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Recht

Stolperfalle Mindestlohn: Das sind die Regeln für Praktikanten

am Donnerstag, 04.06.2015 - 11:30 (Jetzt kommentieren)

Das Mindestlohngesetz definiert strenge Regeln für Praktika. Es lauern vielfältige Stolperfallen.
Wann muss der Mindeslohn gezahlt werden und wann nicht? Das sind die Regeln.

Auszubildener im Gespräch auf einem Schlepper
Für Praktika gelten seit Jahresbeginn verschärfte Vorgaben. Die Planung und Durchführung von Praktika erfordert erhöhte Weitsicht, warnt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Insbesondere die Entlohnung und Praktikumsdauer müssen sorgfältig festgelegt werden. Andernfalls drohen Unternehmen hohe Nachzahlungen und empfindliche Bußgelder.

Ausnahmen vom Mindestlohn

Grundsätzlich haben auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Zu den praxisrelevantesten Ausnahmen zählen:
  • Pflichtpraktika, die im Rahmen einer Ausbildung, eines Studiums oder auf Anweisung einer Schule erfolgen.
  • Freiwilligen Praktika, die der beruflichen Orientierung dienen oder während eines Studiums oder einer Ausbildung durchgeführt werden.
Zentrale Voraussetzung für die Mindestlohnbefreiung bei freiwilligen Praktika ist, dass sie maximal drei Monate dauern. "Wird die Höchstdauer auch nur geringfügig überschritten, ist ab dem ersten Praktikumstag rückwirkend der Mindestlohn fällig", warnt Rebekka De Conno, Rechtsanwältin der WWS. Das Mindestlohngesetz eröffnet auch Spielräume, die Beschäftigungszeit im selben Unternehmen auszudehnen. Dies ist auch für Praktikanten von Vorteil, wenn sie unabhängig von der Vergütung einen hohen Nutzen im Praktikum sehen.
 
 

Praktika können miteinander kombiniert werden

Verschiedene Praktika lassen sich kombinieren, so dass Praktikanten theoretisch über ein halbes Jahr lang ohne Anspruch auf Mindestlohn beschäftigt werden können. Möglich sind zwei aufeinander folgende Pflichtpraktika, wenn der Lehrplan einer Bildungseinrichtung zwei Pflichtpraktika vorsieht. Auf ein freiwilliges Orientierungspraktikum kann ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges ausbildungsbegleitendes Praktikum folgen. Vom Mindestlohn ausgenommen sind auch freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika, wenn sie mit einem Pflichtpraktikum kombiniert werden. Bei allen anderen Kombinationen greift beim zweiten Praktikum die Mindestlohnpflicht.

Praktikumsvertrag unbedingt abschließen

Unternehmen sollten Anlass und Beweggründe für ein Praktikum immer dokumentieren. Dazu können sie sich etwa die Praktikumspflicht von der Bildungseinrichtung bestätigen lassen und das Dokument zusammen mit der Studien- oder Ausbildungsordnung in der Personalakte aufbewahren. In jedem Fall müssen Unternehmen darauf achten, einen Praktikumsvertrag abzuschließen, der die wesentlichen Punkte festhält und dem Praktikanten vor Praktikumsbeginn ausgehändigt wird.

Praktikum kann zum verdeckten Arbeitsverhältnis werden

Laut Mindestlohngesetz steht der Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen im Vordergrund, und nicht die Arbeitsleistung. "Bereits aus der Stellenausschreibung sollte klar hervorgehen, dass das Praktikumsverhältnis auf die Wissensvermittlung abzielt", rät WWS-Anwältin De Conno. Überwiegt hingegen der wirtschaftliche Nutzen für das Unternehmen, wird aus dem Praktikum schnell ein verdecktes Arbeitsverhältnis. Die Gefahr: Die Mindestlohnbefreiung entfällt. Unternehmen sollten von Praktikanten Lernpläne und Tätigkeitsberichte schreiben lassen, die den Bildungscharakter des Praktikums belegen. So können Unternehmen kritischen Nachfragen der Finanzbehörden begegnen. Auch ohne Mindestlohn haben Praktikanten Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Richtschnur sind die jährlich vom Bundesinstitut für Berufsbildung veröffentlichten Ausbildungsvergütungen.

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