Seit einigen Wochen erholt sich der Milchpreis wieder etwas von den Tiefschlägen der letzten Monate. Zwar wäre es wünschenswert, dass die Preise dauerhaft kostendeckend sind, doch müssen sich die Landwirte wohl auf derartige Ausschläge einstellen. Um sich darauf vorzubereiten, sollte über neue oder auch bekannte Formen der Preisabsicherung nachgedacht werden.
Im Rahmen des DBV-Symposiums 'Preisgestaltung in Lieferbeziehungen' in Berlin diskutierten am Donnerstag rund 100 Teilnehmer über marktgerechte Lieferbeziehungen für die Milchbranche. In dem Rahmen erklärte Florian Hildebrand von der H. Jürgen Kiefer GmbH auch Grundlagen zu Festpreisvereinbarungen durch die Nutzung von Terminbörsen bei der Milch.
Nach Angaben Hildebrands wurde in 2016 bis Mitte Oktober ein Volumen von 58.310 Tonnen (t) Butter und Magermilchpulver an der EEX Leipzig gehandelt. Das ist doppelt soviel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres, bewegt sich aber immer noch auf überschaubaren Niveau. Bis zum Ende des Jahres rechnet Hildebrand mit einem Handelsvolumen von rund 80.000 t.
Milchpreis: Absicherung über die EEX
Der Marktexperte zeigte dann auch anhand eines Beispiels den zeitlichen Ablauf eines möglichen Liefervertrages zwischen Landwirt und Molkerei über die EEX:
- 1. November 2016: Molkerei bietet Liefervertrag an; Abschluss des Vertrages zwischen LW und Molkerei über eine definierte Zeitspanne
- 2. November 2016: fixiert werden: Lieferzeitraum, Menge, Zeitraum der Preisfixierung, Preis sowie die Qualität und etwaige Ab-/Zuschläge
- 2. November 2016: Die Molkerei verkauft sofort nach Abschluss des Liefervertrages das entsprechende Kontraktvolumen an der EEX
- im Januar 2017: sukzessive Lieferung und Verarbeitung des Rohstoffes
- 28. Januar 2017: Verkauf des verarbeiteten Produktes und gleichzeitiger Rückkauf der Börsenposition
- Ende Januar 2017: Transfer des vereinbarten Kaufpreises
Hildebrand erklärte in der Folge auch 3 Szenarien für die Gestaltung eines Liefervertrages zwischen Landwirt und Molkerei:
Liefervertrag zwischen Landwirt und Molkerei: Preisfindung Szenario 1
- Die Molkerei bietet einen Preis für einen definierten Zeitraum basierend auf einer internen Kalkulation.
- Die per Liefervertrag zu einem Fixpreis gesicherte Menge an Milch wird durch einen Verkauf der entsprechenden Kontrakte an der Börse abgesichert.
- Um die Absicherung zu gewährleisten, darf der garantierte Auszahlungspreis der Molkerei nur in einem adäquaten Verhältnis zum Börsenkurs stehen.
- Je nach Handelsvolumen muss ein Käufer auf der Gegenseite bereit stehen.
Liefervertrag zwischen Landwirt und Molkerei: Preisfindung Szenario 2
- Molkerei bietet einen Ankaufpreis für einen beliebigen Monat basierend auf dem ife-Wert (Kieler Börsenmilchwert)
- alternativ kontaktiert der Landwirt die Molkerei
- so zeigt der Kieler Börsenmilchwert für Mai und Juni 2017 beispielsweise derzeit einen Wert von 34,6 Cent/kg an
- die Kosten der Absicherung betragen 0,12 Cent/kg
- Initial Margin (im Voraus zu erbringende Sicherheitsleistung zur Abdeckung von Verlustrisiken): 4.050 Euro
- Variation Margin (deckt den täglichen Gewinn- und Verlustausgleich ab): individuell
- Preisangebot der Molkerei: 34 Cent/kg
Liefervertrag zwischen Landwirt und Molkerei: Preisfindung Szenario 3
- Molkerei bietet einen Ankaufspreis (Durchschnittspreis) für einen bestimmten Zeitraum (Quartal, halbes - oder ein ganzes Jahr, max. 18 Monate möglich) und eine bestimmte Menge
- beispielsweise liegt der Durchschnittspreis des Kieler Börsenmilchwerts für den Zeitraum Januar-Dezember 2017 derzeit bei 33,82 Cent/kg
- abzüglich der Kosten für die Absicherung, Verwaltung, Initital - und Variation Margin
- Der Landwirt beteiligt sich mit beispielsweise 15 Prozent seiner Milchmenge an dem beschriebenen Angebot
- Für die restliche Milchmenge gibt es dass von der Molkerei erwirtschaftete Milchgeld
- Zahlt die Molkerei ein geringeres Milchgeld, als der LW durch die Börsenabsicherung generiert, entsteht dem LW für die abgesicherte Milchmenge ein Opportunitätsgewinn.
Weiteres Modell: Prämienkontrakt
- Der Prämienkontrakt erlaubt nach Angaben Hildebrands die Rohstoffabsicherung und die Vermarktung ohne sofortige Festlegung des Preises
- Nur der Bonus oder Malus auf den Börsenpreis (Prämie) wird fixiert
- Eine individuelle Preisgestaltung unabhängig von der Molkerei/ dem Landwirt ist möglich
- Der Börsenpreis +/- die ausgehandelte Prämie ist die individuelle Kalkulationsgrundlage
Das gilt es bei der Kalkulation zu beachten
Für die Kalkulation gab der Marktexperte der H. Jürgen Kiefer GmbH den Besuchern des Symposiums folgendes mit auf den Weg:
- Wer an Warenterminbörsen agiert, darf die Kalkulation nicht außer Acht lassen
- Wareterminbörsen ersetzen die Kalkulation nicht
- Die innerbetriebliche Kostenstruktur muss bekannt sein und um börsenabhängige Preise ergänzt werden
- Die Basis - der Preisabstand zwischen Spot- und Terminmarktpreis - inkl. der saisonalen Volatilität muss bekannt sein
Quelle: Material von Florian Hildebrand/H. Jürgen Kiefer GmbH
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