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Für bedenklich hält der frühere langjährige Parlamentarische Staatssekretär vom Bundeslandwirtschaftsministerium und derzeitige Vorstandsprecher des Mitteldeutschen Genossenschaftsverbandes (MGV), Dr. Gerald Thalheim, das wachsende Engagement von Investoren in der ostdeutschen Landwirtschaft. Während die größeren Strukturen in der Landwirtschaft der neuen Länder historisch bedingt und "im Prinzip nicht kritikwürdig" seien, halte er eine Tendenz für problematisch, bei der Anteilseigner aus den Unternehmen gedrängt würden und sich das Bodeneigentum in immer weniger Händen konzentriere, sagte der frühere SPD-Politiker Ende letzter Woche bei einer Anhörung im Brandenburger Landtag.
Keine rechtliche Handhabe gegen Investoren in ostdeutsche Landwirtschaft
Thalheim machte deutlich, er sehe kaum rechtliche Möglichkeiten, dem entgegenzusteuern. Das Grundstückverkehrsgesetz sei ein "stumpfes Schwert". Für sinnvoll halte er hingegen, die Bodeneigentümer zu informieren und das Eigentümerbewusstsein zu schärfen. Der langjährige Bundestagsabgeordnete erinnerte an das Landwirtschaftsanpassungsgesetz und andere Nachwende- Regelungen, deren Ziel es gewesen sei, die Eigentümerrechte wiederherzustellen. Thalheim: "Jetzt sollten sich die Eigentümer genau überlegen, was sie mit dem Eigentum machen."
Das Landwirtschaftsgesetz von 1991 habe seinen Zweck voll erfüllt. Es habe die Grundlage geschaffen, dass die Eigentümer über ihren Boden frei verfügen und selbst entscheiden könnten, "ob sie den Boden wieder selbst als Wiedereinrichter oder gemeinsam in eingetragenen Genossenschaften bewirtschaften oder aber verpachten". Die Entwicklung der ostdeutschen Landwirtschaft insgesamt wertet Thalheim als Erfolgsgeschichte. Dem widersprach die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).
Strukturwandel in Ostdeutschland politisch angheizt
AbL-Vertreter Dr. Jörg Gerke bekräftigte in der Anhörung seine Kritik an der Bodenpolitik der Bundesregierung nach der Wiedervereinigung. Seiner Auffassung nach sind Großbetriebe bei der Vergabe der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen "maßgeblich bevorteilt" worden. Hingegen seien kleine und Nebenerwerbsbetriebe kaum an Flächen gekommen. Im Ergebnis sei der Strukturwandel "politisch angeheizt" worden. Gerke verwies auf die neuen "Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischergründen und Wälder", die von der Bundesregierung unterstützt würden. Mit ihrer eigenen Bodenpolitik in Ostdeutschland werde die Regierung diesen Anforderungen jedoch nicht gerecht.
In den Leitlinien werde betont, wie wichtig bei Fragen zu Boden- und Landnutzungsrechten eine explizite Beteiligung der Zivilgesellschaft und aller Akteure sei, gerade auch der kleineren Nebenerwerbsbetriebe, so Gerke. Das sei jedoch in Ostdeutschland ausgehebelt worden. Dies gelte auch für eine in den Leitlinien geforderte nationale Politik, die sich um eine gerechte Nutzenverteilung von staatlichem Land bemühen solle. Die Bundesregierung sei gefordert, die internationalen freiwilligen Leitlinien gegen Landraub umgehend anzuwenden und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und aller Akteure umzusetzen, um Betrieben eine Chance zur Sicherung und Gründung bäuerlicher Existenzen zu geben.
Preise am Bodenmarkt steigen weiter ...
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