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Energiewende und Flächenverbrauch

Solarboom kostet viel Ackerland - der hohe Preis der Energiewende

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am Montag, 28.08.2023 - 11:53 (27 Kommentare)

Landwirte können da nicht mithalten. Immer mehr Ackerland geht an Investoren oder neuerdings auch an Solarfirmen. Diese kaufen Land oder bieten Pachtpreise, die sich mit Landwirtschaft nicht erwirtschaften lassen. Das treibt auch die Bodenpreise nach oben. Und der Flächenverlust als Folge der Energiewende dürfte sich noch beschleunigen.

Der Ausbau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) hat bereits in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. So ist die gesamte installierte Leistung im letzten Jahr um etwa 6.000 Megawatt auf 66.498 Megawatt angestiegen, berichtet die Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) in einer Studie. 

Die Ausbaumenge der Solarenergie soll nun mittels der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) noch deutlich gesteigert werden. Ende 2021 betrug die Gesamtfläche von PV-FFA in Deutschland zirka 32.000 Hektar, wobei 9.600 Hektar auf Ackerflächen und 1.000 Hektar auf Grünland entfielen, sagen die KNE-Experten. 

Das hört sich wenig an, doch der Wettbewerb um die knappen Flächen ist groß und nimmt immer weiter zu.

Energiefirmen pachten große Flächen

Solarpark.

Nichtlandwirtschaftliche Investoren und Solarfirmen treiben die Pachtpreise und indirekt auch die Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen steil nach oben. Landwirte ziehen den oft den Kürzeren. 

So bietet beispielsweise auch der Energieversorger EnBW für Flächen in Ostdeutschland, um dort Tausende Solarpanele zu errichten. Thorsten Jörs ist Projektleiter bei EnBW und leitet dort die Photovoltaik-Sparte des Unternehmens. Er ist dafür zuständig, den Bedarf an weiteren Solarflächen zu decken: „Aus meiner Sicht stehen wir tatsächlich an einem Beginn eines neuen Solarbooms. In den nächsten Jahren wollen wir den Solarzubau verdreifachen,“ sagt er gegenüber tageschau.de. 

Das heißt konkret: Zehn bis 15 Solarparks will das Unternehmen pro Jahr realisieren. 

Die Bundesregierung will bis 2030 auf einer Fläche fast so groß wie Berlin Freiflächenanlagen installieren. Das Kohleland Brandenburg, Vorreiter auch bei den erneuerbaren Energien, will bis dahin mehr als dreimal mehr Solarenergie erzeugen.

Landwirte können nicht mitbieten

Solar.

Damit ENBW und andere Stromunternehmen ihre Ziele umsetzten können, brauchen sie natürlich Flächen – die in der Regel (noch) landwirtschaftlich bewirtschaftet werden. Ackerland, auf dem ein Solarpark entsteht, ist auf einmal ein Vielfaches wert. 

Und den hohen Preisangeboten der Strombetreiber können Landverpächter und auch Landwirte oft nicht widerstehen. Besonders die großen Flächen im Osten haben es ihnen angetan. Diese Flächen gehen der Landwirtschaft und der Nahrungsproduktion jedoch für lange Zeit verloren. 

Das ZDF-Magazin Frontal berichtete vor kurzem über die Gemeinde Märkische Heide im Spreewald. Normalerweise zahlen Landwirte dort für einen Hektar Ackerland rund 150 Euro Pacht im Jahr. Dann hat ein Investor einige Hektar Ackerland in der Gemeinde ersteigert für ungefähr das Dreifache des Schätzwertes. 

Die Landwirte vor Ort können diese Preise nicht erwirtschaften. Jedenfalls nicht mit Landwirtschaft. Nun will das Unternehmen die Flächen an einen Solar-Investor verpachten, sagt das ZDF. Und dort sind die gezahlten Pachtpreise noch wesentlich höher.

Pachtpreise jenseits von gut und böse

„Ob Acker, Weideland oder Wald – Ihr Grundstück könnte ein wichtiger Baustein der Energiewende sein. Die Verpachtung von Flächen für Wind- und Solarenergie ist risikoarm und prinzipiell in ganz Deutschland möglich“, wirbt auch die UKA-Gruppe (Umweltgerechte Kraftanlagen) um landwirtschaftliche Fläche für den Solarausbau. 

Reinhard Jung vom Verband Freie Bauern Deutschland sieht diese Entwicklung sehr kritisch. Gegenüber ZDF Frontal sagt er, dass Bauern mit ihrer landwirtschaftlichen Produktion gegen 4.000 Euro oder 5.000 Euro keine Chance hätten.

 Auch Silvia Bender, Staatssekretärin beim Landwirtschaftsministerium in Berlin, beobachtet den aktuellen Trend: „Agrarfremde Investoren drängen sich in den Bodenmarkt und machen den Bauern zunehmend das Leben schwer“, sagt sie auf tageschau.de. Sie befürchtet,dass landwirtschaftliche Betriebe zunehmend von Solarpanels verdrängt werden könnten.

 Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) will diese Entwicklung nun durch ein neues Gesetz verhindern. Ein Agrarstrukturgesetz soll Bauern vor Ort beim Landkauf bevorzugen und Preise deckeln.

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