
Weltweit sind die bereits sehr hohen Düngerpreise auf neue Höchststände geklettert. Für viele Landwirte stellt sich die Frage, wie und ob sie überhaupt Dünger kaufen sollen. Denn die hohen Kosten rechnen sich im besten Fall, wenn die Getreidepreise ebenfalls so hoch bleiben. Und diese Frage stellen sich nicht nur die Landwirte in Europa.
Die Bloomberg-Analystin Elizabeth Elkin berichtet aus den USA: „Die Preise für Düngemittel steigen erneut auf Rekordniveau, da die Invasion Russlands in der Ukraine einen massiven Teil der weltweiten Düngemittelversorgung gefährdet und die Besorgnis über die steigende globale Nahrungsmittelinflation verstärkt.“
Der nordamerikanische Düngemittelpreisindex von Green Markets stieg am Freitag um fast 10 Prozent auf ein neues Allzeithoch, weil der Markt befürchtet, dass potenzielle Sanktionen gegen Russland, einen großen Billiglieferanten aller wichtigen Arten von Pflanzennährstoffen, den Welthandel massiv stören könnten. Nach den Recherchen von Bloombergs Analystenhaus Green Markets waren die Russen für fast ein Fünftel der globalen Düngemittelexporte im Jahr 2021 verantwortlich.
Hinzu kommt, dass Russland die heimischen Düngemittelhersteller aufgefordert hat, die Exporte zu reduzieren, was die Angst vor Engpässen weiter schürt. Der Krieg treibt auch die Kosten für Erdgas in die Höhe, dem Hauptkostenfaktor für die meisten Stickstoffdünger, und hat einige Produzenten in Europa (Yara, Borealis) dazu gebracht, ihre Produktion erneut zu drosseln.
Mangel wird den Markt bestimmen

Für Landwirte und auch Agrarhändler ist das eine beispiellose Situation. Mit aktuell 963 Euro pro Tonne ist Kalkammonsalpeter (KAS), der wichtigste Stickstoffdünger der deutschen Bauern, schon fast zum Luxusprodukt geworden. Der Preis hat sich innerhalb weniger Monate vervierfacht. Dieser Preis ist daher für Landwirte, die mit weiteren Preiserhöhungen bei Energie und Treibstoff konfrontiert sind, kaum noch zu stemmen.
Einer der Gründe, die den Anstieg der Düngemittelpreise erklären, ist der buchstäblich explodierte Gaspreis. Denn Gas macht fast 80 % der Produktionskosten von Stickstoffdüngemitteln aus, sagt etwa Kevin Deronne, Produktmanager für Getreide bei der Arvesto-Gruppe, gegenüber der französischsprachigen (belgischen) Rundfunkanstalt RTBF. „Man muss wissen, dass Stickstoffdünger, der in der Landwirtschaft benötigt wird, aus Ammoniak hergestellt wird. Diese chemische Substanz wird selbst aus Erdgas synthetisiert, dessen Preis bereits stark gestiegen war und durch die Invasion der Ukraine durch Russland geradezu explodiert".
Das Resultat: Der Preis für Düngemittel bricht Rekord um Rekord. Und die Befürchtung ist, dennoch mit einem Mangel konfrontiert zu werden. Man muss wissen, dass Europa nicht nur bei der Lieferung von Erdgas, sondern auch bei der von Ammoniak stark von Russland abhängig ist, sodass Lieferunterbrechungen befürchtet werden müssen. Die in Europa verfügbaren Lagerbestände können die Nachfrage vielleicht kurzfristig decken, sagt der Manager, aber es ist völlig unsicher, ob dies mittelfristig der Fall sein wird.
„Wenn wir außerdem den Phosphor- und Kalimarkt nehmen, sind wir extrem abhängig von Produkten, die direkt aus Russland und Weißrussland kommen, und für die wir eindeutig mit dem Risiko einer Lieferunterbrechung konfrontiert sind. Das Problem ist, dass es keine wirkliche Alternative gibt", sagt Kévin Deronne. Die Folge: Die Preise steigen immer weiter.
Landwirte stehen vor schwierigen Entscheidungen

Die aktuelle Situation hat starke Auswirkungen auf Landwirte und insbesondere auf diejenigen, die keine Düngemittelvorräte haben. Sie stehen vor einer schwierigen Wahl: Bei den aktuellen Preisen viel Geld investieren, ohne die Garantie zu haben, sich finanziell zurechtzufinden, wenn die Verkaufspreise der neuen Ernten ab Juli nicht hoch genug sind, oder auf Ertrag verzichten. Denn es ist nicht sicher, dass die Preise für Getreide, die sich aktuell auf dem höchsten Stand seit 2008 befinden, in ein paar Monaten noch auf diesem Niveau sein werden.
Abhängig von ihrem Cashflow müssen einige Landwirte möglicherweise den Einsatz von Mineraldünger (deutlich) reduzieren, wie Coraline Melckenbeeck, Mitarbeiterin bei einem belgischen Beratungsunternehmen für Landwirte, gegenüber RTBF bestätigt. „Fakt ist nämlich, dass Stickstoff für Pflanzen sowohl in Bezug auf ihre Entwicklung als auch auf ihren Ertrag unerlässlich ist. Ohne diesen Beitrag oder durch eine Reduzierung der ausgebrachten Düngerdosis besteht die Gefahr einer schlechten Ernte oder geringerer Erträge.
Und wenn die Verkaufspreise nicht auf dem aktuellen Stand bleiben, dann werden die Finanzen eindeutig negativ sein. Das Problem ist, dass wir dieses Jahr keine klare Vorstellung davon haben, wie sich die Situation entwickeln wird".
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