Bei Kreditentscheidungen bewegen sich Banken in einem dynamischen Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. „Unser Blick ist immer noch sehr stark ökonomisch. Nun weitet er sich aber um die Punkte, die von Politik und Gesellschaft gefordert werden: Der ökonomische Erfolg landwirtschaftlicher Investitionen wird in Zukunft immer stärker von der Ökologie abhängen“, erklärt Gerald Hein, Leiter des Fachbereichs Landwirtschaft und Ernährung bei der DKB, im Gespräch mit agrarheute.
Denn die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von den Banken, sich intensiv mit den Risiken, die sich aus Klima- und Umweltveränderungen ergeben, auseinanderzusetzen. „In der Vergangenheit war der Bereich der Landwirtschaft relativ stabil – sowohl im Hinblick auf die Erzeugerpreise als auch auf die Regulatorik. Heute kann ich nicht mehr von der Vergangenheit auf die Zukunft schließen“, so Hein. Deshalb müsse die DKB regulatorische Entwicklungen, gesellschaftliche Anforderungen und den Klimawandel in ihren Kreditentscheidungen zunehmend berücksichtigen.
Was schreibt die DKB-Nachhaltigkeitsstrategie für die Landwirtschaft vor?
Insbesondere Tierhalter finden in der Neufassung der Nachhaltigkeitsstrategie der DKB konkrete Anforderungen. Bereits seit Anfang 2023 bekommen Mastschweinehalter für einen Stallneubau nur noch einen Kredit, wenn der Stall mindestens der Haltungsform 3 entspricht oder wenn der Betrieb an einem Programm zur nachhaltigen Regionalvermarktung teilnimmt. In der Milchviehhaltung will die DKB den Anteil ihrer Kunden, deren Ställe der Haltungsform 3 entsprechen, bis 2030 auf 50 Prozent erhöhen.
Darüber hinaus will die DKB bis Mitte des Jahres prüfen, ob sie für die Bullenmast Tierwohl-Anforderungen einführt. Die Bank prüft zudem, für Finanzierungen der Geflügelhaltung ebenfalls die Haltungsform 3 als Mindestkriterium festzusetzen.
Neben den Vorgaben zur Tierhaltung ist auch das politische Ziel zum Ausbau des Ökolandbaus im Plan der DKB verankert, allerdings in abgeschwächter Form: Bis 2030 soll der Anteil an DKB-Kunden, die ihren Betrieb ökologisch bewirtschaften, auf 15 Prozent erhöht werden.
Landwirte müssen Anpassungsbereitschaft zeigen
„Im Gespräch mit dem Kunden wird das Thema Nachhaltigkeit integriert“, erklärt Hein zum Kreditvergabeprozess. „Wer sein Geschäftsmodell nicht zukunftsfähig ausrichtet, wird Probleme bekommen, für seine Vorhaben entsprechende Kredite zu bekommen.“ Er betont, dass sich Bestandskunden nicht um laufende Finanzierungen sorgen müssen: „Bestandskredite sind von den neuen Anforderungen an die Nachhaltigkeit nicht betroffen. Die Nachhaltigkeitsleitplanken gelten für alle neuen Finanzierungen für Bestands- und Neukunden.“ Sie betreffen vorerst aber nur die Neubauten von Mastschweineställen.
In den politischen Rahmenbedingungen sieht Hein die Hauptursache für die zurückhaltende Investitionsbereitschaft der Tierhalter in den letzten Jahren. „Bei einem Stallneubau kostet ein Kuhplatz zwischen 10.000 und 13.000 Euro. Da sind wir schnell im Millionenbereich – und das braucht Planungssicherheit. Unklare oder nicht verlässliche Rahmenbedingungen sind also ein riesiges Problem und eine echte Bremse für Investitionen. Dabei bräuchte die Landwirtschaft unbedingt Zukunftsinvestitionen, um die nachhaltige Transformation zu gestalten“, erklärt er. Solange sich die Perspektive nicht ändert, werde in dieses Investment keine Dynamik kommen.
Landwirte sollen an Wertschöpfung durch erneuerbare Energien teilhaben

Hein unterstreicht zudem die Bedeutung der erneuerbaren Energien im Fachbereich Landwirtschaft. Das Thema spiele in fast allen Kundengesprächen eine Rolle. Biogas wolle die DKB weiter unterstützen, vor allem wenn ein landwirtschaftlicher Gesellschafterhintergrund bestehe. Der Fokus liege also nicht auf Investoren. „Die Betriebe sollten möglichst selbst über die Substrate verfügen und Biogas als Teil ihres unternehmerischen Handelns verstehen anstatt als reines Kapitalinvestment. Es können sich auch Betriebe zusammentun“, erläutert der Landwirtschaftsexperte.
Die Biogasanlagen seien für Landwirte gleichzeitig ein Teil des Risikomanagements, da sie vom Markt unabhängige Erlöse generieren. Einige Betriebe stellen laut Hein auch Anträge für den Neubau von Biomethan- oder Bio-LNG-Anlagen sowie für die Umrüstung auf Biomethananlagen. Die DKB empfehle allen Betrieben, sich damit auseinanderzusetzen.
Daneben könne Photovoltaik landwirtschaftlichen Betrieben als Einkommensstütze dienen. Während Landwirte früher Flächen für die Errichtung von PV-Anlagen verpachteten, seien sie heute zunehmend selbst die Betreiber der Anlagen. Die DKB unterstütze dabei, Landwirte bei der Solarenergie in die Wertschöpfung zu bringen. „Zu beachten sind natürlich die erheblichen Investitionskosten. Ab einer gewissen Größe der PV-Flächen ist auch ein Partner beziehungsweise eine professionelle Betreibung notwendig“, sagt Hein.
Vorbereitung auf EU-Taxonomie für Landwirte sinnvoll
Auf die Umsetzung der EU-Taxonomie bereite sich die DKB gerade intensiv vor. Im Gegensatz zu anderen Bereichen fehlten für die Land- und Ernährungswirtschaft aber noch die Kriterien. „Wir wissen, dass die landwirtschaftliche Urproduktion einen maßgeblichen Anteil an Treibhausgasemissionen in der Lebensmittelkette beiträgt“, sagt Hein. Deshalb wird die Landwirtschaft in die EU-Taxonomie einbezogen werden, um im Ernährungssektor insgesamt die Emissionen zu senken. Allerdings seien nach dem jetzigen Stand der EU-Taxonomie nur große Betriebe mit mehr als 250 Mitarbeitern von den Berichtspflichten betroffen.
Aus der Lebensmittelkette sei hinsichtlich der EU-Taxonomie Bewegung zu erwarten. Landwirte müssten damit rechnen, dass beispielsweise Molkereien oder Schlachthöfe früher oder später Daten von ihnen verlangen. Hein rät Landwirten, sich mit Tools zur Messung des CO2-Fußabdrucks vertraut zu machen oder an Schulungen teilzunehmen: „Wer heute schon beginnt, den Fußabdruck seines Betriebs zu messen und ein Datenmanagement aufzubauen, kann vorhandene Potenziale zum Einsparen ausloten und ist damit für die Zukunft vorbereitet.“
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