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Beschluss

Verkauf von KTG-Agrar-Flächen: Bei Täuschung ungültig

Schild der KTG Agrar
am Donnerstag, 19.05.2022 - 13:52 (Jetzt kommentieren)

Mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs kommen Landwirte verspätet zu ihrem Vorkaufsrecht. KTG-Agrar hatte 2015 Behörden in Brandenburg getäuscht.

Das Vorkaufsrecht beim Bodenkauf führt immer wieder zu Ärger bei aktiven Landwirten. Jetzt hat der Bundesgerichtshof aber einen wegweisenden Beschluss gefasst. So kann ein Grundstückskauf rückgängig gemacht werden, wenn der Käufer gegenüber der Genehmigungsbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht oder sie arglistig getäuscht hat.

Rücknahme auch bei längerer Grundbucheintragung möglich

Nach Auffassung der BGH-Richter kann in solchen Fällen die ursprüngliche Genehmigung zurückgenommen werden, selbst wenn die Käufer bereits länger als ein Jahr im Grundbuch eingetragen sind. Folge: Der Kaufvertrag wird rückwirkend unwirksam. Die bereits erfolgte Eigentümereintragung im Grundbuch wird dann ebenfalls unrichtig, was die Eintragung eines Widerspruchs ermöglicht.

Der Bundesgerichtshof hat damit der Rechtsbeschwerde des Brandenburgischen Agrarministeriums (MLUK) bei der Genehmigung für den Verkauf von Flächen der KTG-Agrar in 2015 in vollem Umfang stattgegeben.

Ministerium prüft Rücknahme der Genehmigung von weiteren 1.800 ha

Das Ministerium begrüßt diese Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs. Es dankt den Landwirten, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt wurde, dass sie sich auf das Risiko eines langen Gerichtsverfahrens in weitgehend juristischem Neuland eingelassen haben.

Ferner prüft das Ministerium nun gemeinsam mit der zuständigen Grundstücksverkehrsbehörde, ob ein erneuter Anlauf für die Rücknahme der Genehmigung für die anderen acht Kaufgegenstände, also über weitere 1.800 Hektar zugunsten Brandenburger Landwirte in Betracht kommt. Außerdem wird das Brandenburger Agrarministerium nun die Inhalte des BGH-Beschlusses auch in Bezug auf mögliche Konsequenzen für das Landesagrarstrukturgesetz prüfen, zu dem derzeit eine Novelle erarbeitet wird.

Der Hintergrund zum BGH-Beschluss

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 29.4.2022, Az. BLw 5/20, der Rechtsbeschwerde des Brandenburgischen Agrarministeriums gegen die vorinstanzliche Entscheidung in vollem Umfang stattgegeben. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen, das nun erneut anhand der Vorgaben des Bundesgerichtshofs zu entscheiden hat. Eine endgültige Entscheidung in der Sache konnte der BGH noch nicht treffen, da die Vorinstanz das Verfahren zur Vorkaufsrechtsausübung durch die Landgesellschaft unzulässigerweise von dem Verfahren über die Genehmigungsrücknahme abgetrennt hatte. Die Entscheidung über die Genehmigungsrücknahme und die Vorkaufsrechtsausübung muss einheitlich ergehen.

Im Jahr 2016 wurde den Behörden bekannt, dass die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung der Grundstücksverkehrsbehörde beim Landkreis Prignitz vom Juni 2015 für den Verkauf von 2262 Hektar Landwirtschaftsfläche zwischen 14 Tochtergesellschaften der KTG Agrar SE und einer weiteren Tochtergesellschaft mindestens durch unrichtige und unvollständige Angaben der Antragsteller erwirkt worden war und die erteilte Genehmigung rechtswidrig war.

Wie die KTG-Agrar die Behörde täuschte

Nach eingehender Prüfung nahm die Grundstücksverkehrsbehörde am 12. Oktober 2017 die Genehmigung nach § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz zurück und übte zugleich das Vorkaufsrecht über 6 der 14 Kaufgegenstände über knapp 463 Hektar aus. Für die übrigen 8 Kaufgegenstände (ca. 1.800 Hektar) konnten damals keine dringend aufstockungsbedürftigen Landwirte gefunden werden, die fähig und bereit waren, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.

Sowohl die nach der Insolvenz der KTG-Gesellschaften auf die Deutsche Agrarholding (DAH) übergangenen Verkäufergesellschaften als auch die Käufergesellschaft, die ihrerseits kurz nach Flächenerwerb an den Munich Re-Konzern weiterverkauft wurde, legten Rechtsmittel gegen die Genehmigungsrücknahme und die Vorkaufsrechtsausübung ein. Das Amtsgericht Neuruppin als zuständiges Landwirtschaftsgericht bestätigte zwar die erfolgte Rücknahme, hob jedoch die zeitgleich vorgenommene Vorkaufsrechtsausübung wieder auf, weil es die Anhörung nicht für ausreichend hielt.

Auf die Beschwerden der ursprünglichen Kaufvertragsparteien gegen die Bestätigung des Rücknahmebescheides hob das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg 2020 auch den Rücknahmebescheid auf. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde des MLUK zum BGH. Dieser bestätigte nun, dass das Vorgehen der Genehmigungsbehörde durch die Rücknahme der ursprünglichen Genehmigung bei zeitgleicher Ausübung des Vorkaufsrechts von Anfang an rechtmäßig war.

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