Einschätzung der Koblenzer Richter verstoße die Anhebung des Hebesatzes auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Außerdem sei Erhöhung weder treuwidrig noch willkürlich, wie es in der Klagebegründung hieß.

Vielmehr sei sie angesichts dessen, dass die Haushaltssatzung der Beklagten Stadt Neuwied für das Haushaltsjahr 2021 ein Defizit von 8.079.000 Euro ausweise und eine Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen vorsehe, sachlich gerechtfertigt, ist die Ansicht der Richter.

Darüber hinaus werde infolge der Anhebung des Hebesatzes auch die die sogenannte Erdrosselungsgrenze als äußerste Schranke der Besteuerung nicht überschritten. Gegen die Entscheidungen konnten die Beteiligten als Rechtsmittel die Zulassung der Berufung beantragen.

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