
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine steigen die Preise für Erdgas und viele andere Rohstoffe auf dem europäischen Markt in dieser Woche auf ein noch nie dagewesenes Niveau. Die Ölpreise sprangen am Mittwoch ebenfalls auf 8-Jahres-Höchststände. Brent-Rohöl kletterte auf über 113 USD je Barrel auf den höchsten Stand seit Juni 2014, ein Zuwachs von mehr als 40 % in diesem Jahr bisher.
Obwohl Rohöl derzeit noch nicht den Sanktionen unterliegt, sind die Händler extrem nervös, wenn es darum geht, russisches Rohöl zu kaufen, zu lagern, oder weiterzuverkaufen. Auch die europäischen Gaspreise sind weiter in die Höhe geschossen. Man befürchtet offenbar, dass die EU-Sanktionen gegen Russland bald auch auf die Gaslieferungen ausgeweitet werden.
Der niederländische Benchmark-Gaskontrakt für den Frontmonat am TTF-Hub stieg von Montag bis Freitag um 85 Euro auf 187 Euro je MWh und übertraf damit auch das bisherige Allzeithoch von 185 Euro vom letzten Dezember. Der deutsche Spotmarktpreis Trading Hub Europe (THE) kletterte in vier Tagen ebenfalls um 85 Euro nach oben. Der extreme Anstieg der Gaspreise dürfte nicht nur die Kosten für private und industriele Verbraucher weit nach oben katapultieren.
Auch die Kosten für die Herstellung von Mineraldünger werden erneut nach oben getrieben. Zum letzten Preishoch im Dezember hatten viele Düngerhersteller die Produktion wegen der hohen Gaspreise massiv gedrosselt – was die Krise am Düngermarkt weiter verschärft hat. Nun kommt der Ausfall Russlands als einer der weltweit größten Düngerexporteure noch hinzu.
„Die Invasion in der Ukraine hat die Märkte auf den Kopf gestellt, Lieferketten funktionieren nicht mehr, was bedeutet, dass wir überall Verwerfungen haben“, sagte Ole Hansen, Leiter der Rohstoffstrategie bei der Saxo Bank gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Europäische Gastanks sind schlecht gefüllt

Die 27 Länder der europäischen Union beziehen etwa 40 % der von ihr verbrauchten Gasmenge aus Russland, zeigen die Daten der EU-Kommission. Die russischen Lieferungen sind trotz der Invasion relativ stabil geblieben. Laut den Daten von Gas Infrastructure Europe sind die EU-Gasspeicher derzeit zu 29 % gefüllt. Das sind trotz des milden Winters rund 8 Prozentpunkte weniger im letzten Jahr.
Die Kommission glaubt jedoch, die EU könne diesen Winter mit einer teilweisen Unterbrechung der russischen Gasversorgung fertig werden, und verwies auf die Speicher- und Notfallpläne der Länder für Versorgungsengpässe, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezugnahme auf ein Positionspaper der Kommission.
Der EU-Gasspeicher sollte bis zum 30. September dieses Jahres zu mindestens 80 % gefüllt sein, um befürchtete Versorgungsschocks im nächsten Winter abzufedern, heißt es in dem Entwurf. Die Kommission will Maßnahmen koordinieren, um dies zu gewährleisten. Länder können Speichernutzer dann verpflichten, ein Mindestvolumen zu füllen, oder sie können Fernleitungsnetzbetreiber mit dem Kauf strategischer Gasvorräte beauftragen.
Es wird auch darüber nachgedacht, eine gesetzliche Verpflichtung für EU-Länder vorzuschlagen, die Gasspeicher jedes Jahr bis zum 30. September auf ein Mindestmaß zu füllen, heißt es in dem Kommissions-Papier.
Klimaschutz und Energiekrise – Hilfe für Verbraucher

Die Länder der EU verhandeln derzeit auch über eine Reihe neuer Klimaschutzmaßnahmen, darunter Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien und eine schnellere Senkung des Energieverbrauchs im nächsten Jahrzehnt. Die Vorschläge würden die Abhängigkeit der EU von Gas bis 2030 um 23 % verringern, heißt es in dem Entwurf, und die Kommission fordert die EU-Länder und das Europäische Parlament auf, die Vorschläge möglichst schnell zu billigen.
Befürchtungen über Unterbrechungen der russischen Gas-Lieferungen haben die EU dazu veranlasst, alternative Lieferungen aus Ländern wie den Vereinigten Staaten, Katar und auch Japan zu suchen. Europas Importe von verflüssigtem Erdgas (LNG) erreichten im Januar deshalb ein Rekordhoch von rund 11 Mrd. Kubikmeter.
Die Kommission will die Mitgliedsländer auch auffordern, dass sie die Gewinne, die Energieunternehmen aus den jüngsten Gaspreisspitzen erzielt haben, besteuern und diese Einnahmen in erneuerbare Energien investieren oder Verbraucher und Industrien unterstützen können, die von den hohen Strompreisen betroffen sind.
Die Regierungen in den meisten der 27 Mitgliedsländer der EU setzen bereits Sofortmaßnahmen wie Steuererleichterungen und Subventionen ein, um vor allem die privaten Haushalte vor höheren Energierechnungen zu schützen, die in den letzten Monaten angesichts steigender Gas- und Strompreise sprunghaft angestiegen sind.
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