Der Euro fiel am Montag zum zweiten Mal in diesem Jahr unter die Parität zum US-Dollar. Auslöser ist nach Analystenmeinung weiter steigende Inflation, die durch die explodierenden Gaspreise und Strompreise kräftig angeheizt wird. Im Winter befürchten viele Ökonomen eine schwere Energiekrise mit massiven Folgen für Wirtschaft – und Landwirtschaft.
Der erneute Einbruch des Euro kommt Tage, nachdem der russische staatliche Energiekonzern Gazprom angekündigt hat, die Erdgaslieferungen nach Westeuropa erneut für drei Tage wegen Wartungsarbeiten einzustellen. Das dürfte den Plan der Europäer, ihre Gasreserven aufzufüllen, durchkreuzen. Gleichzeitig ist der Wert des US-Dollars seit Jahresbeginn um knapp 13 % gestiegen.
Ökonomen sind sich einig, dass die Bemühungen der amerikanischen Notenbank (Federal Reserve), die Zinssätze stark anzuheben, den Dollar weiter stärken werden und dazu beitragen, die Inflation in den USA einzudämmen. Der JPMorgan-Analyst Mislav Matejka sagte, während die US-Inflation Anzeichen einer Abkühlung durch fallende Rohstoffpreise gezeigt habe, werde die Fed die Zinsen bei ihrer bevorstehenden Sitzung Ende September dennoch um 75 Basispunkte anheben.
Das würde die dritte Zinserhöhung in Folge sein und es würde den effektiven Leitzins der Fed zum ersten Mal seit Anfang 2008 auf über 3 % bringen und damit das Hoch von 2,5 % aus dem Jahr 2019 in den Schatten stellen. Davon ist die EZB meilenweit entfernt.
Inflation auf Allzeithoch und Rezession im Herbst
Letzten Monat kündigte die Europäische Zentralbank eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte an – die erste seit 11 Jahren – um der steigenden Inflation entgegenzuwirken. Diese liegt in der Eurozone bei 8,9 %, ein Allzeithoch für den Block von 19 Ländern, die den Euro verwenden.
Inmitten einer hohen Inflation hat die Eurozone weiterhin mit der Unsicherheit in Bezug auf die Versorgung mit Erdgas aus Russland zu kämpfen, das sowohl für ihre Industrien als auch als Mittel zur Stromerzeugung für die Region von entscheidender Bedeutung ist. Im vergangenen Monat hat die Europäische Union zugestimmt, den Gasverbrauch bis März 2023, um bis zu 15 % zu senken, um die derzeitige Versorgungskrise zu überwinden. Nach EU-Angaben sind die derzeitigen Gasreserven der EU zu 77 % gefüllt – immer noch unter ihrem Ziel von 85 %.
Die Angst vor einer Rezession hat in den letzten Wochen aufgrund der zunehmenden Unsicherheit über die Energieversorgung der EU zugenommen, wobei Russland droht, die Gasflüsse nach Deutschland und in den weiteren Kontinent weiter zu reduzieren. Für Landwirte und Lebensmittelindustrie wären die Auswirkungen der steigenden Inflation und der hohen Energiepreise sowohl für die Produktion als auch für den Absatz ihrer Produkte dramatisch.
Wird der Euro weiter fallen? – EZB macht zu wenig
Wird der Euro weiter fallen? Nicht wenige Ökonomen erwarten das. Analysten sagen, dass der Euro schwach bleiben wird, bis sich die Wirtschaftsaussichten wieder verbessern. Und das ist nicht zu erkennen. Selbst wenn die EZB die Zinsen weiter erhöht, sind die Zinsen in den USA deutlich höher, was auch Investoren und Geld in die Vereinigten Staaten lockt.
Der Euro dürfte außerdem durch Staaten geschwächt werden (Italien, Griechenland, ....), bei denen die Kreditkosten stärker steigen als bei den wirtschaftlich und finanziell stärkeren Ländern. Analysten erwarten zudem, dass der schwache Euro die bereits rekordhohe Inflation weiter in die Höhe treibt (teure Importe) und das Risiko erhöht, dass sich das Preiswachstum auf sehr hohem Niveau verfestigt.
Ein Kampf gegen die 20-Jahres-Tiefststände des Euro würde deutlich schnellere Zinserhöhungen erfordern, sagen Bank-Analysten, was die Misere für eine Wirtschaft, die bereits einer Rezession gegenübersteht, noch verstärken könnte. Von der EZB zitierte Studien deuten darauf hin, dass eine Abwertung des Wechselkurses um 1 % die Inflation über ein Jahr um 0,1 % und über drei Jahre um bis zu 0,25 % erhöht.
Um den Euro zu stützen, könnte die EZB eine aggressivere Straffung signalisieren, darunter eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte im September und weitere Schritte im Oktober und Dezember. Analysten halten eine restriktivere Haltung angesichts der sich verschlechternden Wachstumsaussichten aber für sehr unwahrscheinlich. Das heißt auch: Eine Rezession steht in Deutschland und Europa unmittelbar bevor.
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