
Das Wasser steht vielen Betrieben bis zum Hals. Allerdings reichen die vom Statistischen Bundesamt erfassten Daten nur bis zum Januar. Das heißt: Die gewaltige Kosten- und Preisexplosion nach dem Ukrainekrieg, ist noch gar nicht abgebildet.
Trotzdem. Eines lässt sich mit Gewissheit sagen: Die Situation an den Agrarmärkten und auf den Betrieben ist im Hinblick auf die Kosten- und Preisdynamik nahezu beispiellos. In den letzten 50 Jahren hat es keinen vergleichbaren Inflationsschub gegeben.
Da muss man mindestens bis zur galoppierenden Inflation und den schweren Wirtschaftskrisen der 70er Jahre zurückgehen. Aber zurück zu den Zahlen – oder besser: zu Kosten und Preisen. Ganz grob gesagt, zeigt die Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise und der Betriebsmittelpreise (Kosten) zwei Dinge deutlich. Sowohl die Erzeugerpreise als auch die Kosten für Betriebsmittel sind in den letzten 12 Monaten sehr stark gestiegen. Die Agrarpreise kletterten um 21,1 Prozent und die Betriebsmittelpreise verteuerten sich um 20,7 Prozent. Innerhalb eines einzigen Jahres!
Deutlich wird dabei auch: Die Erzeugerpreise sind rein statistisch gesehen, ähnlich stark nach oben geschossen wie die Produktionskosten. Allerdings ist das nur eine oberflächliche Betrachtung, denn kein Betrieb erzeugt alle landwirtschaftlichen Produkte und kein Betrieb benötigt und verbraucht sämtliche Betriebsmittel. Dort gibt es nämlich große Unterschiede bei Erlösen und Kosten, je nachdem ob der Landwirt Milch erzeugt, Schweine hält oder Ackerbauer ist.
Deshalb ist eine einigermaßen detaillierte Betrachtung der einzelnen Produktionszweige und Kostenarten hilfreich und notwendig, um die unterschiedliche Situation der einzelnen Betriebszweige besser zu verstehen. Und das ist auch bei den unterschiedlichen Kostenarten bzw. Betriebsmitteln so, bei denen es zudem einige deutliche Ausreißer – vor allem nach oben gibt.
Agarpreise: Getreide, Raps und Rinderpreise steigen am stärksten

Im Januar 2022 – also noch vor dem gewaltigen Preisschub der vom Ukrainekrieg ausging - waren die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise in Deutschland 21,1 % höher im Jahr zuvor. Das heißt auch: Aktuell (also im April) dürften die Erzeugerpreise für Produkte – wie etwa Milch, Getreide und Schweinefleisch, noch höher sein als im Januar. Anderseits befanden sich die Agrarpreise bereits im Januar auf einem Allzeithoch – deutlich höher als zur Finanzkrise oder während der letzten Hochpreisphase der Jahre 2012 bis 2013.
Den gewaltigsten Preisanstieg verbuchten bis dahin die Getreidepreise, mit durchschnittlich 28,5 % und die Preise für Raps mit 60 % Prozent – sowie die Kartoffelpreise (von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau im Vorjahr) mit 66 %. Innerhalb der unterschiedlichen Getreidearten war der Preissprung bei Braugerste mit 70 % und Brotroggen mit 40 % am größten.
Auch fast alle Erzeugnisse aus der Tierproduktion waren deutlich teurer als vor einem Jahr – im Schnitt um 19,4 %. Einzige Ausnahme waren bis dahin Schlachtweine, wo die Preise erst im März sehr kräftig zulegten. Bis dahin reichte es für die krisengeschüttelten Schweinebauern nur für ein Preisplus von 3,7 %. Dafür konnten Rinderhalter ihre Bullen 27,9 % teuer verkaufen und die Schlachtkuhpreise waren 40,4 % höher. Und auch hier sind die Preise März weiter kräftig gestiegen.
Für ihre Milch bekamen die Bauern im Januar 26,3 % mehr Geld als vor einem Jahr. Gleichzeitig stand hier der größte Preisanstieg noch bevor. Denn: Zu diesem Zeitpunkt lag der Auszahlungspreis für Milch bei rund 41 Cent – währenddessen war der Rohstoffwert der Milch bis März auf über 60 Cent gestiegen und der Börsenmilchwert lag sogar bei 70 Cent. Gute Aussichten für die Milchbauern also – zumindest was die Erlöse betrifft, denn auch die Kosten gingen weiter steil nach oben.
Wer soll das bezahlen: Dünger plus 60 %, Futter plus 42 %, Bauten plus 15 %

Auch bei den Betriebsmittelpreise – also den Kosten - war im Januar noch lange nicht die Höchstmarke erreicht. Vor allem Düngemittel, Treibstoff und Energie kletterten nach Kriegsausbruch auf neue Höchstmarken. Dennoch ist die gewaltige Kostenexplosion bereits im Januar eine schwere Belastung für die Bauern. Danach mussten die Landwirte für Betriebsmittel im Januar 20,7 % mehr ausgeben als im Jahr zuvor.
Außerdem waren die Kosten deutlich höher als zur Finanzkrise oder während der bisherigen Höchstmarken in den Jahren 2012 bis 2014. Der Unterschied zu bisherigen ähnlichen „Hochkostenphasen“ ist jedoch: Diesmal verteuern sich nahezu alle Betriebsmittel und Investitionsgüter zweitstellig. Am stärksten ist die Teuerung - erwartungsgemäß – bei Dünger und bei Futter. Bei Mineraldünger mussten die Bauern 60 % mehr auf den Tisch blättern als im vorigen Jahr – wenn sie überhaupt Dünger bekommen haben. Und die Preise sind im Februar und März dann noch einmal sehr kräftig gestiegen.
Zweistärkster Preistreiber sind die (zugekauften) Futtermittel: sie haben sich um 41,8 % verteuert und schlagen als Haupt-Kosten bei den Tierhaltern unheimlich stark zu Buche. Tierhalter und Ackerbauern machen auch die Treibstoffpreise mit einem Plus von rund 25 % zu schaffen. Auch hier ging es im Februar und März weiter steil nach oben. Strom war im Januar 12,4 % teuer als und Energie kostet knapp 20 % mehr.
Und die Ackerbaubetriebe kommen nicht ungeschoren davon: Für Saatgut mussten sie im Januar 21,4 % mehr zahlen, für Pflanzenschutzmittel waren die Einkaufspreise 12,5 % höher. Für Tierhalter und Ackerbauern außerdem wichtig: Maschinen haben sich um 10,9 % verteuert – in nur einem Jahr! Und die Kosten für Bauten – also für Investitionen – sind um 15,4 % höher als vor Jahresfrist. Das dürfte viele Landwirte vom Bauen abhalten, wenn sie denn überhaupt Material bekommen und wohl auch weil die Bauzinsen derzeit überraschend steil ansteigen.
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