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Düngerkrise und Düngerpreise

Düngerpreise: Preisexplosion geht weiter – Schwere Krise für Bauern

Mineralduenger.
am Mittwoch, 29.12.2021 - 13:37 (4 Kommentare)

Die Preise für Dünger steigen und steigen. Weltweit. Die Bauern müssen überlegen, wie sie reagieren. Das hat Folgen für die Ernte.

Kalkammonsalpeter

Aus vielen Teilen der Welt wird Ende Dezember über einen weiteren Preisanstieg bei Stickstoffdünger, aber auch bei Phosphor und Kali berichtet. Gleichzeitig behindern massive Ausfuhrbeschränkungen bei den großen Exporteuren Russland, China und Ägypten die Importe nach Westeuropa, in die USA und nach Indien.

Viele Landwirte sind für die nächste Saison nicht ausreichend mit Dünger eingedeckt, wie eine Umfrage des französischen Agrarportals Terre-net zeigt. Danach haben lediglich 37,5 % aller landwirte ihre Stickstoffdünger für die nächste Saison bereits im Lager. Fast 20 Prozent der Bauern haben noch gar nicht gekauft und warten ab, wie sich die Preise weiter entwickeln. Das scheint angesichts des anhaltenden Düngerknappheit nicht gerade die beste Strategie zu sein.

Doch nicht nur die hohen Preise sind ein Grund für die Kaufzurückhaltung viele Landwirte: hinzu kommen die auf vielen Ebenen explodierenden Kosten und der sich daraus ergebende Mangel an flüssigem Mitteln (Cash flow) und – die offenbar massiven logistischen Probleme. Das betrifft nicht nur die Lieferungen aus dem Ausland sondern auch die Logistik in Europa – von den Häfen in die Handelsläger und zu den Landwirten.

Céline Duroc, General Manager der französischen Logistikorganisation AGPM, weist auf die massiven Probleme an logistischer Flexibilität bei Düngemitteln hin: „Wir haben Probleme, dass wir die Lieferungen organisieren können. Wenn der Rohstoff zwar verfügbar ist, aber nicht dort, wo er verwendet werden soll ... dann herrscht Mangel. Wir brauchen Fahrer und Lastwagen, die die ganze Zeit, just in time, fahren.

Logistik gestört – weniger Exporte – weniger Angebot

Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung

Doch Fakt ist: auch intentionale Handel ist massiv gestört. Dafür sind neben den Logistikproblemen auch die anhaltend hohen Erdgaspreise verantwortlich, die zuletzt zumindest in Europa wieder kräftig zulegten und Mitte Dezember an wichtigsten niederländischen Handelsplatz neue Höchststände erreichten.

Aber nicht nur in Europa beeinflussen Gaspreise und Logistik die Kosten und die Angebotsmengen bei Stickstoffdünger. So koste beispielsweise in der Ukraine produzierter Harnstoff derzeit 866 US-Dollar/t (fob). Davon sind 800 USDA allein auf die Rohstoffkosten zurückzuführen haben Analysten ausgerechnet. „Bei so hohen Produktionskosten ist die Herstellung von Harnstoff nicht mehr wirtschaftlich“, erklärt der Analyst Mike Nash auf einer Veranstaltung des französischen Marktanalysten Argus.

Die Folge: Eine Reduzierung der Produktion und damit der Verfügbarkeit: „Die Hälfte des ukrainischen Angebots wurde gekürzt, und die Lieferungen nach Westeuropa wurden ab September und Oktober stark reduziert“. Die europäische Abhängigkeit von Harnstoff aus Ägypten, einem wichtigen Lieferanten für den Weltmarkt, nahm damit weiter zu.

Die Nachfrage explodierte und trieb die ägyptischen Harnstoffpreise in die Höhe: Sie lagen im Dezember vor einem Jahr bei etwa 200 USD  je Tonne und stiegen bis November 2021 auf über 900 USD je Tonne.  

China liefert kaum Stickstoff – Indien ist in Not

Diammoniumphosphate (DAP)

Eine weitere Ursache für den Rückgang des internationalen Harnstoffangebots sind die Exportbeschränkungen des weltgrößten Lieferanten China: Aus dem Reich der Mitte kamen im Jahr 2020 5,5 Mio. t Harnstoff oder 10 % des Welthandels. Chinas Behörden beschlossen, die Ausfuhren einzuschränken, um die Versorgung des chinesischen Marktes sicherzustellen und den Anstieg der Inlandspreise zu begrenzen.

„Die Zollkontrollen wurden ab Mitte Oktober intensiviert und verzögerten oder unterbrachen die Lieferungen“, und die Düngemittellieferungen aus den nordchinesischen Häfen Qingdao, Tianjin, Qinhuangdao und Huanghua wurden gestoppt. Besonders problematisch ist der Rückgang des chinesischen Angebots für den indischen Markt, den "weltgrößten Importeur von Harnstoff", auf den 54 % der Harnstoff-Bestellungen aus China entfallen.

Der indische Bedarf wird auf 5 Millionen Harnstoff im letzten Quartal 2021 geschätzt. Dann benötigen die Inder den Stickstoff für die nach dem Monsun gesäte und im Frühjahr erwartete Ernte von Weizen, Gerste, Senf, Sesam und Erbsen. Doch nur 730.000 Tonnen konnten während einer Ausschreibung vom 1. Oktober bis 17. November gekauft werden. Die Lücke ist also riesig.

Russland begrenzt Exporte – Rekordpreise auch in den USA

kalipreise.

Mit einem Dominoeffekt reagierte Russland auf das begrenzte weltweite Angebot, indem es den Export von Düngemitteln ebenfalls einschränkte, um die Verfügbarkeit am Heimatmarkt aufrechtzuerhalten. Anfang November verhängte die Regierung eine Obergrenze bei Düngerexporten von 5,9 Mio. t bis zum 31. Mai. Das bedeutet, dass es ein noch knapperes Angebot auf dem Weltmarkt geben wird.

Außerdem haben all diese Maßnahmen auch einen psychologischen Einfluss auf die Märkte. Das gleiche Szenario gab es in Ägypten, dass die Kontrollen der Harnstoffexporte ebenfalls verschärfte. Die Hersteller müssen jetzt 55 % ihrer Produktion für den Inlandsmarkt reservieren und dem Landwirtschaftsministerium ihre Exportpläne mitteilen.

Dies „lässt nur ein sehr kleines Fenster für zusätzliche Exporte“, sagte Mike Nash.  Das zeigt sich auch in den USA, wo die Preise zuletzt immer weiter steigen. Laut einer vom Agraronline-Dienst DTN durchgeführten Befragung von Dünger-Händlern stiegen die Düngerpreise in der zweiten Dezemberwoche 2021 weiter an. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass sich der Anstieg etwas verlangsamen könnte. Nur drei der acht wichtigsten Düngemittel zeigten noch eine sehr starke Aufwärtsbewegung; von mehr als 5 %.

Der in den USA meistverwendete flüssige Stickstoffdünger Anhydrous verteuerte sich um 16 % gegenüber dem Vormonat. Der Durchschnittspreis des Stickstoffdüngers lag bei 1.420 USD/Tonne und liegt damit auf seinem Allzeithoch. Der Flüssigdünger Ammonium Phosphate 10-34-0 war im Vergleich zum Vormonat 7 % teurer. Der Durchschnittspreis des Starterdüngers lag bei 790 USD/Tonne. Harnstoff war im Vergleich zum Vormonat 5 % teurer. Der Stickstoffdünger hatte einen Durchschnittspreis von 901 USD/Tonne, was ebenfalls ein Allzeithoch war.

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