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Finanzierung

Landwirte ziehen Investitions-Notbremse wegen politischer Unsicherheit

Neubau einer Tierwohl-Schweinemastanlage und einer Biogasanlage.
am Dienstag, 25.04.2023 - 14:40 (Jetzt kommentieren)

Die Nachfrage der Landwirte nach Förderkrediten der Rentenbank ist eingebrochen, vor allem für den Stallbau. Vorstands-Chefin Nikola Steinbock spricht sich für eine Verlängerung der "Bauernmilliarde" aus.

Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank

Die Unsicherheit der Landwirte über die Pläne der Bundesregierung für den Umbau der Tierhaltung ist an den Zusagen für Förderkredite der Rentenbank sehr deutlich abzulesen. Darauf hat die Vorstandssprecherin der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Nikola Steinbock, heute (25.4.) auf der Bilanzpressekonferenz des Kreditinstituts hingewiesen.

Die Finanzierungen für Schweine-, Rinder- und Geflügelställe sind stark rückläufig. In Maschinen investieren Landwirte fast nur noch, wenn diese Fortschritte für eine nachhaltigere, umweltfreundlichere Produktion versprechen, zum Beispiel für die Bodenbearbeitung oder im Pflanzenschutz.

Folglich brach das Neugeschäft der Rentenbank mit Programmkrediten für die Landwirtschaft im vergangenen Jahr um 17,5 Prozent auf 2,0 Mrd. Euro ein.

Landwirte wollen in Klima- und Umweltschutz investieren

Steinbock sprach sich angesichts dieser Zahlen dafür aus, die sogenannte „Bauernmilliarde“ über 2024 hinaus zu verlängern.

Im Rahmen dieses „Investitions- und Zukunftsprogramms“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums stieg die Nachfrage der Landwirte nach Fördermitteln zuletzt sogar. Für die Rentenbank überraschend, erreichten die Interessenbekundungen der landwirtschaftlichen Betriebe im Januar 2023 das Rekordvolumen von 2,64 Mrd. Euro nach 1,85 Mrd. Euro im Juli 2022.

Aus Sicht der Vorstandschefin verdeutlicht dies das große Interesse der Landwirte an einer ressourcenschonenden Landbewirtschaftung sowie mehr Klima- und Umweltschutz.

Rentenbank könnte Milliardenprogramm für den Umbau der Tierhaltung abwickeln

Darum würde Steinbock das etablierte Förderverfahren gern fortsetzen. Voraussetzung wären allerdings neue Haushaltsmittel des Bundes.

Darüber hinaus sieht die Chefin der Rentenbank ihr Haus in einer guten Ausgangslage, um die bisher im Bund eingeplante 1 Mrd. Euro an Zuschüssen für den Umbau der Tierhaltung an die Betriebe auszureichen. Sobald die politische Diskussion über die Rahmenbedingungen der Transformation abgeschlossen sei, könnte die Rentenbank das Programm schlank und effizient verwalten, sagte Steinbock. Nach gegenwärtigem Stand der Diskussion würden voraussichtlich aber nur 10 Prozent der Betriebe von dem Milliardenprogramm profitieren können. Aktuell ist laut Angaben der Rentenbank allerdings die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) dafür vorgesehen, die Förderzuschüsse abzuwickeln, nicht die Rentenbank.

Finanzierung für Windkraft und ländliche Infrastruktur stark nachgefragt

Grafik zum Kreditgeschäft der Rentenbank 2022

Wie bei der Vorlage der Bilanz 2022 deutlich wurde, ging die Nachfrage der Landwirte nach Förderkrediten für den Stallbau im vergangenen Jahr um mehr als ein Drittel auf nur noch 533,7 Mio. Euro zurück.

Gerade einmal 39,5 Mio. Euro davon entfielen auf den Bau von Schweineställen, während das ein Jahr zuvor noch 415,9 Mio. Euro waren.

Insgesamt entwickelte sich das Fördergeschäft der Rentenbank 2022 hingegen sehr gut. Das Volumen der neu ausgereichten Programmkredite wuchs um 22,6 Prozent auf 6,88 Mrd. Euro.

Ausschlaggebend war vor allem die starke Nachfrage nach Fremdkapital für Infrastrukturprojekte der ländlichen Entwicklung und für den Bau neuer Windkraftanlagen.

Rentenbank startet Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium

Noch für das laufende Jahr kündigte Steinbock ein Förderprogramm zur Kohlenstoffbindung in landwirtschaftlichen Böden an. Dabei wird das zentrale Förderkreditinstitut der Landwirtschaft erstmals mit dem Bundesumweltministerium zusammenarbeiten.

Steinbock möchte durch solche neuen Geschäftsfelder zum einen die Rentenbank modernisieren und zum anderen die Land- und Forstwirtschaft dabei unterstützen, sich an die Anforderungen der Gesellschaft und des Klimaschutzes anzupassen.

Ganz in diesem Sinne hat sich die Rentenbank 2022 erstmals an Risikokapitalfonds beteiligt, um die Finanzierungsmöglichkeiten für AgTech-, FoodTech- und Bioökonomie-Start-ups zu verbessern.

Investitionen der Landwirte dürften 2023 stagnieren

Im ersten Quartal 2023 ist das Förderneugeschäft der Rentenbank im Vergleich zum Vorjahresquartal leicht von 1,9 Mrd. auf 1,7 Mrd. Euro zurückgegangen. Allerdings war das erste Vorjahresquartal außergewöhnlich stark verlaufen. Viele Investoren hatten Finanzierungen vorgezogen, da sie steigende Zinsen erwarteten.

Für 2023 rechnet Steinbock mit weiteren Leitzinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Die Inflationsrate sieht die Rentenbank-Chefin im Jahresdurchschnitt bei 6 Prozent.

Die Investitionsplanung der Landwirte bleibe - insbesondere in der Tierhaltung - durch die unsicheren politischen Perspektiven belastet, sagte Steinbock. Sie rechnet bestenfalls mit stagnierenden Investitionen in Gebäude und Maschinen sowie einem weiteren Wachstum der Kredite für erneuerbare Energien und den Landkauf.

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