
Den Bauern steht das Wasser bis zum Hals: Die Kostenexplosion bei Energie, Dünger, Futter, Bauten, Maschinen und bei allen Verbrauchsmaterialen und Rohstoffen, verteuert die landwirtschaftliche Produktion im Rekordtempo. Bereits im ersten Quartal 2021 waren die Kosten für die landwirtschaftliche Produktion auf ein neues Allzeithoch gestiegen. Soll heißen: So viel Geld mussten die Landwirte noch nie zuvor ausgeben, um die landwirtschaftliche Produktion überhaupt am Laufen zu halten.
An Investitionen ist kaum noch zu denken, denn die Schuldenlast wächst im Rekordtempo. Dabei spielte es fast keine Rolle, ob man Ackerbauer oder Tierhalter ist: Fast sämtliche Kostenarten kletterten auf neue Rekordwerte. Nun zeigt die aktuelle Erhebung des Statischen Bundesamtes (Destatis) über die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte (das sind die Verkaufspreise der Unternehmen), dass diese im November so stark gestiegen sind wie seit 70 Jahren nicht mehr.
Das heißt auch: Die Kostenlawine überrollt die Bauern zu und lässt von den Erlösen immer weniger übrig. Viele Landwirten dürfte das tief in die roten Zahlen drücken. Das zeigt auch die aktuelle Auswertung der Landwirtschaftskammern über die schwierige wirtschaftliche Situation der Haupterwerbsbetriebe. Besonders hart getroffen von der Kostenexplosion sind derzeit die Schweinehalter. Deren derzeitige wirtschaftliche Situation ist katastrophal. Hier reichen die Erlöse nicht einmal zur Deckung der laufenden betrieblichen Aufwendungen.
Bei den Milchbauern verbessert sich die Lage auf der Einnahmeseite ganz langsam – doch zufriedenstellend sind die Milchpreise noch lange nicht. Aber auch Ackerbauen müssen für Dünger, Treibstoff, Pflanzenschutz, Energie und neue Landmaschinen Rekordpreise zahlen - so dass von den hohen Getreidepreisen nicht viel übrig bleibt – oder anders gesagt: Die Kosten fressen die Erlöse.
Betriebsmittel immer teurer – Preise auf neuem Allzeithoch

Fast alle Betriebsmittel sind von der starken Teuerung betroffen: An erster Stelle zu nennen sind jedoch Treibstoffe, wie Diesel und Benzin. Hinzu kommen die übrigen Energie-Produkte, wie Heizöl, Erdgas und auch Strom. Ebenfalls stark verteuert haben sich Futtermittel und natürlich Dünger, aber auch für Saat- und Pflanzgut und für Pflanzenschutz mussten die Bauern deutlich mehr auf den Tisch blättern. In allen Kategorien sind die Kosten für Landwirte weiter steil nach oben gegangen.
Danach kosteten landwirtschaftliche Betriebsmittel die Bauern im Oktober 13,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor und waren außerdem so teuer wie noch nie zuvor. Die Gründe für den starken Preisanstieg liegen auf der Hand: Hohe Energiepreise, weiterhin nicht funktionierende Lieferketten, ein riesiger Rückstau beim Schiffstransport, extrem knappe und teure Container– sowie weitere Verzögerungen bei der Verladung und beim Transport von Rohstoffen und Produkten infolge anhaltender Corona-Restriktionen.
Hinzu kommt: Der weltweit starke Anstieg der Energie- und Treibstoffpreise und in Deutschland außerdem auch die rekordhohen und immer weiter steigenden Stromkosten. Einen zusätzlichen Schub erhielt die Teuerung in Deutschland außerdem durch die CO2-Steuer. Sie verteuert nicht nur alle fossilen Energieträge sondern in indirekt auch die Produktion aller möglichen Produkte (wie etwa Dünger).
Auf der anderen Seite fährt die Wirtschaft in vielen Ländern die Produktion wieder hoch und braucht nun dringend Rohstoffe und Vorprodukte. Das Resultat ist: Eine anziehende Nachfrage trifft auf eine ausgesprochen knappes Angebot – und diese Konstellation zeigen die explodierenden Preise.
Teuerung so schlimm wie seit 70 Jahren nicht

Leider keine guten Aussichten für die Landwirte, was die weitere Kostenentwicklung angeht. Vergleicht man die wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft mit der anhaltenden Preisexplosion bei den gewerblichen Produkten, wird eines klar: Das ist für viele Landwirte wirtschaftlich ein extrem hartes Jahr.
Bei vielen Betrieben dürfte es sogar um die Existenz gehen. Das werden auch die im Rahmen der Viehzählung sichtbaren Betriebsaufgaben – in der Schweinhaltung und bei Milch – deutlich zeigen. Und trotz hoher Preise für die meisten Agrarprodukte (außer Schweinefleisch und Milch), bleibt bei den Landwirten nur sehr wenig im Portemonnaie.
An neue Investitionen in Bauten und Maschinen – wo die Kosten ebenfalls zweistellig steigen, ist kaum noch zu denken. Die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte waren im November 2021 ingesamt um 19,2 Prozent höher als im November 2020.
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, war dies der höchste Anstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit 1951, also seit 70 Jahren. Die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte – das sind die Verkaufspreise der Unternehmen - gelten in der Wirtschaft (und in der Landwirtschaft) als wichtigster Frühindikator für die weitere Preis- und Kostenentwicklung und für die Inflation.
Kostentreiber: Energie, Treibstoff, Heizöl, Dünger, Chemie

Greift man die Kostentwicklung einiger wichtige Produktgruppen heraus, wird deutlich was auf die Landwirte zukommt – bzw. womit sie aktuell schon konfrontiert sind: So waren die Preise der sogenannten Vorleistungsgüterproduzenten im November 19,1Prozent höher als im vorigen Jahr. Kraftstoffe kosten 44,1 Prozent mehr – der Preisanstieg für Diesel liegt bei 46,7 Prozent und für Heizöl bei 105,8 Prozent.
Interessant ein Blick auf die Abgabepreise für Lebensmittel: Diese liegen im gewerblichen Bereich 4,7 Prozent über dem Vorjahr und einige Produkte wie Schweinefleisch oder verarbeitetes Fleisch waren sogar billiger. Deutlich teurer sind vor allem Rindfleisch, pflanzliche Öle- und Milchfett und Mühlenprodukte und Mehl. Aber auch für andere Milchprodukte steigen die Preise mittlerweile deutlich. Auf der anderen Seite sind auch die Abgabenpreise für Futtermittel 25 Prozent höher als im Jahr zuvor.
Deutlich teuer geworden sind auch chemische Grundstoffe und sonstige organische Grundstoffe und Chemikalien – die auch zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und anderen landwirtschaftlichen Produkten benötigt werden. Hier legt der Preisaufschlag laut Destatis bei den gewerblichen Produkten zwischen 25 % und 31 Prozent.
Mit am stärksten verteuert haben sich im Großhandel auch die Preise für stickstoffhaltige Düngermittel: Nämlich um 43 Prozent. Viele der wichtigen chemischen Grundstoffe kommen offenbar aus China und hier sind die Lieferketten noch lange nicht wieder intakt. Im Gegenteil: Verstopfte Häfen, Containermangel und horrende Transportkosten treiben die Kosten weiter nach oben.
Kosten für Maschinen und Bauten nicht zu stoppen

Weiter verteuert haben sich auch die wichtigsten Investitionsgüter wie Maschinen, Anlagen und landwirtschaftliche Bauten. So waren etwa Zugmaschinen und Erntemaschinen im im November 5,0 Prozent teurer als im Jahr zuvor, bei den sonstigen landwirtschaftlichen Fahrzeugen lag der Preisaufschlag sogar bei knapp 8 Prozent.
Damit liegt die Teuerung bei den landwirtschaftlichen Maschinen deutlich über dem Kostenanstieg bei den gewerblichen Arbeitsmaschinen – mit 3,3 Prozent. Noch viel stärker als bei Maschinen ist die Teuerung als bei Bauten und Baumaterial. Ähnlich wie bei Maschinen hatten die Kosten ein neues Allzeithoch erreicht. Im Oktober waren landwirtschaftliche Bauten sage und schreibe 13,3 Prozent teurer als im Jahr zuvor. Wer soll da noch in neue Tierwohlställe oder auch andere neue Bauten – etwa für d Gülle investieren.
Die gewerblichen Preisdaten zeigen jedoch: Es ging auch in diesem Bereich weiter steil nach oben. So sind die Abgabepreise für Erzeugnisse aus Beton, Zement und auch für Kalk für den Bau im gewerblichen Bereich 19,4 Prozent höher als im Jahr zuvor. Platten, Folien und Profile aus Kunststoff haben einen Preissprung von 19,5 Prozent gemacht und Metallwaren für den Bau sind im Preis sind bis zu 60 Prozent gestiegen. Besonders hoch ist der Preisaufrieb auch bei allen Holzerzeugnissen für den Bau.
Während Bauern und Waldbesitzer hier allmählich auch in den Genuss höherer Preise kommen – sind die gewerblichen Kosten für Nadelschnittholz 174 Prozent höher als im Jahr zuvor und Verpackungsmittel und Paletten aus Holz kosten 182 Prozent mehr.
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