Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied gestern, dass Umweltverbände das Recht haben, immissonsschutzrechtliche Entscheidungen, mit denen die Frist zum Bau oder zur Inbetriebnahme einer Tierhaltungsanlage verlängert wird, vor Gericht anzufechten (BVerwG 7 C 28.18).
Im vorliegenden Fall hatte eine Umweltschutzorganisation gegen die Erweiterung einer Hähnchenmastanlage von 39.900 auf 173.200 Tierplätze geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Magdeburg hatte diese Genehmigung wegen fehlender FFH-Verträglichkeitsprüfung für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Der Betreiber der Anlage bemüht sich nach Angaben des Bundesgerichts gegenwärtig um die Nachholung dieser Prüfung.
Umweltverband geht gegen Verlängerungsfrist vor
In dem Genehmigungsbescheid des Magdeburger Gerichts war eine Frist zur Inbetriebnahme der Anlage bis Anfang 2016 gesetzt worden. Diese Frist wurde zweimal verlängert, zuletzt bis zum 31. Januar 2020.
Gegen diese zweite Fristverlängerung wandte sich der Umweltverband. Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage zwar mangels Klagebefugnis als unzulässig ab. Die Revision des Klägers beim Bundesverwaltungsgericht hatte jetzt jedoch Erfolg.
Gericht verweist auf Aarhus-Konvention
Nach Auffassung der Bundesrichter ergibt sich die Klagebefugnis aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes. Diese Norm sei weit auszulegen, sodass sie soweit wie möglich in Einklang mit den Zielen der Aarhus-Konvention stehe, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet haben.
Nach Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention ist Umweltschutzvereinigungen Zugang zu Gericht zu einzuräumen, um die Verletzung umweltschutzbezogener Vorschriften geltend machen zu können. Da die Voraussetzungen für die hier umstrittene Verlängerungsentscheidung nicht bloß formeller Natur seien, sondern hierbei überschlägig auch umweltschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten seien, werde diese von der genannten Klagemöglichkeit erfasst, entschied das Bundesverwaltungsgericht.
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