Michael Erbmann, 31, fühlte sich wie ein echter Glückpilz, als er zusammen mit seinem Vater das Notariat verließ. Soeben hatte ihm sein Vater einen Acker zum Eigentum überschrieben, den dieser vor 30 Jahren von Michaels Großvater geerbt hatte. Der Großvater hatte damals die Bewirtschaftung des kleinen Bauernhofes bereits aufgegeben, seither ist der Acker an einen verwandten Landwirt verpachtet.
Mit Grundverkauf das Eigenheim finanzieren
Für Michael, dessen Name hier geändert ist, kommt die Schenkung wie gerufen, denn er möchte für seine Familie ein Eigenheim bauen. Der Verkauf des Ackers würde ihm 390 000 € einbringen und helfen, die Finanzierung des Hauses möglich zu machen. Schenkungsteuer ist für das Grundstück nicht angefallen, da bei Schenkungen von Eltern an Kinder ein Freibetrag von 400 000 € gewährt wird. Worauf also noch warten?
Baulandverkauf steuerpflichtig
Leider ist die Schenkungsteuer nicht das einzige Problem für Michael Erbmann. Beim Verkauf des Ackers droht Michael noch ein weiterer Steuerhammer, von dem der Beschenkte noch nie etwas gehört hat: die Bodengewinnsteuer. Denn der schon seit Großvaters Zeiten verpachtete Acker stellt aus Sicht des Finanzamts noch immer sogenanntes landwirtschaftliches Betriebsvermögen dar, für das zum Stichtag 1. Juli 1970 von der Finanzverwaltung ein pauschaler Buchwert festgelegt wurde, der bis heute unverändert ist. Alle Verkaufserlöse, die über diesen Buchwert von 1970 hinausgehen, müssen als Veräußerungsgewinn bei der Einkommensteuer erklärt werden.
Ruhender Hof ist weiter ein Betrieb
Michael Erdmann ist kein Einzelfall. Landwirtschaftliche Resthöfe und verpachtete Flächen stellen eine latente Steuerfalle dar, über die sich die Besitzer oft nicht im Klaren sind. Der ehemalige Betriebsinhaber ist schon lange verstorben und seine Erben gehen davon aus, dass sich der Resthof und die vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen in ihrem Privatvermögen befinden. Das dachte auch Michaels Vater, der die Pachteinnahmen in der Steuererklärung immer als Einkünfte aus der privaten Vermietung und Verpachtung von Grundstücken erklärte. Das Finanzamt hatte das anstandslos akzeptiert und die ganzen Jahre nicht nach den Hintergründen dieses Sachverhalts gefragt.
Probleme tauchen erst beim Verkauf auf
Probleme tauchen erst dann auf, wenn die Pachtflächen verkauft werden. Dann schaut das Finanzamt plötzlich genauer hin und verweigert die Einstufung als Privatvermögen. Die Steuerbeamten argumentieren unbeirrbar, dass die vorhandenen Flächen noch immer Betriebsvermögen eines früheren land- und forstwirtschaftlichen Betriebes seien und eine Veräußerung damit steuerpflichtig wird. Auch leer stehende, früher land- und forstwirtschaftlich genutzte Wirtschaftsgebäude verlieren mit einer Betriebseinstellung nicht ihre land- und forstwirtschaftliche Zweckbestimmung; dies ist erst bei einer geänderten Nutzung der Fall.
Verpachtung ist keine Privatisierung
Die Rechtslage, auf die sich die Finanzämter regelmäßig berufen, ist in Verkaufsfällen klar und wurde bereits mehrfach von diversen Finanzgerichten bestätigt. Bereits 1987 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass keine Betriebsaufgabe vorliegt, wenn der Landwirt die Selbstbewirtschaftung der eigenen Nutzflächen aufgibt und sie an andere Landwirte verpachtet, das lebende und tote Inventar verkauft, aber die Hofgebäude erhalten bleiben. Der Betrieb besteht dann als sogenannter Verpachtungsbetrieb fort mit der Folge, dass alle Wirtschaftsgüter (einschließlich der verpachteten) Betriebsvermögen bleiben.
Extra Aufgabeerklärung erforderlich
Soll ein Betieb auch im steuerlichen Sinne dauerhaft aufgegeben und ins Privatvermögen überführt werden, muss dies deshalb dem Finanzamt unmissverständlich mitgeteilt werden. Eine solche Aufgabeerklärung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Allerdings muss sie erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass infolge der Aufgabe die stillen Reserven versteuert werden müssen.
Da eine solche Aufgabeerklärung weder vom Großvater noch vom Vater Michael Erbmanns abgegeben wurde, muss nun er den Gewinn aus der Veräußerung des Ackers versteuern. Als Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungspreis und dem Buchwert der verkauften Fläche anzusetzen. Die Ermittlung des Buchwertes erfolgt nach § 55 Einkommensteuergesetz. Dabei gilt für den Grund und Boden, der am 1. Juli 1970 (Einführung der Bodengewinnbesteuerung) bereits zum Anlagevermögen gehört hat, als Anschaffungskosten das Zweifache des Ausgangsbetrages. Der Ausgangsbetrag ist das Vierfache der im Liegenschaftskataster ausgewiesenen Ertragsmesszahl.
Buchwert viel niedriger als der Marktwert
Für den Acker von Michael Erbmann beträgt die Ertragsmesszahl der veräußerten Fläche 2400 DM. Der Buchwert ist das 8-Fache davon, also 19 200 DM. Umgerechnet auf Euro beträgt der Buchwert also 9816 €. Vom Veräußerungspreis in Höhe von 390 000 € kann also nur ein Buchwert von 9816 € in Abzug gebracht werden. Daraus ergibt sich ein Veräußerungsgewinn von 380 184 €, der als Einkommen versteuert werden muss.
Das Wirtschaftsjahr umfasst bei Land- und Forstwirten den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni. Der Gewinn ist auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr beginnt, und auf das Kalenderjahr, in dem das Wirtschaftsjahr endet, zeitanteilig aufzuteilen. Das gilt auch für Verkaufsgewinne einzelner Wirtschaftsgüter. Wird der Verkaufsgewinn im Wirtschaftsjahr 2022/2023 erzielt, dann ist er je zur Hälfte in den Kalenderjahren 2022 und 2023 mit jeweils 190 092 € als Einkommen zu versteuern.
Da bei derart hohen Einkünften der Höchststeuersatz von 42 % fällig wird, muss Michael Erbmann nahezu die Hälfte des Verkaufserlöses als Einkommensteuer an den Fiskus abführen. Nur den verbliebenen Rest kann er für die Finanzierung des Wohnhauses einplanen.
Nachweispflicht beim Steuerzahler
Steuerfrei ist ein Verkauf oder eine Übertragung nach Ansicht des Fiskus nur dann, wenn der Erbe nachweisen kann, dass die Flächen sich im Privatvermögen befinden und seit der Anschaffung der Flächen die gesetzlich definierte Spekulationsfrist für privaten Grundbesitz von zehn Jahren verstrichen ist. Doch gerade dieser Nachweis stellt viele Steuerzahler der Erbengeneration vor oft unlösbare Probleme.
Fazit: Wer landwirtschaftliche Nutzflächen erbt, sollte vor einem geplanten Verkauf die steuerliche Situation vorab klären, um böse Überraschungen in Form von Steuer- und Zinsforderungen des Fiskus zu vermeiden. Alte Betriebsunterlagen wie Jahresabschlüsse, Grund- und Bodenverzeichnisse, Kaufverträge, alte Steuererklärungen und -bescheide sollten in jedem Fall dauerhaft aufbewahrt werden.
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