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Rechtsprechung

Landwirtinnen dürfen nicht weniger verdienen als ihre Kollegen

Für die gleiche Arbeit müssen Frauen den gleichen Lohn bekommen wie ihre männlichen Kollegen. Das neue Urteil des Bundesarbeitsgerichts geht weit über die Agrarbranche hinaus.
am Sonntag, 19.03.2023 - 06:00 (Jetzt kommentieren)

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts stellt klar, dass Frauen für die gleiche Arbeit genauso entlohnt werden müssen wie männliche Mitarbeiter. Auch für die Landwirtschaft dürfte diese Entscheidung Folgen haben.

„Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt“, lautet der Leitsatz im Urteil des Bundesarbeitsgerichts über Entgeltgleichheit von Männern und Frauen vom 16. Februar 2023 (8 AZR 450/21). Die Höhe des Entgelts darf nicht vom Verhandlungsgeschick abhängig sein.

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht dem Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts widersprochen und vermutlich eine bedeutende Grundlage für mehr Fairness zwischen den Gehältern gelegt.

Männlicher Kollege bei Einstellung mehr Geld ausgehandelt

Die Entscheidung behandelt die Klage einer Außendienstmitarbeiterin. Deren Vergütung von 3.500 Euro brutto wurde nach Einführung eines neuen Eingruppierungssystems im Haustarifvertrag erhöht. Allerdings war im Haustarifvertrag geregelt, dass das Entgelt in den ersten Jahren um maximal 120 Euro brutto angehoben werden kann, wenn das neue tarifliche Grundentgelt das bisherige Entgelt überschreitet. Das war bei der Außendienstmitarbeiterin der Fall. Somit erhöhte sich ihr Entgelt nur auf 3.620 Euro anstatt – wie ansonsten im Eingruppierungssystem vorgesehen – auf 4.140 Euro.

Ein männlicher Kollege, der nur zwei Monate länger im Unternehmen beschäftigt war als die Klägerin, bekam in den ersten Monaten in Grundentgelt von 4.500 Euro brutto. Laut Urteil wollte das Unternehmen auch diesem Mitarbeiter ein Entgelt von 3.500 Euro brutto zahlen, er lehnte dies jedoch ab und forderte mehr Geld.

Entgelt des Kollegen vor neuem Tarif angehoben

Später wurde im Unternehmen eine leistungsabhängige Vergütung eingeführt. In den ersten Monaten nach der Einführung erhielten sowohl die Außendienstmitarbeiterin als auch ihr männlicher Kollege das Grundentgelt von 3.500 Euro brutto. Doch kurz vor der späteren Einführung des neuen Haustarifvertrags wurde mit dem Kollegen jedoch ein Grundentgelt von 4.000 Euro brutto vereinbart. Das Unternehmen führte als Begründung an, dass der Kollege die Stelle einer besser vergüteten Vorgängerin besetzt habe. Als der Haustarifvertrag in Kraft war, wurden ihm entsprechend der Eingruppierung 4.140 Euro brutto gezahlt.

Arbeitnehmerinnen können sich jetzt auf Erfolg der Klägerin beziehen

Vor Gericht forderte die Klägerin die Zahlung der im Vergleich zu ihrem Kollegen rückständigen Vergütung ein, was einer Summe von 14.500 Euro brutto entsprach. Wegen der Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts forderte sie zusätzlich eine Entschädigung von mindestens 6.000 Euro. Bei der Gehaltsnachzahlung bestätigte das Gericht die Forderung der Klägerin. Auch eine Entschädigung muss das Unternehmen der Mitarbeiterin zahlen – der Betrag wurde hier auf 2.000 Euro festgelegt.

Im Revisionsverfahren stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass der Arbeitgeber die Klägerin benachteiligt und sie Anspruch auf das gleiche Grundentgelt hat. Weil sie gleiche Tätigkeit wie ihr Kollege ausübte, ging das Gericht davon aus, dass die Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts erfolgte. Diese Vermutung konnte das Unternehmen vor Gericht nicht widerlegen.

Es wird erwartet, dass das Urteil wegweisend sein und weitreichende Folgen für die Entlohnung von Frauen haben wird.

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