Die gute Nachricht vorweg: Es wird genügend Braugerste fürs Bier geben“, sagt Dr. Alexander Rosenberger von Evergrain. Der Marktexperte steht vor einem Braugerstenfeld in Langerringen (Lks. Augsburg). Der Bestand präsentiert sich gut, doch längst nicht alle Bestände in Deutschland haben die Frühjahrstrockenheit so gut überstanden wie dieser. Darum rechnet Rosenberger auch für Deutschland mit einer leicht unterdurchschnittlichen Erntemenge 2020.
„Die Sommerbraugerste ist eine Kämpferin, das hat sie auch heuer wieder bewiesen“, führt Rosenberger weiter aus. Mit ihm auf dem Feld stehen wichtige Akteure und Experten der Braugerstenbranche – so wie das eben bei einer Braugerstenrundfahrt üblich ist. Unüblich ist dagegen, dass die Praktiker fehlen – dafür gibt es heuer einen Kameramann. Coronabedingt gibt es dieses Jahr nämlich statt mehreren regionalen nur eine gesamtbayerische Braugerstenrundfahrt im kleinsten Kreis – und die Informationen daraus werden dann per Video nach außen getragen.
Braugerste ist eine Kämpferin
Aber zurück zur Braugerste: Warum er sie für eine Kämpferin hält, erklärte Rosenberger näher: Oft war heuer schon der Start holprig. Mancherorts fehlte schon im März das Wasser für einen gleichmäßigen Aufgang, andernorts machten zu nasse Böden zur Saat Probleme – im April hatten dann aber alle dasselbe Problem: Die frühe Trockenheit, die nur eine verhaltene Bestockung erlaubte – teilweise wurden auch Seitentriebe reduziert.
Alles entscheidend waren dann die Regenfälle im Juni, denn „die haben die Ernte gerettet“, betont Rosenberger. Das Wasser kam noch rechtzeitig für die Kornfüllung. So stehen die Bestände heuer zwar oft relativ dünn, man kann aber eine gute Selektionsrate erwarten – und damit wird der Anteil der Gerste, der dann als Malz im Sudkessel landet, relativ hoch sein, ist Rosenberger sicher.
Auf der anderen Seite spricht ein seltenes Phänomen dafür, dass heuer – zumindest regional – vermehrt Sommergerste im Futtertrog landen wird: Die Laternenblütigkeit an der Wintergerste. Durch diesen Spätfrostschaden muss bei der Wintergerste mit erheblichen Ernteeinbußen gerechnet werden – viele Bestände wurden bereits als GPS geerntet. Speziell in Bayern war besonders Franken betroffen. Dr. Herbert Siedler vom Landwirtschaftsamt Würzburg schätzt, dass allein in Unter- und Mittelfranken 150 000 t Futtergerste fehlen - und dass ein Teil davon mit Sommergerste ausgeglichen wird.
Was die Angebotsseite zusätzlich nach unten zieht, ist der Anbaurückgang in Bayern um rund 6500 ha auf 94 500 ha. „Das kann man schon als historisch bezeichnen, denn nur im Jahr 2010 war die Anbaufläche mit gut 90 000 Hektar noch geringer“, erklärt Dr. Markus Herz von der LfL. Deutschlandweit gesehen, liegt die Anbaufläche mit ca. 349 000 ha leicht unter dem Vorjahresniveau.
Unterdurchschnittliche Erntemenge
Kurzum: Die Erntemenge wird eher unterdurchschnittlich sein, die Anbaufläche ist zurückgegangen und es könnte vermehrt Sommergerste im Futtertrog landen – damit sinkt also das Angebot.
Wer allerdings auf positive Effekte auf die Erzeugerpreise hofft, wird enttäuscht. Warum? Zum einen liegt das daran, dass unser Inlandsbedarf ungefähr zur Hälfte durch Importe gedeckt wird, wie Rosenberger erklärte. Und mit Blick auf andere wichtige Erzeugerländer – beispielsweise Dänemark, Schweden, Frankreich oder England – zeigt sich, dass deren Anbauflächen zumindest stabil sind, teilweise haben sie 2020 auch zugelegt – besonders in Frankreich und England. Hier konnten nämlich vielerorts die Winterungen wegen zu nasser Böden nicht gesät werden.
Lager bei den Mälzereien sind noch voll
Zum anderen drückt natürlich auch Corona auf den Preis – die wochenlang stillgelegte Gastronomie, abgesagte Volksfeste und Messen. Mit der Pandemie sind viele Gelegenheiten fürs Biertrinken schlichtweg weggefallen.
Kein Wunder also, dass die Läger in den Mälzereien voll sind, wie Robert Sprinzl, Präsident des Bayerischen Mälzerbundes, erklärte. So werden auch die Restmengen aus der letzten Ernte länger ausreichen als üblich. Was damit jedem klar sein dürfte, fasste Alexander Rosenberger in Worte: „Corona hinterlässt Bremsspuren im Markt.“ Laut ihm müsse man durch Corona mit einem Minus beim Braugerstenpreis von rund 20 €/t rechnen. Und so dürfte klar sein, was sich alle Beteiligten wünschen – nämlich, dass Corona schnellstmöglich wieder einen ausgiebigen Biergenuss zulässt.
Ernteschätzung Bayern: 20 % weniger als 2019
In den Regionen Bayerns, die in den letzten Jahren verstärkt Probleme mit der Trockenheit hatten, zeigt sich auch ein deutlicher Anbaurückgang – und der ist 2020 gewaltig: Bayernweit ist die Braugerstenanbaufläche nämlich um 6500 ha auf 94500 ha gesunken.
Den größten Verlust verzeichnet Oberfranken mit über 4000 ha. Bayerns zweitbedeutendstes Braugerstengebiet, die Oberpfalz, hat über 1500 ha verloren. Die Ertragserwartung in Bayern ist laut dem LfL-Experten Dr. Markus Herz eher durchwachsen. Auf der einen Seite sieht man besonders südlich der Donau häufig zwar relativ dünne aber dennoch recht gute Bestände. Auf der anderen Seite müsse man aber auch in einigen Anbauregionen mit Ertragsverlusten und eventuell auch mit Qualitätsproblemen rechnen – gemeint hat er damit die von der Trockenheit besonders betroffenen Anbaugebiete Oberfranken, Oberpfalz und Unterfranken. „Das sind fast drei Viertel der Bayerischen Anbaufläche. Wenn es dort Probleme gibt, drückt das natürlich den Durchschnittsertrag“, bekräftigte er. Und nun zu den Zahlen – Herz gab folgende Prognose für die Bayerische Ernte 2020:
- Ertrag: Im durchaus schlechten 2019 lag der Ertrag im Schnitt bei 46 dt/ha, das fünfjährige Mittel liegt bei 51,5 dt – und für heuer schätzt Herz im Schnitt „vorsichtige 49 dt/ha“.
- Vollgerstenanteil: Weil der Juniregen auf eine gute Kornausbildung hoffen lässt, rechnet Herz mit im Schnitt 90 % – das entspricht dem fünfjährigen Mittel.
- Eiweißgehalt: Wenn die Einkörnung passt, wird sich die heurige Ernte auch hier im Schnitt im Bereich des fünfjährigen Mittels (11,5 %) befinden. Wichtig ist aber nicht nur der Durchschnitt, sondern vor allem der Anteil der Proben, der unter der Grenze von 11,5 % Eiweiß (Qualitätskriterium) liegt. 2019 lag dieser Anteil bei nur 50 %, der fünfjährige Schnitt liegt bei 67 % – und für heuer rechnet Herz mit rund 60 %.
Alles in einem schätzt Herz die bayerische Ernte auf 250 000 - 280 000 t Qualitätsbraugerste – das wären dann rund 20 % weniger als 2019. Er betont aber auch, dass das nur eine Schätzung ist und dass bei den Qualitätsparamtern „noch viel Luft drin steckt“. Dazu gab er folgendes Beispiel: Wenn der Vollgerstenanteil und der Anteil der günstigen Eiweißproben um jeweils nur ein Prozent schwanken, schwankt die Erntemenge schon um 6000 t.
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