
Das Rubelzahlungssystem von Präsident Wladimir Putin für Erdgas ist der Prototyp, den Russland wohl auch auf andere wichtige Exporte ausdehnen wird, sagen Analysten. Hintergrund sind die Sanktionen und das Einfrieren russischer Vermögenswerte, sagte der Kreml. Russlands Wirtschaft steht nach Einschätzung der meisten Ökonomen vor der schwersten Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991.
Die Vereinigten Staaten und Europa haben wegen der Invasion in der Ukraine am 24. Februar massive Sanktionen verhängt. Russlands Reaktion war bisher eine Anordnung vom 23. März, russische Gasexporte in Rubel zu bezahlen, jedoch erlaubt das System den Käufern, eigentlich in der vertraglich vereinbarten Währung zu zahlen, die dann von der Gazprombank in Rubel umgetauscht wird. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte jedoch im russischen Fernsehen: „Es ist der Prototyp des Systems. Ich habe keinen Zweifel, dass es auf andere Warengruppen ausgedehnt wird“.
Die Europäische Kommission sagte am Freitag, dass diejenigen mit Verträgen, die eine Zahlung in Euro oder Dollar vereinbart haben, sich weiter daran halten sollten. „Vereinbarte Verträge müssen respektiert werden. Unternehmen mit solchen Verträgen sollten russischen Forderungen nicht nachgeben“, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission.“
Gaszahlungen erst Ende April fällig – in Rubel
Am vorigen Donnerstag verfügte Moskau, dass ausländische Käufer von russischem Gas ab Freitag Rubelkonten bei der staatlichen Gazprombank eröffnen müssen. Analysten betrachten Putins Forderung im Allgemeinen als Versuch, Sanktionen zu untergraben und die Währung zu stärken. Der Kreml sagte jedoch am Freitag, er werde die Gashähne nach Europa nicht sofort abdrehen. Die Zahlungen für Lieferungen, die nach dem 1. April fällig sind, erfolgen üblicherweise in der zweiten Hälfte dieses Monats und im Mai.
Der Rubel hat sich zuletzt wieder auf ein Niveau erholt, das er in den Tagen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine erreicht hatte. Die dramatische Erholung – der Wert der Währung hatte sich nach der Invasion vom 24. Februar fast halbiert – ist zum Teil auf eine echte Verbesserung der russischen Finanzen zurückzuführen, da die Einnahmen aus dem Energieexport steigen und die Importe schrumpfen, sagen Analysten.
Finanzexperten warnen jedoch davor, diese Erholung als Beleg dafür zu nehmen, dass Russlands von Sanktionen heimgesuchte Wirtschaft sich wirklich erholt. „Die Rubelerholung sollte nicht als Markteinschätzung der mittel- bis längerfristigen Aussichten für Russland verstanden werden“, sagte Ulrich Leuchtmann, Analyst bei der Commerzbank, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Medwedew: Rubelzahlungen auf Agrarprodukte ausweiten
Dmitri Medwedew, der von 2008 bis 2012 selbst russischer Präsident war und jetzt stellvertretender Sekretär des Sicherheitsrates ist, sagte am Freitag, dass Russland, angesichts der gegen Moskau verhängten westlichen Sanktionen die Lieferungen landwirtschaftlicher Produkte nur auf „befreundete“ Länder beschränken könnte. Medwedew sagte weiter: „Wir werden nur unsere Freunde mit Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produkten beliefern“.
Russland liefert Weizen bereits hauptsächlich nach Afrika und in den Nahen Osten. Die Europäische Union und die Ukraine sind seine Hauptkonkurrenten im Weizenhandel. Die Priorität bei der Lebensmittelversorgung sei Russlands Inlandsmarkt und die Preiskontrolle darin, sagte Medwedew. Russland nutzt seit 2021 Getreideexportquoten und -steuern, um zu versuchen, die hohe inländische Lebensmittelinflation zu stabilisieren.
Landwirtschaftliche Lieferungen an „Freunde“ werden sowohl in Rubel als auch in ihrer Landeswährung im vereinbarten Verhältnis erfolgen, sagte Medwedew. Die Zahlungswährung kann bereits in jedem Getreideexportvertrag je nach den Bedürfnissen von Käufern und Verkäufern variieren. Medwedews Bemerkung kommt jedoch nach Russlands jüngster Forderung an ausländische Käufer, russisches Gas in Rubel zu bezahlen.
Russland hat 2014 die meisten Lebensmittelimporte aus dem Westen verboten, als es die Krim von der Ukraine annektierte, aber die Liste könnte jetzt weiter ausgebaut werden, fügte Medwedew hinzu. Mittlerweile kann sich Russland bei vielen der damals sanktionierten Produkte wie etwa Milch, Geflügel und Schweinefleisch selbst versorgen und exportiert sogar.
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