Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), Florian Köbler, sagt gegenüber tageschau.de, es sei fast schon ein „Einspruchs-Tsunami“, der bei den Ämtern herrsche. „Im Moment ist es so, dass jedes Finanzamt im Schnitt täglich 50 bis 70 Einsprüche erreichen. Es ist für die Kolleginnen und Kollegen ein wahnsinniger Arbeitsaufwand.“ Und viele Klagen könnten wieder vor dem Verfassungsgericht landen, das die Grundsteuerreform in Auftrag gegeben hatte.
„Stand heute kann ich leider nur zum Einspruch raten“, sagt auch Sibylle Barent, Anwältin bei „Haus und Grund“, gegenüber der Bild-Zeitung. Auch der Verfassungsrechtler Professor Gregor Kirchhof rät in einem Focus-Interview in allen Bundesländern - außer in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen - zu einem Einspruch.
Allerdings dürfte das Finanzamt den Einspruch schnell ablehnen, egal, wie gründlich die Verfassungswidrigkeit begründet ist, sagen die Experten von Finanztipp. Danach bliebe nur der teure Gang vors Finanzgericht.
Einige Experten, wie der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Hartmut Schwab, sagen deshalb, dass ein Einspruch nur eingelegt werden sollte, wenn es tatsächlich einen offensichtlichen Grund dafür gibt. Sonst könnten sich die allermeisten Bürger einen Einspruch sparen. „Ich verspreche mir davon gar nichts, außer Papierkrieg“, sagte Schwab in der Tageszeitung Welt.
Rund 1,5 Millionen Einsprüche erwartet
Die künftige Grundsteuer setzt sich zusammen aus dem Wert des Grundstücks, dem Bodenrichtwert pro Quadratmeter und dem so genannten Hebesatz. Letzteren legen die Kommunen selbst und gewissermaßen nach Kassenlage fest. Für die neue Grundsteuer müssen die Kommunen den Hebesatz ganz neu festlegen. Ursprünglich hieß es zwar, die neue Grundsteuer würde „aufkommensneutral“, also gleichbleiben.
Aber die meisten Kommunen haben leere Kassen und hohe Ausgaben, und für viele Hausbesitzer werden die Grundsteuern ab 2025 wohl deutlich steigen werden. Das zeigen jedenfalls alle bisherigen Bescheide und Berichte aus den Bundesländern. Finanztip hatte Anfang Februar 2023 die Finanzbehörden in allen 16 Bundesländern gefragt, wie viele Grundsteuererklärungen schon bearbeitet wurden und wie viele Einsprüche es gab.
Das Ergebnis war: Rund neun Millionen der abzugebenden Erklärungen und damit etwa ein Viertel waren bis dahin bearbeitet und entsprechende Bescheide zu Grundsteuerwert oder Äquivalenzbeträgen sowie Grundsteuermessbetrag versendet. Bereits Anfang Februar gab es zudem rund 350.000 Einsprüche, obwohl Finanztipp aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen noch gar keine Angaben vorlagen.
Rechnet man diese Daten hoch, dürften auf die Finanzämter nach der Einschätzung von Finanztipp rund 1,5 Millionen Einsprüche zukommen. Ein Aufstand der Hausbesitzer.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.