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Urteil zur Einkommensteuer

Landwirt zahlt Erschließung: Ist der Grundstückshandel gewerblich?

Erschließungsarbeiten für neues Bauland
am Samstag, 12.08.2023 - 05:03 (Jetzt kommentieren)

Wenn die Kommune ein Unternehmen mit der Erschließung beauftragt und der Landwirt die Erschließungskosten übernimmt, ist der Grundstückshandel ein Hilfsgeschäft der Land- und Forstwirtschaft. Das begründet der 8. Senat des Finanzgerichts Münster in vier Urteilen vom 20. April 2023.

Ein Landwirt verkauft Grundstücke und bildet aus dem Gewinn Rücklagen gemäß § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zuvor hatte die Kommune die Erschließung der Grundstücke beauftragt. Sie erstellte einen Bebauungsplan für das Gebiet und beauftragte einen privaten Erschließungsträger mit der Erschließung.

Es liegt noch ein weiterer Vertrag vor: Der Landwirt legte mit dem Erschließungsunternehmen fest, dass er die Erschließungskosten übernimmt.

Grundstückshandel gewerblich oder Hilfsgeschäft der Land- und Forstwirtschaft?

Den Verkauf seiner Baugrundstücke betrachtet der Landwirt nicht als gewerbliche Tätigkeit, sondern als Hilfsgeschäft der Land- und Forstwirtschaft. Folglich versteuert er den Gewinn als Einnahmen aus der Land- und Forstwirtschaft und bildet 6b-Rücklagen.

Das Finanzamt sieht das anders und ändert die Besteuerung: Der Gewinn unterliege der Gewerbesteuer und sei nicht reinvestitionsbegünstigt. Es handle sich bei der Erschließung um eine aktive Tätigkeit des Landwirtes, somit liege keine Nebeneinkunft aus der Land- und Forstwirtschaft vor, sondern ein gewerblicher Grundstückshandel.

Vier Landwirte klagen erfolgreich gegen die Finanzverwaltung

Drei anderen Landwirten passiert das gleiche, alle klagen. Sie haben ihre Grundstücke jeweils verkauft oder getauscht, doch die Situation ist vergleichbar: Die Erschließungskosten trug jeweils der Landwirt, die Erschließung wurde aber von der Kommune an Unternehmen vergeben. Strittig war nun, ob es sich beim Verkauf der Grundstücke um eine gewerbliche Tätigkeit handelt oder nicht. 

Am 20. April traf der Senat des Finanzgerichts Münster eine Entscheidung zugunsten der Landwirte. Er gab den Klagen statt (Urteile 8 K 259/21 G,F; 8 K 280/21 E,G; 8 K 328/21 E und 8 K 666/21 E,G)

Grundstücksverkauf trotz Kostenübernahme nicht gewerblich

Der Verkauf ist als Hilfsgeschäft der Land- und Forstwirtschaft einzuordnen, urteilt das Finanzgericht. Gewerblich wäre der Verkauf dann, wenn sich durch Tätigkeiten des Landwirtes die Marktgängigkeit des Grundbesitzes ändert. Das wäre der Fall, wenn der Landwirt aktiv an der Erschließung mitwirkt, zum Beispiel wenn er selbst den Vertrag zur Erschließung mit dem Erschließungsträger unterzeichnet, aber nicht, wenn der Landwirt nur die Kosten übernimmt. 

Die Wertsteigerung des Grundstücks ist hier dem Erschließungsträger zuzurechnen. Denn dieser erledigt die Erschließung laut Vertrag mit der Gemeinde im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. 

Obwohl zwischen beiden Verträgen eine Abhängigkeit besteht, muss der Vertrag zur Kostenübernahme vom Erschließungsvertrag abgegrenzt werden, erklärt der Senat.  Der Landwirt übernimmt nicht das gesamte wirtschaftliche Risiko der Erschließung, denn alle Risiken (Sachmängelgewährleistung, Verkehrssicherungspflicht) bleiben beim Erschließungsträger. Mit der Kostenübernahme ermöglicht der Landwirt nur die gewerbliche Tätigkeit des Erschließungsträgers. 

Eine reine Kostenübernahme ist also für Landwirte immer unschädlich.

Mit Material von Finanzgericht Münster

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