
Überraschend ist vielleicht: Negative Strompreise hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben. Sowohl am Strommarkt als auch am Markt für Rohöl und an anderen Rohstoffmärkten. Am Strommarkt hört sich ein solches Szenario angesichts von aktuellen Strompreisen für Verbraucher von 40 bis 50 Cent je kWh utopisch an.
Doch dahinter steckt ein typischer Marktmechanismus, der sich relativ einfach erklären lässt: Negative Strompreise kommen seit 2008 an den Strombörsen immer wieder vor. Negative Strompreise treten immer dann auf, wenn die Stromerzeugung den Stromverbrauch überschreitet. Also eine absolute Stromüberschusssituation. Eine ähnliche Marktsituation gab es auch, als die Rohölpreise im April 2020 kurzfristig ins Negative stürzten.
Wer bei negativen Marktpreisen Strom einspeist, erhält also keine Erlöse. Er muss im Gegenteil für den eingespeisten Strom bezahlen. Negative Strompreise kommen in der Regel bei einer hohen Einspeisung von Strom aus Wind und Sonne und/oder einem geringen Stromverbrauch vor, wie das jetzt über die Feiertage der Fall war. Der Industrieverbrauch war sehr niedrig und auch die Gaspreise fielen auf einen neuen Tiefstand.
Die verfügbaren Speicherkapazitäten reichen jedoch nicht aus, um die großen Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage abzufangen. Verbrauch und Erzeugung im Stromnetz müssen aber im Gleichgewicht gehalten werden, sagen die Stromexperten.
Wenn das Angebot die Nachfrage aber übersteigt und das zusätzliche Angebot nicht exportiert werden kann, dann werden die Strompreise negativ.
Strompreise fallen immer weiter – Stromkunden zahlen viel mehr

In der Regel treten negative Strompreise dann auf, wenn die besonders volatilen Stromquellen (also Windenergie und Solar) witterungsbedingt besonders viel Strom einspeisen – wie das auch über den Jahreswechsel der Fall war.
Die Bundesnetzagentur meldet auf ihrer SMARD-Seite, auf der die Stromproduktion und der Verbrauch und die Großhandelspreise in Deutschland und Europa angezeigt werden, auch einen Tag später im Großhandel noch negative Strompreise: Am 01. Januar 2023 wird auf der SMARD-Seite für Deutschland nur einen Strompreis von minus 1,3 Cent je kWh gemeldet. Auch in Frankreich, Tschechien, Luxemburg und Belgien waren die Strompreise zu diesem Zeitpunkt negativ und lagen zwischen minus 1,33 und minus 0,12 Cent.
Schaut man auf die Energiequellen wird klar warum: So liefert die Windenergie aufgrund der Witterungsverhältnisse einen erheblichen Teil der eingespeisten Energie. Für den 31. Dezember zeigen die Daten der Bundenetzagentur eine Stromerzeugung aus Windenergie von 28.700 MWh. Die gesamten erneuerbaren Stromquellen lieferten nach den Daten der Bundesnetzagentur an diesem Tag 34.700 MWh und die konventionellen 13.400 MWh, darunter Gas nur 2.200 MWh.
Zwei Wochen zuvor – also am 10. Dezember - lieferte die Windenergie gerade einmal 3.500 MWh (also 12 % der Menge vom 31.12), die erneuerbaren kamen zusammen auf 9560 MWh (28 % v. 31.12) und die konventionellen Energien kamen auf 45.640 MWh (das 3,4fache vom 31.12), darunter Gas 13.440 MWh (das 6,1fache). Damals lagen die Strompreise im Großhandel bei 31,3 Cent je KWh.
Aufgrund der fallenden Spotmarktpreise zeigt aber auch der Terminmarkt für Strom eine deutliche Entspannung: So kostet der Januartermin 2023 die Stromhändler und Versorger aktuell nur noch 16,7 Cent je KWh. Der ursprünglich besonders teure Februartermin wird nur noch mit 19,8 Cent gehandelt und der März kostet die Versorge 19,0 Cent.
Also eigentlich kein Grund mehr, von den Stromkunden 45 oder 50 Cent je kWh zu verlangen, wie das für viele Verbraucher im neuen Jahr der Fall ist.
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