Wirtschaftsminister Habeck hat am Mittwoch (30.03) die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Auslöser sind die russischen Forderungen über die Bezahlung für die Gaslieferungen nach Europa in Rubel. Die Ausrufung der Frühwarnstufe diene der Vorsorge, sagte Habeck vor der Presse in Berlin.
"Wichtig ist zu betonen, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist", fügte Habeck hinzu. Bei einem abrupten Ausfall russischer Lieferungen dürfte das Gas nicht mehr für alle Nutzer aus Wirtschaft, Landwirtschaft und Privathaushalten ausreichen.
Deshalb dreht der Staat den Wirtschaftsbranchen den Gashahn in einer bestimmten Reihenfolge zu. Diese Reihenfolge regelt und erläutert der Notfallplan Gas.Die Abschaltungen dürften zuerst die Industrie treffen, für die im schlechtesten Fall dann kaum Gas übrig bleibt. Landwirte gehören bis zu einem Verbrauch von 10.000 kWh zu den Letztverbrauchern und sind damit "privilegiert".
Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe

Nach dem Notfallplan, der bereits im September 2019 veröffentlicht wurde, gibt es drei Krisenstufen: Frühwarnstufe, Alarmstufe und Notfallstufe. Erst in der Notfallstufe greift der Staat in den Gasmarkt ein. Haushaltskunden wären dann besonders geschützt. (also auch Landwirte, siehe unten).
Die Frühwarnstufe bedeutet, dass "konkrete, ernstzunehmende und zuverlässige Hinweise" darauf vorliegen, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt - sowie wahrscheinlich zur Auslösung der Alarm- beziehungsweise Notfallstufe führt.
Bei der Notfallstufe liegt dann eine "erhebliche Störung" der Gasversorgung vor. Der Staat müsste einschreiten, um insbesondere die Gasversorgung der "geschützten Kunden" sicherzustellen - das sind etwa private Haushalte, aber auch Krankenhäuser, Feuerwehr und Polizei. "Aktuell gibt es keine Versorgungsengpässe", sagte Habeck. "Dennoch müssen wir die Vorsorgemaßnahmen erhöhen, um für den Fall einer Eskalation seitens Russlands gewappnet zu sein."
Mit Ausrufung der Frühwarnstufe sei ein Krisenstab zusammengetreten. Dieses Team analysiert und bewertet die Versorgungslage, so dass - wenn nötig - weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit ergriffen werden können.
Alarmstufe: Netzbetreiber kann abschalten
Bei der am Mittwoch ausgerufenen Frühwarnstufe liegen „konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise darauf vor, dass ein Ereignis eintreten kann, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt". Der Notfallplan sieht als möglichen nächsten Schritt die zweite Stufe vor, die sogenannte Alarmstufe.
Dort kommt es zwar bereits „zu einer Störung der Gasversorgung oder einer außergewöhnlich hohe Nachfrage“, der Markt wäre jedoch noch allein in der Lage, das Problem zu lösen. Der Netzbetreiber regelt die Stabilisierung des Netzes und die Versorgung dann weiterhin alleine über Angebot und Nachfrage. Zur Reduzierung der Last werden die vertraglichen Rechte zur Unterbrechung von Ausspeisungen an den relevanten Punkten durch die Netzbetreiber genutzt, heißt es weiter.
Auch eine Unterbrechung des nicht fest zugesagten Anteils der internen Bestellung ist dann möglich. Wenn im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Netzbetreiber und Letztverbraucher eine Unterbrechbarkeit der Nutzung von Gasanschlüssen vereinbart wird, berechnen die VNB im Gegenzug ein reduziertes Netzentgelt. Auch die Nutzung von Flexibilität auf der Beschaffungsseite und der Rückgriff auf Gasspeicher seien Teile der "marktbasierten" Maßnahmen. Der Staat greift in diesen beiden Stufen noch nicht ein.
Landwirte bis zu 10.000 kWh sind Letztverbraucher
Die Sicherstellung der Versorgung von bestimmten Kunden, wie beispielsweise Haushaltskunden und Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen, hat einen hohen Stellenwert, sagt der Notfallplan, da diese besonders vulnerabel (verletzlich) gegenüber den Folgen einer Versorgungseinschränkung reagieren.
Für die Versorgung dieser so genannten geschützten Kunden sind die Gasversorgungsunternehmen in besonderer Weise verantwortlich.Haushaltskunden sind Letztverbraucher, die Energie für den Eigenverbrauch im Haushalt nutzen oder deren Jahresverbrauch für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke 10.000 Kilowattstunden (kWh) nicht übersteigt.
Dies bedeutet, dass die Gasversorgungsunternehmen die Erdgasversorgung dieser Kunden gewährleisten müssen und hierfür auch zu entsprechender Vorsorge verpflichtet sind. Der Staat greift erst ein, wenn die Marktmechanismen nicht mehr funktionieren oder ausgeschöpft sind. In der sogenannten Notfallstufe herrscht laut Bundesnetzagentur dann ein akuter Mangel, auf dem Markt. Es wäre dann kein Gas mehr für den freien Verkauf verfügbar.
Die Abschaltung erfolgt dann durch den Staat in einer sogenannten "hoheitlichen Zuteilung". Diese Aufgabe übernimmt die Bundesnetzagentur, die für die Regulierung und die Wettbewerbsaufsicht beim Gas zuständig ist.
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