Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit einem Urteil zur Bewertung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für die Erbschaftsteuer Stellung genommen. Anlass war ein jahrelanger Rechtsstreit am Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zwischen dem Erben einiger Grundstücke und dem für ihn zuständigen Finanzamt.
Umstritten waren zwei Fragen:
- ob der Kläger überhaupt einen Landwirtschaftsbetrieb oder nur Ackerland geerbt und
- ob das Finanzamt die Flächen richtig bewertet hat.
Gewonnen hat am Ende der klagende Erbe, nicht das Finanzamt. Doch der Reihe nach.
Finanzamt macht aus Ackerflächen einen Landwirtschaftsbetrieb
Der Kläger war der einzige Erbe verschiedener Grundstücke. Diese wurden zum Teil als Ackerland genutzt. Der Erbe veräußerte die Flächen nur wenige Monate nach dem Erbfall. Notariell beurkundet wurde ein Verkaufspreis von insgesamt 292.000 Euro.
Für die Erbschaftsteuer nahm das Finanzamt jedoch an, der Kläger habe nicht nur Flächen, sondern einen „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“ geerbt. Infolgedessen bezifferte das Finanzamt den Grundbesitzwert des Betriebs auf 238.668 Euro. Für die übrigen Flächen legte die Behörde den Grundbesitzwert auf 95.870 Euro fest.
Erbe der Grundstücke klagt gegen das Finanzamt
Der Erbe legte gegen den Bescheid des Finanzamtes Einspruch ein. Er argumentierte, zwar landwirtschaftliches Vermögen geerbt zu haben, es liege aber kein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor. Seine Klage vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern blieb ohne Erfolg. Daher beantragte er die Revision durch den Bundesfinanzhof, und das mit Erfolg.
Nicht das Eigentum, sondern die Bodennutzung entscheidet über Landwirtschaft
Der Bundesfinanzhof entschied mit Urteil vom 16. November 2022, ausschlaggebend für die richtige Bewertung des Vermögens für die Erbschaftsteuer sei die Frage, ob der Kläger einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft geerbt habe (II-R-39/20).
Aus Sicht der Bundesrichter beantwortete das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern genau diese Frage aber nicht ausreichend.
Entscheidend sei im Sinne des Bewertungsgesetzes die tätigkeitsbezogene Nutzung des Bodens, nicht aber das zivilrechtliche Eigentum an Grund und Boden. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des erstinstanzlichen Finanzgerichts vom 11. November 2020 (3 K 369/17) daher auf.
Grundsätze zur Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben präzisiert
Zudem äußerte sich der BFH in seinem Urteil zu den Grundsätzen für die Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Wenn für die Bewertung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs der Liquidationswert maßgebend ist, darf ausnahmsweise ein geringerer gemeiner Wert nachgewiesen werden, falls der festgestellte Wert das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletzt. Laut BFH setzt das aber regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 Prozent oder mehr übersteigt.
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