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Düngerpreise und Düngerkrise: Europas Bauern am schlimmsten dran

Dünger.
am Donnerstag, 27.01.2022 - 14:48 (4 Kommentare)

Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste. Dünger bleibt in Europa knapp und extrem teuer. Das hat Folgen für die Kosten der Landwirte und für die Nahrungsmittelpreise - weltweit.

Dünger.

„Europa wurde am stärksten von den Kürzungen der Düngerproduktion infolge der steigenden Kosten für das zu seinem Betrieb verwendete Erdgas getroffen. Die Preise für Mineraldünger blieben weiter auf Rekordniveau, selbst als die Harnstoffpreise in Nordamerika nachgaben“ schreiben Analysten von Bloomberg in einem Bericht.

Europa könnte im ersten Halbjahr mit einem Defizit von etwa 9 Prozent seines jährlichen Bedarfs an Stickstoffdünger konfrontiert sein, schätzen die Analysten der Investmentbank VTB Capital. Lebensmittel dürften noch teurer werden, weil die Ernten darunter leiden und die Erntepreise für Brotgetreide steigen.

Ebenfalls vorige Woche berichteten Bloomberg-Autoren: „Während Europas Landwirte sich darauf vorbereiten, nach dem Winter Düngemittel auf die Felder auszubringen, lassen ihnen die himmelhohen Nährstoffpreise keine andere Wahl, als weniger zu verbrauchen und zu versuchen, die Kosten weiterzugeben“.

„Für Erzeuger von Grundnahrungsmitteln wie Mais und Weizen ist es das erste Mal, dass sie wirklich einer echten Düngemittelkrise ausgesetzt sind, die durch Energieknappheit, Exportbeschränkungen und Handelssanktionen angeheizt wird. Es kostet jetzt viel mehr, Dünger und Agrar-Chemikalien zu kaufen, die für Winterkulturen benötigt werden, die jetzt aus der Winterruhe kommen und die zusätzlichen Kosten könnten die Frühjahrsaussaat negativ beeinflussen, die etwa ein Drittel der europäischen Getreideproduktion ausmacht," schreiben die Analysten von VTB Capital.

Ein Bericht, der im Januar von der Texas University veröffentlicht wurde, kommt zu folgender Einschätzung: „Unabhängig von den Faktoren, die den Kostenanstieg vorantreiben, sieht die Realität vor Ort so aus, dass die Produzenten mit der Aussicht auf einen enormen Kostenanstieg im Frühjahr 2022 konfrontiert sind ."

Hohe Düngerpreise und explodierende Kosten

Dünger.

Aufgrund der anhaltend hohen Erdgaspreise in Europa bleiben verschiedene Düngemittelfabriken weiter geschlossen oder die Produktion ist gedrosselt, was zu einer weiteren Verknappung des Angebots führen dürfte. Die Krise zwischen Russland und der Ukraine treibt die Preise für Erdgas und Mineraldünger zusätzlichen nach oben.

Der größte europäische Hersteller von Stickstoffdünger, Yara Fertilizers, sagte, dass die rekordhohen Erdgaspreise in Europa die Margen der Ammoniakproduktion erheblich beeinträchtigen und dass Unternehmen deshalb die Produktion in mehreren seiner Anlagen drosseln mussten.

In den USA und in Europa sind die Inputkosten für die Landwirte drastisch gestiegen und die Preise für Düngemittel in bisher nicht gekannte Höhe geschossen. Die USA sind der weltweit größte Maisproduzent und Mais ist eine sehr düngerintensive Kulturpflanze. Nicht wenige US-Maisbauern planen offenbar, in der kommenden Pflanzsaison auf andere Feldfrüchte wie Sojabohnen umzusteigen oder den Einsatz von Düngemitteln deutlich zu reduzieren, wenn die Preise weiterhin so hoch bleiben.

Das gilt auch für Europa und andere Teile der Welt. Die steigenden Düngemittelpreise dürften sich vor allem auf Brasiliens zweite Maisernte auswirken, die ab diesem Monat angebaut wird. Ein Ende der sehr hohen Düngemittelpreise ist nicht zu erkennen, sagen die Ökonomen des American Farm Bureau während ihrer Jahrestagung am 8. Januar.

"Es ist keine Überraschung, dass unter den Agrarproduzenten so viel Angst herrscht, denn sie versuchen herauszufinden, wie sie diese steigenden Kosten bezahlen können", sagt auch Bart Fischer, Co-Direktor des The Agricultural & Food Policy Center, der Texas A&M University. Jim Wiesemeyer, Korrespondent von ProFarmer sagte dazu: „Angesichts der Tatsache, dass das landwirtschaftliche Sicherheitsnetz nicht darauf ausgelegt ist, so schnell steigende Produktionskosten zu bewältigen, gibt es auf dem Land wachsende Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit zusätzlicher Unterstützung“.

Lebensmittelpreise steigen ebenfalls dramatisch - mit den Kosten

Dünger ausbringen.

Und die Düngerpreise treiben die Produktionskosten nach oben, obwohl die Nahrungsmittelinflation weltweit bereits ein Mehrjahreshoch erreicht hat. Die hohen Preise für Düngemittel werden sich bald auch in den Kosten der produzierten Lebensmittel widerspiegeln. „Hohe Erdgaspreise, die bis Anfang 2022 anhalten, werden zu höheren Lebensmittelkosten führen und einen Inflationstrend verstärken, der bereits durch Unterbrechungen der Lieferkette, Arbeitskräftemangel und eine erhöhte Nachfrage aus dem Biokraftstoffsektor angetrieben wird“, heißt es in einem Bericht des britischen Informationsdienstes IHS Markit.

Im Jahr 2021 lag der Lebensmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen im Durchschnitt bei 125,7 Punkten, was dem höchsten Wert der letzten 10 Jahre entspricht. Neben steigenden Preisen gibt es anhaltende Sorgen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Düngemitteln, was sich wahrscheinlich auf die Aussaat auswirken wird. Wenn Landwirte aufgrund des knappen Angebots den Einsatz von Düngemitteln einschränken müssen, wird dies letztendlich zu Druck auf Ertrag und Produktion führen.

Die derzeitige Entwicklung deutet ziemlich eindeutig darauf hin, dass die Landwirte nicht bereit sind, „normale“ Mengen zum aktuellen Preisniveau für Düngemittel zu kaufen, so der Kommentar von IHS. "Das letzte Mal als die Kalipreise für einen längeren Zeitraum (das war 2009) auf solch hohem Niveau waren, hat sich die globale Jahresnachfrage fast halbiert", heißt es weiter. Und wenn die Erdgaspreise auf dem derzeitigen Niveau gehalten werden oder höher steigen, müssen die Agrarpreise weiter sehr hoch bleiben, um die benötigten Hektar zu bestellen, und dies wird wiederum zu höheren Lebensmittelpreisen führen, glauben die Analysten.

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