
Auch mit anderen offiziellen Statistiken – etwa über die größten Agrarbetriebe oder die reichsten Landwirte in Deutschland - sieht es eher mau aus. Außerdem: Anders als in China, Russland oder in den USA, spricht man in Deutschland nicht so gerne über Geld – wenn man denn welches hat. Einen Anhaltspunkts dürften jedoch die sogenannten Agrarholdings liefern.
Hier hat das Statistische Bundesamt erstmals mit der Landwirtschaftszählung 2020 die Strukturen erfasst. Daraus geht dann hervor wie viel Fläche diese Riesenbetriebe wirklich bewirtschaften – und wie groß die einzelnen Holdings wirklich sind. Wie viele Betriebe ihnen aber wirklich gehören, sagt diese Statistik leider nicht.
Dennoch kann man aus der Statistik einiges erfahren: Von den insgesamt 262.800 landwirtschaftlichen Betrieben die die Landwirtschaftszählung 2020 erfasst hat, waren knapp 4 Prozent oder 10.200 juristische Person oder Personengesellschaften. Von dieser Gruppe gehörten wiederum 3.700 Betriebe oder 36 Prozent einer sogenannten Unternehmensgruppe an, sagt Destatis – oder anders gesagt einer Agrarholding.
Diese Holdings bewirtschaften insgesamt eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 1,84 Millionen Hektar. Das sind mehr als 11 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland.
Dabei konzentrieren sich diese Großunternehmen ganz besonders auf den Osten, während ihre Eigentümer oft Milliardäre oder Multimillionäre aus der Industrie und dem Handel sind. Im Osten bewirtschaften sie – je nach Bundesland – zwischen 19 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und 37 Prozent in Thüringen der gesamten Nutzfläche dieser Länder.
Und um diese hohen Flächenanteile noch einmal zu verdeutlichen: Je nach Bundesland haben die Holdings insgesamt zwischen 230.000 Hektar und knapp 300.000 Hektar "unter dem Pflug".
Die reichsten "Bauern" kommen aus Industrie und Handel

Typisch ist dabei: Das Geld mit dem die Holdings zusammengekauft werden, stammt in der Regel aus völlig anderen Quellen als aus Landwirtschaft.
Die Namen der gerne im Verborgenen agierenden Großeigentümer lesen sich beinahe wie das „Who's Who“ der Industrie und des Handels: Die bekannteste deutsche Agrarholding war sicherlich die untergegangene KTG-Agrar mit Siegfried Hofreiter an der Spitze. Das börsennotierte Groß-Unternehmen bewirtschaftete vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zeitweise bis 45.000 Hektar Land. Davon 20.000 Hektar als Eigentum.
Nach der Firmenpleite 2016 der KTG-Agrar übernahm die neu gegründete Deutsche Agrar Holding (DAH) einen Großteil der KTG-Flächen und der Biogasanlagen und bewirtschaftet sie bis heute weiter. Die DAH ist ein Tochterunternehmen der Gustav Zech Stiftung, mit Sitz in Bremen. Dahinter steckt wiederum eine Bau- und Beteiligungsfirma. Auch der Versicherungskonzern MunichRe kaufte aus der Vermögensmasse von KTG Agrar reichlich Land und später auch noch weitere Betriebe.
Große Investoren mit vielen tausend Hektar sind außerdem das Pharma-Unternehmen Merkle, der Remondis-Gründer Rethmann, der Heiztechnik-Hersteller Martin Viessman, sowie Möbelfabrikant und Mischkonzernbesitzer Steinhof. Dazu kommen der Großindustrielle Silvio Dornier, der Einzelhändler Aldi Nord und die Eigentümer des Logistik-Unternehmens Fiege. Um nur einige zu nennen.
Je mehr Land je mehr Geld aus Brüssel

Einen Weg gibt es jedoch, die Eigentümer und Flächen, die hinter den Holdings stecken, ausfindig zu machen – und damit zumindest einen Teil des Geldes das in diese Unternehmen fließt. Das sind die Direktzahlungen, die an alle landwirtschaftlichen Betriebe gehen.
Vor einiger Zeit veröffentlichte die Bundesregierung erstmals eine Übersicht zu den Strukturen großer Agrarholdings in Deutschland und die auf die zahlreichen Tochterunternehmen entfallenden EU-Agrarzahlungen.
Danach ist die DAH Holding mit Hauptsitz im brandenburgischen Oranienburg mit über 36 landwirtschaftliche Tochterunternehmen die größte deutsche Agrar-Holding – oder anders gesagt: Sie verfügt über die meisten Flächen. Im Jahr 2019 flossen rund 5,36 Millionen Euro an EU-Agrarzahlungen aus der ersten Säule an die DAH.
Deutlich dahinter rangiert die in Winsen an der Aller ansässige Lindhorst-Gruppe. Auf ihre 19 Tochterunternehmen entfielen im Jahr 2019 Direktzahlungen im Gesamtumfang von etwa 3,38 Millionen Euro.
Auf immerhin 3,01 Millionen Euro kamen die sieben landwirtschaftlichen Tochterunternehmen der Lukas-Stiftung. Diese Stiftung gehört der Familie Albrecht und sie hält gemeinsam mit zwei weiteren Familienstiftungen 100 % der Anteile an Aldi Nord.
Auf Position vier rangiert die Steinhoff-Gruppe in Westerstede: Sie hat 23 Tochterunternehmen. Diese bekamen rund 3 Millionen Euro aus Brüssel überwiesen. Die EU-Zahlungen an die 19 Töchter der Baltic Agrar mit Sitz im schleswig-holsteinischen Fleckeby beliefen sich immerhin auf rund 2,2 Millionen Euro.
Im Übrigen kassieren auch die Südzucker AG rund 1,8 Millionen Euro Direktzahlungen und der Energikonzern RWE bekam immerhin 330.000 Euro Dirktzahlungen. Fpür die übrigen Holdings hat die Bundesregierung in der oben genannten Anfrage leider keine Zahlen genannt – oder wegen der oftmals zahlreichen dazu gehörenden Agrarbetriebe keine Übersicht zusammentragen können. Wenig Geld dürfte jedenfalls an "diese Bauern" auch nicht geflossen sein.
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