
Nachdem die Preise für Stickstoffdünger bereits zum Beginn der Woche um 200 bis 300 Euro nach oben geschossen waren, hat sich der Preisanstieg in den letzten Tagen noch einmal beschleunigt. Kalkammonsalpter (KAS), der wichtigste Stickstoffdünger der deutschen Bauern, verteuerte sich in dieser Woche um 364 Euro auf unglaubliche 963 Euro je Tonne. Vor wenigen Tagen lagen die bis dahin erreichten absoluten Höchstpreise noch bei rund 600 Euro je Tonne.
Die Preise von Harnstoff sind in dieser Woche an den deutschen Importhäfen sogar um fast 500 Euro auf 1.235 Euro je Tonne nach oben geschossen. Auch für alle anderen Stickstoffdünger steigen die Preise steil an. So kostet der wichtigste Flüssigdünger Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL) jetzt 890 Euro je Tonne – das sind 400 Euro! je Tonne mehr als vor einer Woche.
Doch auch für Phosphordünger und Kali verlangen die Düngerhändler deutlich mehr Geld. Der wichtigste Phosphordünger (DAP) kostet derzeit 930 Euro je Tonne und damit rund 130 Euro mehr als vor einer Woche. Auch bei Phosphor gehört Russland zu den wichtigen Exporteuren.
Bei Kalidünger – der in Deutschland nicht wirklich knapp ist, denn einer der größten Produzenten sitzt mit Kali & Salz (K+S) in Deutschland – steigen die Preise diese Woche um 50 Euro auf 465 Euro je Tonne. Allerdings steigen die Weltmarktpreise bei Kali ebenfalls kräftig, denn Russland und Weissrussland sind nach Kanada die weltweit größten Produzenten und Exporteure von Kalisalz - die jetzt zumindest für den Westen ausfallen.
Zu wenig Dünger – schlechte Erträge – schwache Qualität

Das sind alles Düngerpreise, die eigentlich keinem Landwirt mehr eine kostendeckende Produktion erlauben. Es sei denn, die bereits hohen Getreidepreise, steigen weiter deutlich an. Das Problem ist jedoch: Auch wenn die Bauern bereit wären, die hohen Düngerpreise zu zahlen, ist nicht ausreichend Ware am Markt. Denn Russland als weltweit größer Lieferant von Stickstoffdünger fällt komplett aus.
Gleichzeitig sind die Lieferketten durch den Ukraine-krieg massiv gestört. Hinzu kommt, das große europäische Hersteller, wie Yara oder Borealis wegen der hohen Gaspreise die Düngerproduktion drosseln: Das ist der perfekte Sturm würden Analysten sagen. Die Folgen der Mangelversorgung mit Dünger sind jedoch fatal. Sowohl Erträge als auch Qualität der neuen Ernte dürfte durch diese Entwicklung massiv negativ beeinflusst werden.
Die Auswirkungen lassen sich an einem einfachen Beispiel aufzeigen: So dürfen Biobauern im Ackerbau keinen Mineraldünger oder chemischen Pflanzschutz einsetzen. Die Folge: Die durchschnittlichen Getreideerträge sind nur etwa halb so hoch wie im konventionellen Anbau. Ganz so schlimm wird es sicher nicht kommen. Aber ein deutlicher Rückgang des Düngereinsatzes und der Erträge und wohl auch der Qualität (Eiweißgehalt) ist bei diesen Preisen alles andere als unwahrscheinlich.
Dann steigen jedoch auch die Lebensmittelpreise weiter und die globale Ernährungskrise wird sich weiter verschärfen.
Mehrkosten von 400 Euro he Hektar und mehr

Jean-Pierre Van Puymbrouck, Vizepräsident der Kommission „Pflanzenproduktion“ des belgischen Landwirtschaftsverbandes FWA (Fédération Wallonne de l'Agriculture), erklärt auf dem Onlineportal von FWA die konkreten Folgen der Preisexplosion für seinen Betrieb. Er sagt: Auf unseren Ackerbaubetrieben ist die Fruchtfolge ebenso wichtig wie die Düngung.
Für die meisten landwirtschaftliche Betriebe wie den von Puymbrouck, ist es enorm wichtig, Zugang zu mineralischen Düngemitteln zu haben, da er sich in einem Gebiet befindet, in dem die Verfügbarkeit von organischen Düngemitteln gering ist. Das die Preisexplosion große Auswirkungen hat, versteht sich von selbst, sagt Puymbrouck. Phosphor zum Beispiel hat sich im Preis verdoppelt, und selbst wenn wir bei kleineren Mengen sind, haben wir sofort einen Zuwachs von 40 bis 60 Euro pro Hektar.
Bei Kali haben wir eine Preiserhöhung von über 50 %, bei Mehrkosten von 100 bis 130 Euro. Bei Stickstoff hat sich der Preis verdreifacht. Puymbrouck schätze den Kosten-Zuwachs pro Hektar hier auf rund 200 Euro.
Überträgt man diesen Kostenzuwachs auf die produzierte Tonne Getreide, kann man mit Produktionsmehrkosten von mindestens 30 Euro pro Tonne rechnen, sagt der belgische Ackerbauer. Puymbrouck sagt auch: „Zwar können wir von einem Boom auf dem Getreidemarkt sprechen, aber wenn wir die höheren Getreidepreise den steigenden Inputkosten gegenüberstellen, müssen wir den positiven Beitrag für unseren Cashflow sehr schnell relativieren.“
Die Bruttomarge der Ackerbauern wird also bestenfalls identisch mit den Vorjahren sein, ist der Belgier überzeugt.
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