Werden Verbraucher in einem Kreditvertrag nicht „klar und prägnant“ über den Beginn der Widerrufsfrist informiert, können sie auch Jahre nach Abschluss des Darlehens aus dem Vertrag aussteigen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil C-66/19 vom 26. März 2020 bekräftigt.
Im vorliegenden Fall hatte ein Kunde der Kreissparkasse Saarlouis 2016 vor dem Landgericht Saarbrücken geklagt. Er fühlte sich von der Widerrufsklausel in seinem Immobiliendarlehen aus dem Jahr 2012 nicht ausreichend klar darüber informiert, wann die Widerrufsfrist von 14 Tagen zu laufen beginnt. Wie in vielen Verträgen üblich, verwiesen die entsprechenden Vertragsklauseln nämlich zunächst auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und von dort auf weitere nationale Rechtsvorschriften.
Ein solcher „Kaskadenverweis“ genügt nach dem Urteil der Luxemburger Richter aber nicht den Anforderungen des EU-Rechts. Der Verbraucher müsse in klarer und prägnanter Form über die Berechnung der Widerrufsfrist informiert werden.
Zinsen und Gebühren sparen durch fehlerhafte Widerrufsklausel
Im Ergebnis können nun Verbraucher für alle Darlehensverträge, die ab Juni 2010 geschlossen wurden, den Vertrag widerrufen, wenn in den Widerrufsklausel dieser von den Richtern gerügte Formfehler vorliegt. Das gilt sowohl für Immobilienkredite als auch Verbraucherdarlehen und Leasingverträge.
Wer feststellt, dass die Widerrufsklausel in seinem Vertrag unwirksam ist, kann möglicherweise viel Geld sparen. In der Praxis kann sich die Chance auf eine zinsgünstigere Umschuldung ergeben. Wer den Widerrufsjoker einsetzt, kann aber unter Umständen auch eine Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung eines Darlehens sparen, eine Maschinenfinanzierung rückabwickeln oder ein Forward-Darlehen stornieren, ohne dass die übliche Nichtabnahmeentschädigung fällig wird.
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