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Gerichtsurteil

Scheinselbstständigkeit: Vorsicht bei Mitarbeit in Lohnunternehmen

Sozialversicherung Selbstständigkeit Versicherungspflicht
am Samstag, 17.07.2021 - 05:15 (Jetzt kommentieren)

Wer als Landwirt in einem Lohnunternehmen oder einer Spedition als Fahrer aushilft, macht sich leicht der Scheinselbstständigkeit verdächtig. Lesen Sie, worauf Sie achten müssen, um Nachzahlungen zur Sozialversicherung zu vermeiden.

Es ist ein in der Praxis durchaus übliches Modell: Ein selbstständiger Landwirt hilft beim Lohnunternehmer in seiner Region als Fahrer aus. Der Landwirt erzielt ein Zusatzeinkommen, der Lohnunternehmer kann Arbeitsspitzen oder Personalengpässe überwinden.

Doch leicht kann eine solche Tätigkeit als Scheinselbstständigkeit gewertet werden. Dann werden Nachzahlungen zur Sozialversicherung fällig. Das zeigt ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen.

Betriebsprüfer sehen abhängige Beschäftigung

In diesem Fall hatte ein selbstständiger Landwirt, im Haupterwerb Viehhalter, bei einem Transportunternehmer gelegentlich einzelne Transportfahrten übernommen. Dafür stellte der Landwirt dem Unternehmen jeweils einen Tagessatz von 180 bis 185 Euro in Rechnung. Bei einer Betriebsprüfung wertete die gesetzliche Rentenversicherung die Tätigkeit jedoch als versicherungspflichtig.

Der Widerspruch des Landwirts und anschließende Klagen vor dem Sozialgericht Detmold sowie in nächster Instanz beim Landessozialgericht blieben jedoch erfolglos.

Auf das eigene Fahrzeug kommt es an

Das Problem: Der Landwirt führte die Aufträge stets mit Lkw des Transportunternehmens aus. Daraus zog das Gericht den Schluss, dass der Tierhalter zum einen in die Betriebsorganisation des Unternehmens einbezogen worden sei. Zum anderen trage er kein unternehmerisches Risiko. Das Investitionsrisiko als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit liege beim Auftraggeber und nicht beim Auftragnehmer, da der Landwirt kein eigenes Fahrzeug eingesetzt habe. Ohne ein eigenes Fahrzeug habe der Landwirt auch gar keinen unternehmerischen Gestaltungsspielraum für eine anderweitige Tätigkeit am Transportmarkt, so der Tenor des Urteils.

Die Folge: Wer ohne eigenes Fahrzeug für ein Lohn- oder Transportunternehmen fährt, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt und nicht selbstständig tätig. Das Urteil des Landessozialgerichts (Az.: L 8 BA 78/18) ist rechtskräftig. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

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