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Gentechnikrecht

Pflanzenzüchter begrüßen EuGH-Urteil zur grünen Gentechnik

Kleine Pflanzen stehen in einem Labor in einem Anzuchtschrank
am Dienstag, 07.02.2023 - 17:29 (Jetzt kommentieren)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute (7.2.2023) ein weiteres Urteil zum EU-Gentechnikrecht gesprochen. Der BDP begrüßte die Entscheidung ausdrücklich, weil sie Rechtssicherheit bei der Nutzung bewährter Züchtungsverfahren schaffe.

Im Kern ging es in dem Gerichtsverfahren um die Frage, ob seit vielen Jahren angewandte Züchtungsverfahren wie die Behandlung von Pflanzenmaterial mit Strahlen oder Chemikalien als grüne Gentechnik anzusehen sind.

Der EuGH entschied nun, dass diese Verfahren der sogenannten Zufallsmutagenese keine Gentechnik sind (Az.: C-688/21). Sie fallen unter eine Ausnahme in der EU-Freisetzungsrichtlinie aus dem Jahr 2001. Damit sind Pflanzen, die so gezüchtet wurden, beziehungsweise Lebens- und Futtermittel hieraus nach dem EU-Gentechnikrecht nicht genehmigungs- und kennzeichnungspflichtig.

Die Kläger sind Kleinbauern aus Frankreich

Der EuGH musste sich erneut mit der Auslegung des Gentechnikrechts beschäftigen, nachdem er bereits 2018 ein viel beachtetes Urteil zur „Genschere“ gesprochen hatte. In beiden Fällen waren der französische Kleinbauernverband Confédération paysanne und acht Umweltorganisationen die Kläger. Sie hatten beim obersten französischen Gericht, dem Staatsrat, Klage eingelegt gegen den Ausschluss bestimmter Züchtungsverfahren vom Anwendungsbereich der nationalen Umsetzung der EU-Freisetzungsrichtlinie.

In seinem ersten Urteil 2018 hatte der EuGH entschieden, dass das moderne Crispr/Cas-Verfahren zum gezielten Eingriff in das Erbgut („Genschere“ oder Genome Editing) unter das europäische Gentechnikrecht fällt.

EuGH: In-vitro-Zufallsmutagenese ist keine Gentechnik

Das heute mit einem weiteren EuGH-Urteil abgeschlossene Verfahren fußt darauf, dass die Kläger bei der französischen Regierung den Erlass von Regeln zur Umsetzung des ersten EuGH-Urteils erwirken wollten.

Ziel der Confédération paysanne und der übrigen Nichtregierungsorganisationen war, auch die klassischen Verfahren der Züchtung durch Zufallsmutagenese dem EU-Gentechnikrecht zu unterwerfen, zumindest wenn die Verfahren „in vitro“ angewendet werden, das heißt im Labor bei einzelnen Pflanzenzellen. Der Staatsrat leitete auch dieses Verfahren zur Klarstellung an den Europäischen Gerichtshof weiter.

Der EuGH stellte mit seinem heutigen Urteil jedoch fest, dass Pflanzen, die mit Hilfe der In-vitro-Zufallsmutagenese gezüchtet werden, unter die Ausnahme der EU-Freisetzungsrichtline für Verfahren fallen, die herkömmlich bei der Züchtung mit ganzen Pflanzen („in vivo“) eingesetzt werden und seit langem als sicher gelten.

Pflanzenzüchter sehen sich durch das EuGH-Urteil fachlich bestätigt

Das Urteil des EuGH bestätige die fachliche Auffassung des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), stellte BDP-Geschäftsführer Dr. Carl-Stephan Schäfer fest. Die Zufallsmutagenese werde seit Jahrzehnten in der Pflanzenzüchtung zur Erzeugung genetischer Variation eingesetzt. Der BDP habe seit jeher die Position vertreten, dass eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Verfahren der Zufallsmutagenese wissenschaftlich nicht begründet werden könne, weil sich so gezüchtete Pflanzen weder untereinander noch von Pflanzen mit natürlichen Mutationen unterschieden, sagte Schäfer.

Mit dem heutigen Urteil, welches die Zufallsmutagenese grundsätzlich als ein sicheres und seit langem angewendetes Verfahren einstufe, könne die bisherige, erfolgreiche Nutzung dieser Methoden in der Pflanzenzüchtung zur Entwicklung verbesserter Sorten rechtssicher fortgeführt werden. Der BDP begrüßte daher das heutige Urteil des EuGH ausdrücklich.

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