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+++ Aktualisiert: 16:45 Uhr +++

Wurden Bauern bei ihrer Genossenschaft um Getreide betrogen?

Weizen Getreide Ernte
am Donnerstag, 19.08.2021 - 07:30 (1 Kommentar)

Gegen Mitarbeiter einer Genossenschaft in Niedersachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Verdacht: Unterschlagung. Angeliefertes Getreide soll falsch abgerechnet worden sein.

Wie die Staatsanwaltschaft Stendal gegenüber agrarheute bestätigte, laufen derzeit Ermittlungen gegen Beschäftigte der Genossenschaft VR Plus Altmark-Wendland in Lüchow. Sie stehen im Verdacht, Landwirte bei der Getreideerfassung übervorteilt zu haben. Offenbar wurden geringere Erntemengen abgerechnet, als in die Gosse liefen.

Nach eigenen Angaben ermittelt die Staatsanwaltschaft derzeit gegen vier Personen, darunter drei Mitarbeiter des Unternehmens und eine externe Person. „Ob weitere Personen hinzukommen, werden die weiteren Ermittlungen ergeben“, erläuterte eine Pressesprecherin der Justiz in Sachsen-Anhalt.

Nach den Worten von Grit Worsch, der Vorstandsvorsitzenden der Genossenschaft, beschränken sich die Verdachtsmomente ausschließlich auf den Bereich Fuhrpark in Osterburg in Sachsen-Anhalt. „Die lückenlose Aufklärung der Anschuldigungen gegen Mitarbeitende aus dem Bereich Fuhrpark in Osterburg wird in unserem Haus mit höchster Priorität vorangetrieben“, teilte Worsch auf Anfrage mit.

Genossenschaft VR Plus wurde selbst geschädigt

Laut einem Bericht der „tageszeitung“ (taz) soll die Unterschlagung etwa zwei bis drei Jahre lang in Gang gewesen sein, ehe im November 2020 eine Anzeige erstattet wurde. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft liegt inzwischen auch eine Strafanzeige der VR Plus Altmark-Wendland eG vor, die selbst geschädigt worden sei. Die Verdächtigen sollen das von den Landwirten unterschlagene Getreide nämlich vom Betriebsgelände des Handelsunternehmens entwendet haben, so die VR Plus.

Wie die Genossenschaftsbank auf Anfrage von agrarheute weiter mitteilte, erfuhr das Unternehmen selbst allerdings erst Mitte Juni 2021 von den Vorwürfen. Zu diesem Zeitpunkt berichteten Kunden dem Landhändler, von den Behörden befragt worden zu sein. Anfang Juli erhielt die Bank – nach eigener Darstellung ebenfalls aus Kundenkreisen – konkretere Informationen. Darauf hin habe die VR Plus Anwälte eingeschaltet, unverzüglich eigene Untersuchungen gestartet und sei auf die Behörden zugegangen.

Die betroffenen Mitarbeiter seien daraufhin Mitte Juli unverzüglich freigestellt worden. Ein Zugangsverbot zu den Wirtschaftsbereichen des Hauses sei ausgesprochen worden.

Höhe des Schadens ist noch offen

Offen ist die Höhe des Schadens, der den betroffenen Landwirten entstanden ist. „Die Höhe des Schadens ist noch Gegenstand der Ermittlungen“, so die Justizsprecherin. Eine – auch nur geschätzte Höhe – könne noch nicht angegeben werden. Die VR Plus gab an, es könnten „bis zu zehn Landwirte geschädigt worden sein.“ Eine technische Manipulation des Wiegesystems könne zum aktuellen Zeitpunkt aber "so gut wie ausgeschlossen werden".

Die VR Plus Altmark-Wendland wurde 1917 gegründet. Sie operiert in den Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Die Genossenschaftsbank mit Landhandel verfügt über 95 Geschäftsstellen und zählte im vergangenen Jahr 13.285 Mitglieder.

Genossenschaftsbank will die Ermittlungen unterstützen

Die Genossenschaft wies darauf hin, für die Mitarbeiter, gegen die nun ermittelt wird, habe das Prinzip der Unschuldsvermutung selbstverständlich Bestand. Weiteres sollten die Ermittlungen ergeben. Interne Untersuchungen der Bank sollen die Arbeiten der Ermittlungsbehörden bestmöglich unterstützen.

„Um die Interessen unserer Mitglieder und der Bank zu wahren und Schaden abzuwenden, behalten wir uns für die Zukunft rechtliche Schritte vor. Denn nach dem aktuellen Ermittlungsstand könnte die VR-Plus zu den am stärksten Geschädigten gehören“, teilte die Genossenschaft mit.

Als unmittelbare Sofortmaßnahme seien außerdem versierte Prüfer eines weiteren genossenschaftlichen Prüfungsverbandes und Fuhrparkspezialisten beauftragt worden, um die Arbeitsprozesse rund um die Getreideerfassung und -vermarktung zu überprüfen und zu optimieren.

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