Wie die Wettbewerbsbehörde heute mitteilte, wurden Bußgelder verhängt gegen die Agravis Raiffeisen AG, die Agro Agrargroßhandel GmbH & Co. KG, die BayWa AG, die BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, die Getreide AG, die Raiffeisen Waren GmbH und die ZG Raiffeisen eG.
Im Falle der BSL Betriebsmittel Service Logistik GmbH & Co. KG, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Hauptgenossenschaft Nord AG (HaGe), beläuft sich das Bußgeld auf 29,3 Mio. Euro. Das gab BSL heute selbst bekannt.
Die ZG Raiffeisen kündigte ebenfalls heute als bislang einziges Unternehmen an, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen.
Die BayWa AG und die Agravis Raiffeisen AG hatten die Öffentlichkeit bereits an Silvester beziehungsweise vorige Woche informiert, das sie in Settlements Bußgelder in Höhe von 68,6 Mio. Euro und 43,7 Mio. Euro zugestimmt haben.
Gegen zwei Unternehmen wird noch ermittelt
Nach Angaben des Kartellamtes wurde der Beiselen GmbH, Ulm, das Bußgeld erlassen. Das Unternehmen kooperierte als erstes mit dem Bundeskartellamt und profitierte von der sogenannten Kronzeugenregelung.
Gegen zwei weitere Unternehmen wird noch ermittelt. Darüber hinaus wurden die Verfahren gegen drei weitere Unternehmen und zwei Verbände eingestellt.
Mundt rügt jährliche Abstimmung der Listenpreise
Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamtes, sagte, nach den Ermittlungen seiner Behörde hätten die Unternehmen von 1998 bis zum Zeitpunkt der Durchsuchung im März 2015 im Frühjahr und Herbst ihre Preislisten für Pflanzenschutzmittel miteinander abgestimmt.
Grundlage der Abstimmung sei eine gemeinsame Kalkulation der Großhändler gewesen, die weitgehend einheitliche Preislisten für Einzelhändler und Endkunden zur Folge hatte. Vor allem in den ersten Jahren hätten einige Unternehmen die abgestimmte Preisliste (agrarheute-Kommentar zur "Grünen Liste") einfach für die eigene Preissetzung übernommen, indem sie faktisch nur noch ihr Firmenlogo über die fertige Liste setzten, so Mundt.
Kanzlei will auf Schadenersatz klagen
Die US-Anwaltskanzlei Hausfeld prüft im Auftrag mehrerer Landwirte, gegen die Kartellanten auf Schadenersatz zu klagen. „Es ist davon auszugehen, dass das Kartell zu überhöhten Preisen für Landwirte geführt hat", sagte Alex Petrasincu, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Hausfeld, gegenüber agrarheute.
Die Erklärungen einiger Kartelltäter, dass das Kartell keine Auswirkungen auf die Preise gehabt habe, seien wenig überraschend, aber auch wenig glaubhaft, stellte Petrasincu fest.
Voraussetzung für eine Schadenersatzklage ist ein wettbewerbsökonomisches Gutachten. Darin muss nachgewiesen werden, dass die Preise für Pflanzenschutzmittel durch die Absprachen tatsächlich höher waren, als sie ohne das Kartell ausgefallen wären. Ein solches Gutachten will die Kanzlei Hausfeld erstellen lassen.
Absprachen in mehreren Schritten und Kreisen
Nach Darstellung des Kartellamtes übernahmen die vier führenden Großhändler im Markt – zwei genossenschaftlich organisierte und zwei Private – grundsätzlich die Vorabstimmung der Kalkulation der Preisangaben.
Im Anschluss erfolgte die weitere Abstimmung unter den Großhändlern in zwei Lagern, einerseits unter den genossenschaftlich organisierten Großhändlern und andererseits unter den Privaten.
Bis 2008 hätten sämtliche betroffene Großhändler, außer die Getreide AG, teilweise auch die darauf zu gewährenden Rabattspannen sowie teilweise Abgabepreise gegenüber Einzelhändlern ohne weitere Rabattierung für zentrale Produkte abgesprochen, so das Kartellamt.
Die betroffenen Unternehmen haben mit der Behörde kooperiert
Sämtliche betroffene Großhändler haben während des Verfahrens mit dem Bundeskartellamt kooperiert und durch ihre Bonusanträge bei der Aufklärung der Tat mitgewirkt. Sechs der genannten betroffenen Unternehmen und die dazu gehörigen persönlich bebußten Mitarbeiter haben bislang den vom Bundeskartellamt ermittelten Sachverhalt als zutreffend anerkannt und einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung zugestimmt. Dies wurde bei der Bußgeldfestsetzung berücksichtigt.
Die verhängten Bußgelder sind noch nicht rechtskräftig. Gegen die Bescheide samt der in ihnen getroffenen Feststellungen kann Einspruch eingelegt werden, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde.
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