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Pflanzenschutzmittelzulassung

EU-Richter zwingen die EFSA zu Transparenz bei Glyphosat-Studien

Glyphosat auf Zwischenfrucht
am Donnerstag, 07.03.2019 - 10:39

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) darf Sicherheitsstudien zu Glyphosat nicht unter Verschluss halten. Das hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) heute entschieden.

Die EFSA darf den Zugang zu den Sicherheitsstudien nicht unter Verweis auf die geschäftlichen Interessen der Hersteller verweigern. Nach Auffassung der Richter überwiegt das öffentliche Interesse an Informationen über Emissionen in die Umwelt in diesem Fall den Schutz der geschäftlichen Interessen (Urteil in den Rechtssachen T-716/14 und T-329/17).

Das Gericht erklärte die ablehnende Entscheidung der EFSA, die Studien nicht zur Verfügung zu stellen, für nichtig. Gegen das Urteil kann innerhalb von zwei Monaten beim höheren Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgegangen werden.

Kläger verlangen Zugang zu Toxizitätsstudien

Im vorliegenden Fall hatten vier grüne Europaabgeordnete und der belgische NGO-Berater Anthony Tweedale die Lebensmittelbehörde vor dem Luxemburger Gericht verklagt. Sie verlangten Zugang zu zwei Studien zur Toxizität von Glyphosat sowie zu Versuchs- und Analyseergebnissen im Zusammenhang mit diesen Studien. Dabei stützten sich die Kläger auf eine EU-Verordnung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten und das sogenannte Arhus-Abkommen. Anlass war das EU-Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von Glyphosat als Pflanzenschutzwirkstoff.

In ihrem Antrag hatten die Kläger darauf hingewiesen, dass das Internationale Krebsforschungszentrum (CIRC) im März 2015 zu der Erkenntnis gelangt sei, dass Glyphosat potenziell krebserregend sei, die EFSA im November 2015 aber gleichwohl zum Ergebnis gekommen sei, dass Glyphosat für den Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend sei.

Die Argumente der EFSA

In beiden Fällen verweigerte die EFSA den Zugang zu den Unterlagen. Die Behörde begründete ihre Entscheidung unter anderm so:

  1. Die Verbreitung der Informationen könne ernsthaft die geschäftlichen und finanziellen Interessen der Unternehmen beeinträchtigen, die die Studienberichte vorgelegt hätten.
  2. Es bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.
  3. Der Zugang zu den fraglichen Teilen der Studien sei nicht erforderlich, um die wissenschaftliche Risikobewertung zu überprüfen.

Die Öffentlichkeit muss sich ein Bild machen können

Gemäß dem heutigen Urteil kann ein EU-Organ die Offenlegung von Dokumenten aber nicht mit dem Schutz geschäftlicher Interessen begründen, wenn diese Dokumente Informationen enthalten, die "Emissionen in die Umwelt" betreffen. Auch müsse die Öffentlichkeit Zugang zu den Informationen über die mehr oder weniger langfristigen Folgen dieser Emissionen erhalten.

Das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen über die Emissionen in die Umwelt bestehe nämlich gerade darin, nicht nur zu wissen, was in die Umwelt freigesetzt oder absehbar freigesetzt werde, sondern auch zu verstehen, in welcher Weise die Umwelt durch die fraglichen Emissionen beeinträchtigt werden könne.

Die Europäischen Union überarbeitet derzeit das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzwirkstoffe. Ein Kernpunkt der Reform ist, den Zugang zu den Sicherheitsstudien zu erleichtern.

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